Cannabis-Klage gegen Bundesrepublik
Weinstadt. Es geht um ein Millionengeschäft: Die Lexamed GmbH, deren Geschäftsführer der Weinstädter Anwalt Oskar Sarak ist, will mit der Produktion von Medizinal-Hanf Geld verdienen – und zwar im Auftrag der Bundesrepublik. Doch die Firma wurde Ende Juni aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen. Zu Unrecht, findet Sarak – und klagt nun vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.
„Nicht offensichtlich aussichtslos“: So bewertet der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf die sofortige Beschwerde der Lexamed GmbH im Rechtsstreit mit der Bundesrepublik. Das Fax ist vom 6. September, den Beschluss haben einen Tag zuvor der Vorsitzende Richter Heinz-Peter Dicks sowie seine Richterkollegen Christine Maimann und Thorsten Anger gefasst. Am 20. Dezember findet nun die mündliche Anhörung statt – und das bedeutet für den Staat einen kleinen Rückschlag: So lange ruht nämlich das aktuelle Vergabeverfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), an dem sich ursprünglich immerhin 118 Firmen beteiligt hatten. So wertet der Weinstädter Anwalt Oskar Sarak, der die Lexamed GmbH vor Gericht vertritt, die Entscheidung des Oberlandesgerichts schon mal als Erfolg.
Es geht um einen Millionenauftrag
Nun hofft der 38-Jährige, der als Geschäftsführer der Lexamed GmbH auch ein persönliches Interesse an dem Fall hat, dass die Richter seiner Sichtweise folgen – und den Ausschluss der Firma aus dem Vergabeverfahren des Bundes aufheben. Immerhin geht es um einen Millionenauftrag – und einen großen Kreis potenzieller Kunden von Medizinal-Hanf. „Wir sprechen von 0,5 Prozent der Bevölkerung.“
Europaweite Ausschreibung erst mal gestoppt
Mit einem im März in Kraft getretenen Gesetz hat es der Bund nämlich Ärzten erlaubt, künftig auch Medizinal-Cannabisblüten oder Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität zu verschreiben. Zugleich wurde eine beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelte Cannabisagentur eingerichtet, die in Deutschland den Anbau zu medizinischen Zwecken steuern und kontrollieren soll, wie es auf der Internetseite des Instituts heißt. Fachleute rechnen damit, dass die erste Ernte 2019 eingefahren werden kann – sofern sich nicht weitere Verzögerungen ergeben. Denn die im April gestartete europaweite Ausschreibung (Sarak: „gefühlte 150 Seiten“) ist vorerst gestoppt worden – und zwar wegen der sofortigen Beschwerde der Firma Lexamed.
Deutsche Firmen bei den Vergabekriterien benachteiligt
Ihrem Anwalt Oskar Sarak geht es neben dem Geschäft auch ums Prinzip. Er findet, dass die Vergabekriterien des Bundes deutsche Firmen benachteiligen – und hierbei insbesondere kleine Unternehmen. Lexamed ist solch ein Start-up, also eine Firma, die im April 2017 in Karlsruhe gegründet wurde, um in dem neuen Millionengeschäft Medizinal-Hanf mitzumischen. Dass sie da natürlich nicht auf Erfahrung in der Herstellung von Arzneimitteln verweisen kann, ist klar. Genau das, sagt Sarak, sei jedoch vom Bund im Kriterienkatalog bewertet worden.
Vorteil für große Pharmaunternehmen
Dazu kommt: Wenn eine Firma nachweisen könne, dass sie bereits Arzneimittel hergestellt habe, habe sie im Verfahren mehr Punkte erhalten als ein Unternehmen, das nur Erfahrung im Anbau von Arzneipflanzen hat. Oskar Sarak kommt das so vor, als ob hier große Pharmaunternehmen allein durch die Auswahlkriterien bevorteilt werden. Zudem fragt er sich, warum auch die Erfahrung im Anbau von Medizinal-Hanf bewertet wurde, wenn es in Deutschland, anders als zum Beispiel in Kanada oder Holland, bislang gar nicht möglich war, diesen legal anzubauen. Hier sieht Sarak eine klare Benachteiligung deutscher Firmen.
Die Lexamed GmbH hat laut Oskar Sarak zwei Gesellschafter, einer davon ist er selbst. Insgesamt steckt nach seinen Angaben ein achtköpfiges Team hinter der Firma, das Kapital soll dabei unter anderem von einer Gesellschaft aus Lichtenstein kommen – bei einer Auftragserteilung durch den Bund sind schließlich Investitionen fällig. „Da braucht man Millionen Euro für den Fall des Zuschlags.“ Mit im Boot ist nach Saraks Angaben auch der israelische Geschäftsmann Moshe Ihea, Chef von Cannabliss. Das Unternehmen ist 2010 gegründet worden und stellt medizinische Cannabis-Produkte her, dabei blickt es nach eigenen Angaben auf fünf Jahre Erfahrung in der Produktion zurück.
Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf
Als Lexamed im Juni aus dem Vergabeverfahren des Bundes ausgeschlossen wurde, ging Oskar Sarak noch nicht zum Oberlandesgericht Düsseldorf, sondern stellte zunächst einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes. „Das ist die erste Instanz.“ Dort gab es nach seinen Angaben im August eine Anhörung, bei der neben einer Großkanzlei auch die zuständigen Fachleute des Bundes vertreten waren. „Das war sehr angenehm“, erinnert sich der Weinstädter Anwalt. In der Sache aber wurde sein Antrag, die Lexamed GmbH doch im Vergabeverfahren zu lassen, zurückgewiesen. Begründung: Die geschäftliche Verbindung zwischen Lexamed und dem israelischen Unternehmer Moshe Ihea sei nicht verpflichtend genug, also zu vage und locker für den möglichen Ernstfall. „Wir waren der Meinung, dass es ausreichend war“, sagt Oskar Sarak. Weil aber die Vergabekammer hart blieb, reichte Sarak im August schließlich eine sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein.
Anwaltskanzlei der Bundesrepublik will keine Stellungnahme abgeben
Nun ruhen die Hoffnungen auf dem 20. Dezember. Oskar Sarak rechnet bei der mündlichen Anhörung mit einer Dauer von zwei bis drei Stunden – und einer schnellen Entscheidung im Lauf von einer bis maximal drei Wochen. Unsere Zeitung hat auch die Kanzlei Redeker Sellner Dahs, die die Bundesrepublik vertritt, um eine Stellungnahme gebeten. „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir zum derzeit noch laufenden Ausschreibungsverfahren aus vergaberechtlichen Gründen keine weitergehenden Angaben machen können“, teilt Sprecherin Christiane Legler auf Nachfrage mit.
Sarak geht davon aus, dass der Bedarf größer ist als angenommen
Egal ob Lexamed nun in dem aktuellen Vergabeverfahren des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Chance erhält oder nicht: Für Oskar Sarak ist das Geschäft mit Medizinal-Hanf damit nicht vorbei. Er geht davon aus, dass der tatsächliche Bedarf des Bundes viel größer sein wird – mit der Folge, dass eine neue öffentliche Ausschreibung nötig wird. Dann will er sich mit der Lexamed GmbH erneut bewerben – und rechnet sich gute Chancen aus. „Dann sind wir einfach auch besser vorbereitet.“
In der FDP aktiv
Dr. Oskar Sarak (38) ist in Ludwigsburg geboren und in Kornwestheim aufgewachsen. Er hat in Tübingen Jura studiert und arbeitet seit rund acht Jahren als Rechtsanwalt. 2012 promovierte er an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen im Bereich Zivilrecht. Er arbeitete bei drei verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien, ehe er Anfang 2017 sein eigenes Büro in der Strümpfelbacher Straße 1 in Endersbach eröffnete.
In seiner Freizeit kickt Oskar Sarak einmal in der Woche mit anderen Hobbyfußballern in Ludwigsburg. Er ist zudem Mitglied in einem Boxverein. „Tennis spiele ich auch bei Gelegenheit.“
Auch politisch engagiert sich Oskar Sarak. Er ist stellvertretender Ortsvorsitzender des FDP-Ortsverbands Winnenden und Berglen sowie Beisitzer im Kreisverband Rems-Murr. Zudem bringt sich der Jurist im Landesvorstand der Initiative „Liberaler Mittelstand“ (Lim) als Beisitzer ein. Diese sieht sich als Interessenvertretung für Handwerker, Selbstständige, Freiberufler und leitende Angestellte.
Im Mai 2014 wurde Oskar Sarak zudem Mitglied der Enquetekommission „Konsequenzen aus der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)/Entwicklung des Rechtsextremismus in Baden-Württemberg – Handlungsempfehlungen für den Landtag und die Zivilgesellschaft“. Sie tagt allerdings seit November 2014 nicht mehr, da der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags nach Saraks Einschätzung die Arbeit der Kommission obsolet gemacht hat. Formal aufgelöst ist sie indes nicht. Sarak mischte in der Kommission mit, da er bis 2014 beruflich viele Fälle im Strafrecht übernahm. Seither allerdings vertritt er vor allem Mandanten in zivilrechtlichen Angelegenheiten.