So schlimm war das Gewitter im Rems-Murr-Kreis
Waiblingen. In den nächsten Tagen drohen keine weiteren heftigen Gewitter, beruhigt der Deutsche Wetterdienst. In der Nacht auf Mittwoch ging’s turbulent zu. Doch andere Landstriche hat’s härter getroffen.
Am Dienstagabend und in der Nacht auf Mittwoch hat es stellenweise wie aus Eimern geschüttet. Uwe Schickedanz vom Deutschen Wetterdienst spricht von Niederschlagsmengen bis hin zu 20 Litern je Stunde. Eine solche Menge gilt als Starkregen; der Deutsche Wetterdienst kategorisiert das als „markantes Wetter“. Bereits am Dienstagmorgen hatte der Deutsche Wetterdienst gewarnt, es müsse im Rems-Murr-Kreis mit heftigem Starkregen, schweren Sturmböen, teils auch Orkanböen und Hagel gerechnet werden. Es kam dann nicht ganz so dicke – aber „recht heftig“ war’s schon, fasst Uwe Schickedanz in der Rückschau zusammen. Meteorologen erkennen ein „Gewitterpotenzial“ bereits bis zu drei Tage im Voraus, sagt der Leiter des DWD in Stuttgart. Allerdings lasse sich erst etwa eine Stunde im Voraus genauer eingrenzen, wo sich ein Gewitter entlädt.
Hagelflieger-Piloten beobachten die Prognosen natürlich sehr genau. Julian Hardt und zwei Kollegen waren unterwegs, etwa zwischen 20 und 21 Uhr unter anderem über Waiblingen, Weinstadt, Kaisersbach und Alfdorf, davor schon unter anderem in Kirchberg und nahe Oppenweiler. Am brenzligsten sah es am Abend über Kaisersbach aus. Dort registrierte Hardt den stärksten Aufwind. Hoher Aufwind gleich hohes Hagelrisiko, erläutert Sandra Weiß von der Pressestelle des Landratsamts.
Kaisersbach fällt auch im Polizeibericht in Zusammenhang mit den Wetterverhältnissen auf: Ein 20-jähriger Fahrer eines Twingo hat am Dienstag gegen 22.15 Uhr wegen des Starkregens ein Auto übersehen, als er von der Lindenstraße auf die Hauptstraße einbiegen wollte. Sein Wagen stieß mit einem VW Touran zusammen. Der Unfallverursacher und eine Beifahrerin erlitten leichte Verletzungen. Den Sachschaden beziffert die Polizei auf circa 12 500 Euro.
In Beutelsbach war ein Keller überflutet
Die Feuerwehr beseitigte in der Nacht in Buoch einen Baum, den der Sturm umgeknickt hatte. Zudem rückten Feuerwehrleute nach Beutelsbach aus, weil dort ein Keller überflutet war. Alles in allem gab es „kein außergewöhnliches Einsatzaufkommen“, resümiert Kreisbrandmeister René Wauro. Zur Sicherheit prüfte die Feuerwehr Kirchberg, ob wegen der Wassermassen Menschen in einem Zeltlager im Wüstenbachtal gefährdet sein könnten. Vor Ort stellte sich glücklicherweise heraus, dass alles so weit in Ordnung war. Aus Rickenbach im Kreis Waldshut gingen unterdessen schlimme Nachrichten ein: Ein 15-Jähriger ist dort in einem Zeltlager gestorben. Ein großer Baum war dort aufs Zelt gestürzt.
Vor Gewittern fürchten sich Kinder wie Erwachsene. Grelle Blitze, ohrenbetäubend laute Donnerschläge – das wirkt, als drohten böse Mächte mit dem Schlimmsten. Tatsächlich können Blitze Schlimmes anrichten. Drei bis vier Menschen sterben pro Jahr in Deutschland durch Blitz, diese Zahlen nennt der Deutsche Wetterdienst. Zwei Drittel aller Menschen, die vom Blitz getroffen werden, überleben. Die Wahrscheinlichkeit, als Fußgänger im Freien vom Blitz getroffen zu werden, entspricht laut einer Veröffentlichung des Wetterdienstes jener, im Lottospiel einen Sechser mit Superzahl zu erzielen.
Häschen in der Grube spielen, wenn´s blitzt
Schon kleine Kinder kennen jede Menge Tipps zum Schutz vor Blitz. Nicht alle halten einer Prüfung stand. Der Wetterdienst rät zum „Häschen-in-der-Grube“-Verhalten: Wer auf freiem Feld von einem Gewitter überrascht wird, sollte hoch aufragende Gegenstände meiden und sich am besten in einer Senke mit eng aneinandergesetzten Füßen hinhocken.
Mitten im Wald empfiehlt es sich, einen dichten und flachen Baumbestand aufzusuchen und dort in die Hocke zu gehen. Draußen schwimmen geht gar nicht bei Gewitter: sofort raus. In Autos und in Gebäuden mit Blitzschutzanlagen besteht laut Wetterdienst „normalerweise keine Gefahr“. Trotzdem während des Gewitters lieber die Finger vom Festnetztelefon lassen, Badewanne und Dusche meiden, raten die Fachleute.
Stettener beklagen Schäden im Wengert
Obstbauern und Wengerter fürchten sich selbstredend vor extremen Wetterlagen. In einer einzigen Frostnacht oder nach heftigem Hagel kann alles vernichtet sein. Der herbe Frost im April hat ohnehin schon deutliche Spuren hinterlassen. Claus Mannschreck, Vorstandsvorsitzender der Remstalkellerei, hat sich am Mittwoch einen Überblick über die Folgen des Unwetters verschafft.
In Stetten beklagen Wengerter Schäden, wenn auch keine massiven. Beispielsweise in Esslingen hat’s die Kollegen deutlich schlimmer getroffen. Im Vergleich dazu „haben wir grade noch Glück gehabt“, sagt Mannschreck. Das Wetter im Juli bewertet er als optimal für die Trauben. Der Regen hat gutgetan, „die Reben haben sich wunderbar weiterentwickelt.“ Noch sei’s zu früh, eine Prognose für die Qualität der Ernte dieses Jahr abzugeben. Etwa Mitte September beginnt die Lese.