Waiblingen

Streit um Ärztehaus: Was auf dem Avia-Areal gebaut werden soll

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So könnte das neue medizinische Versorgungszentrum aussehen. Links die Fronackerstraßen, rechts der Stadtgraben. © Isin Architekten

Ein Bauprojekt mit Zündstoff: Auf dem Areal der ehemaligen Avia-Tankstelle von „Helmut und Helmut“ und den städtischen Nachbargrundstücken wollen Unternehmer Hartmut Villinger und der Eigentümer, sein Vetter Dietrich Heymann, ein Ärztehaus bauen.

Für Kritik und nun auch eine emotionale Debatte im Gemeinderat sorgten das Vorgehen der Stadt sowie die befürchtete Auswirkung auf den Verkehr in der Fronackerstraße, die viele am liebsten verkehrsberuhigen würden.

Schon lange gibt es Überlegungen, das Areal in „1-A-Lage“ (Zitat Hartmut Villinger) städtebaulich zu entwickeln. Dafür war die Stadt an den Eigentümer herangetreten. Im Auftrag der Investoren hat das Architekturbüro Isin Pläne erstellt. Das Ärztehaus an der Ecke Stadtgraben/ Fronackerstraße hat – im Sinne einer Visualisierung – ein Gesicht. Der Weg zur Realisierung wurde insofern schon freigemacht, als die Betreiber der Avia-Tankstelle, langjährige Mieter von Dietrich Heymann, ihre Werkstatt im Sommer ins Gewerbegebiet verlegt haben.

Fazio: Projekt viel zu spät der Öffentlichkeit vorgestellt

So, wie die Neubebauung des Alten Postplatzes als Eingangstor zur Altstadt und zur Fußgängerzone wirkt, könnte ein neues Gebäude gemeinsam mit der Querspange und dem Hotel bei der Volksbank eine „Torsituation“ für die Fronackerstraße darstellen, so der städtebauliche Gedanke. Mit der Errichtung eines Ärztehauses wollen Heymann und Villinger nach eigenen Worten einen Beitrag leisten, die medizinische Versorgung für Waiblingen und Umgebung zu sichern. Zwar sind schon jetzt im „Ärztedreieck“ aus Postplatz, Bahnhofstraße und Fronackerstraße mit der Zentralklinik zahlreiche Mediziner tätig. Aber laut Hartmut Villinger stehen in den nächsten Jahren in vielen Praxen Generationswechsel ins Haus, wobei sich die Frage stellt, ob sich angesichts des baulichem und organisatorischen Nachholbedarfs geeignete Nachfolger für die Ärzte finden lassen. Dazu komme ein Wandel in der Ärzteschaft: Teilzeit-Arbeit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielen eine größere Rolle – nicht zuletzt, weil Frauen inzwischen die Mehrzahl der Medizin-Abschlüsse ablegen. Immer mehr Ärzte arbeiten in medizinischen Versorgungszentren und Gemeinschaftspraxen – das soll im Ärztehaus in modernen Räumen möglich werden.

Knackpunkt Verkehr

Außer Praxen sehen Villinger und Heymann in dem Haus ein „gesundheitsnahes“ Geschäft vor, außerdem Wohnungen. Von der ursprünglichen Idee, Gastronomie einzubeziehen, sind sie abgerückt. Trotzdem scheint klar: Die Verkehrssituation im Bereich Fronackerstraße und Stadtgraben könnte zum Knackpunkt werden für die Akzeptanz des Projekts in der Öffentlichkeit und im Gemeinderat. Die CDU stehe dem Ärztehaus sehr positiv gegenüber, sagte Fraktionschef Peter Abele. Städtebaulich biete es eine „hervorragende Chance“, hier bestehe zudem die letzte Möglichkeit für ein Parkhaus in der Innenstadt. Entschieden gegen ein Parkhaus wendet sich die SPD in Person von Roland Wied. Das locke nur noch mehr Verkehr an.

Zahl der Parkplätze noch offen

Im Moment ist von 40 Stellplätzen für die Angestellten, die im Haus arbeiten, die Rede. Mit einem „Autoaufzug“ würden sie in die untere Etage fahren. Parken oben in der Fronackerstraße ist nicht vorgesehen. Denkbar sind nach den Plänen zum Beispiel eine Tiefgaragen-Zufahrt über den Stadtgraben und sogar eine unterirdische Verbindung mit dem bestehenden Parkhaus der Volksbank. Die genaue Zahl soll bestimmt werden, wenn die Nutzung und damit der Bedarf genau geklärt ist. Je nach Variante wird sich die Zahl der öffentlichen Parkplätze bewegen. 18 wären es beim jetzigen Stand ohne Gastro-Nutzung und mit Zufahrt vom Stadtgraben. Mit einem Parktunnel unter der Fronackerstraße wären es theoretisch 114 insgesamt.

Erstmals wurde das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt – aus Sicht von Alfonso Fazio viel zu spät. Der Gemeinderat hätte viel früher einbezogen werden sollen, meint die Agtif-Fraktion. Dass die Stadt Grundstücke zur Verfügung stellt und exklusiv mit einer Investorengemeinschaft spricht, sei nicht hinnehmbar. Unterstützung kam bei dieser Kritik von Tobias Märtterer („Grünt“). Auf Anfrage der Redaktion erklärt Oberbürgermeister Andreas Hesky als normales Vorgehen, dass die Stadt ein Bauprojekt vorbereite und „zu einer gewissen Reife“ bringe, bevor der Gemeinderat darüber diskutiere. Die Wahl des Investors ergebe sich daraus, dass es sich um den Eigentümer des Grundstücks handele. Allerdings, räumt der Rathauschef ein, hätte die Stadtverwaltung früher berichten können, dass sie sich in Gesprächen befindet.

Die jetzigen Pläne der Investoren seien „kein Ist, sondern ein Kann“, so Hesky eingangs der Ratssitzung, in der zuvor grünes Licht für eine Bürgerbeteiligung in Sachen „Neuausrichtung Fronackerstraße“ gegeben wurde. Entsprechend fasste der Gemeinderat einen gegenüber der Vorlage veränderten Grundsatzbeschluss. In der gültigen Fassung heißt es: „Grundlage für den Hochbau und die angestrebte Bebauungdie in der Anlage befindlichen Pläne des Architekturbüros Isin. In der Vorlage hieß es „Grundlage...“. Für die geänderte Fassung gab es 21 Ja- und fünf Nein-Stimmen. Entscheiden wird über das Projekt der Gemeinderat. „Es wird nicht durchgewunken, Diskussion ist erwünscht“, stellte SPD-Rat Roland Wied klar. Denn sonst werde eine Bürgerinitiative das Projekt stoppen.

Ein Bauprojekt mit Zündstoff: Auf dem Areal der ehemaligen Avia-Tankstelle von „Helmut und Helmut“ und den städtischen Nachbargrundstücken wollen Unternehmer Hartmut Villinger und der Eigentümer, sein Vetter Dietrich Heymann, ein Ärztehaus bauen.

Für Kritik und nun auch eine emotionale Debatte im Gemeinderat sorgten das Vorgehen der Stadt sowie die befürchtete Auswirkung auf den Verkehr in der Fronackerstraße, die viele am liebsten verkehrsberuhigen würden.

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