Ein Fahrzeugbrand nach dem andern
Waiblingen. Bei voller Fahrt raucht’s plötzlich aus dem Motorraum. Es stinkt verkokelt. Jetzt ganz schnell anhalten, alle aussteigen, Unfallstelle absichern, Notruf absetzen. Mit einem Erlebnis dieser Art hatten es Autofahrer in jüngster Zeit vergleichsweise häufig zu tun. Das liegt nicht daran, dass in modernen Autos viel mehr Technik steckt, heißt es bei der Kraftfahrzeuginnung.
Ein Kurzschluss im Fahrzeug kann zu Schmorschäden führen, und „aus dem Schmorbrand kann sich Schlimmeres entwickeln, wenn beispielsweise defekte Benzinleitungen dazukommen“, erklärt Reiner Äckerle, Kreisvorsitzender der Kraftfahrzeuginnung Rems-Murr.
Bastler sollten nicht an einem Auto herumfuhrwerken
Die Innung nimmt keine Häufung von Brandschäden an Autos in letzter Zeit wahr. „Allerdings hat das wohl vor allem damit zu tun, dass die Autos in der Regel Totalschäden sind, das heißt, ausgebrannte Autos können nicht repariert werden.“
Bastler sollten nicht an einem Auto herumfuhrwerken, warnt Äckerle: „Unsachgemäße Arbeiten am Fahrzeug“ nennt er als eine mögliche Ursache von Bränden, ferner gealterte Autoteile oder „mangelhafte Wartung“. Sind Isolationen an Kabeln und Steckern defekt oder gar nicht vorhanden, kann das böse Folgen haben.
Marderschäden nennt der Geschäftsführer eines Korber Autohauses ebenfalls als Risikofaktor. Sollten Benzin, Diesel oder Öl direkt auf heiße Flächen des Motors treffen, kann auch daraus ein Brand entstehen. Auch in diesen Fällen „können unsachgemäße Arbeiten oder Alterung des Materials der Auslöser sein“, so Reiner Äckerle.
Nur in Kinofilmen explodieren Autos am laufenden Band
Gefühlt brennen Autos heute viel öfter als früher – aber nachgewiesen ist das nicht. Laut Äckerle steigt die Brandgefahr jedenfalls nicht dadurch, dass in modernen Autos mehr Technik steckt und mehr Stromverbraucher verbaut sind. Vielmehr verfügen neuere Fahrzeuge verschiedener Hersteller über Feuerschutzsysteme, „die bei einem Unfall automatisch die Treibstoffzufuhr unterbrechen“.
Das klingt beruhigend. Dann explodiert das Auto also nicht; in Kinofilmen passiert das ja laufend. Aber nur dort. „Das sind Special Effects. In der Realität gibt es das nicht“, hatte Jürgen Bruckner von der Stabsstelle Brand- und Katastrophenschutz am Landratsamt vor einigen Monaten bestätigt, als diese Zeitung schon einmal zum Thema Fahrzeugbrände recherchierte. „Die Sicherheitsvorschriften verlangen Tanks und Systeme, bei denen Treibstoff abbrennt, nicht explodiert“, ergänzt Reiner Äckerle.
„Abstand halten und die Feuerwehr machen lassen"
Trotzdem rät er im Falle eines Fahrzeugbrands: „Abstand halten und die Feuerwehr machen lassen, die sind Spezialisten, die kennen sich aus.“ Finger weg auch von der Motorhaube: Womöglich erhielte ein Feuer nur zusätzlichen Sauerstoff und würde sich verstärken. Brandschutzdecken nützen in solchen Fällen nichts, „weil die das Feuer nicht komplett einschließen, also an irgendeiner Stelle immer noch Sauerstoff ans Feuer kommt“, sagt Äckerle.
Sofern keine Menschen in Gefahr sind, rät Reiner Äckerle, wegzugehen vom Auto, auf die Feuerwehr zu warten und derweil das Fahrzeug seinem Schicksal zu überlassen: „Der Wagen ist so oder so ein Totalschaden, für den die Teilkasko oder Vollkasko einspringen muss.“
Sollten noch Personen im Auto sitzen, verbietet es sich, mit eigenen Löschversuchen wertvolle Zeit zu verschwenden. Zuerst Notruf absetzen, dann Insassen aus dem Auto helfen – zu dieser Reihenfolge rät die R + V-Versicherung. Ob der Einsatz eines kleinen Feuerlöschers, den manche Autofahrer im Kofferraum liegen haben, etwas nützt, ist ohnehin fraglich. Kleine Löscher sind nach wenigen Sekunden leer. Wer zuvor nie geübt hat, wie man solch einen Feuerlöscher bedient, wird sich ohnehin in der Extremsituation schwer damit tun.
40 000 Fahrzeugbrände pro Jahr
Verschiedenen Quellen zufolge kommt es deutschlandweit pro Jahr zu circa 40 000 Fahrzeugbränden, inklusive durch Kurzschlüsse verursachte Schmorschäden. Nur ein verschwindend kleiner Teil der Brände entsteht bei Zusammenstößen von Fahrzeugen. Brandstiftung ist nicht ganz selten der Grund.
Seien es kriminelle Motive, Racheakte oder sei es Versicherungsbetrug – denkbar ist vieles. Erst vor wenigen Tagen hat die Polizei einen 49-jährigen polnischen Staatsangehörigen festgenommen, der in Hertmannsweiler mehrere Autos angezündet und anderweitig Feuer gelegt haben soll. Eins der Autos brannte vollständig aus. Der Mann sitzt mittlerweile in Haft.
Technische Defekte, Brandstiftung
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Eine Liste der Fahrzeugbrände der jüngsten Zeit im Rems-Murr-Kreis:
- Wohl wegen defekter Elektrik im Motorraum geriet am Abend des 16. April ein Renault in Backnang in Brand.
- Ein Daimler-Fahrer bemerkte am 31. März Rauch im Motorraum, als er auf der B 14 von Schwaikheim in Richtung Winnenden unterwegs war. Als er anhielt, schlugen bereits Flammen aus dem Motor. Der Fahrer erlitt leichte Verletzungen.
- Der Frontscheinwerfer eines Opel fing am 10. März in einer Tiefgarage in Waiblingen Feuer. Ein Passant versuchte, mit Hilfe eines Handfeuerlöschers zu löschen, bevor die Feuerwehr eintraf. Der Mann zog sich eine leichte Rauchgasvergiftung zu.
- Ein Schmorbrand an der Fahrzeugbatterie eines VW entwickelte sich Anfang März. Der 75-jährige Fahrer hatte an der Anschlussstelle Waiblingen-Nord auf die B 14 auffahren wollen. Er konnte den Schmorbrand selbst löschen.
- Ein Smart brannte am 27. Februar auf der Landesstraße zwischen Endersbach und Beinstein wohl wegen eines technischen Defekts aus.
- Absichtlich in Brand gesetzt wurde ein Zigarettentransporter Mitte Januar in Waiblingen. Zwei Täter hatten den Fahrer angegriffen und verletzt.