Vom Ein-Mann-Betrieb zum 3-Millionen-Unternehmen
Weinstadt-Beutelsbach. Er hatte nichts, außer Schulden und seine Arbeitskraft: Als Georg Strassner mit 27 Jahren seine Firma gründete, verdiente er zu Beginn weniger als in seiner vorherigen Festanstellung. „Ich startete als Ein-Mann-Betrieb im Kuhstall.“ Heute, nach 50 Jahren, macht das Beutelsbacher Unternehmen einen Jahresumsatz von drei Millionen Euro.
Als Georg Strassner den Kredit über 15 000 Mark aufnehmen wollte, konnte er keine Sicherheiten bieten. Es gab auch niemanden, der für ihn bürgen wollte, ja er hatte sogar zusätzlich noch 400 Mark Schulden wegen seines Autos. „Geh da mal auf die Bank“, sagt der 77-Jährige und lächelt. Das Geld hat Georg Strassner trotzdem bekommen, einfach deshalb, weil er mit seiner Geschäftsidee überzeugen konnte.
Es klingt wie eine Geschichte aus einer anderen Zeit. „Das kannst du dir heute gar nicht mehr vorstellen“, sagt seine Tochter Martina Hage (44). Mit dem Geld kaufte Georg Strassner der Firma Daiss aus Schnait, bei der er zuvor gearbeitet hatte, Maschinen aus deren Dreherei ab. Damit wollte der gelernte Mechaniker Zubehörteile für die Industrie herstellen, zunächst im Ein-Mann-Betrieb. Ein guter Freund, der für Georg Strassner die Buchhaltung machte, sagte ihm damals, dass er jetzt mit seiner Firma weniger verdiene als vorher. Doch der heute 77-Jährige ließ sich nicht beirren und gab sich optimistisch: „Das wird schon besser werden.“
Seit 2012 führen die beiden Kinder offiziell die Firma
Georg Strassner sollte recht behalten. Heute hat die Firma rund 25 festangestellte Mitarbeiter und macht einen Jahresumsatz von drei Millionen Euro. Sie produziert auf eigenem Gelände in der Daimlerstraße in Beutelsbach und wird seit 2012 von den beiden Kindern geführt, dem 43-jährigen Stefan Strassner und der 44-jährigen Martina Haga. Die Georg Strassner GmbH stellt mittlerweile Zubehörteile für den Schiffsbau, den Sondermaschinenbau und die Medizintechnik her. Sogar im Rennsport ist sie aktiv und produziert unter anderem für die Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) und die Formel eins. „Wir bilden auch selber aus“, sagt Stefan Strassner. Drei Lehrlinge hat die Firma derzeit, einen im ersten, einen im zweiten und einen im dritten Lehrjahr. Als Zulieferer ist das Unternehmen auch von ZDH-Cert zertifiziert worden, einem von den deutschen Handwerkskammern und -verbänden gegründeter Verein. Damit weiß ein neuer Kunde sofort, dass die Georg Strassner GmbH bestimmte Anforderungen bei industriellen Standards erfüllt. „Der Unterlieferant muss so was immer mittragen“, sagt Elsbeth Strassner, die seit Jahrzehnten im Betrieb mitarbeitet.
Produziert wird auf 2000 Quadratmetern
Die 69-Jährige hat ihren Mann 1969 wegen des Auftrags ihres Bruders kennengelernt. Dieser sollte nämlich die Elektroinstallationen in der neuen Produktionshalle von Georg Strassner in Endersbach machen. Der Kuhstall in Schnait, in dem der gelernte Mechanikermeister seinen Betrieb 1968 eröffnete, war nämlich längst zu eng. 1971 heirateten beide – und Elsbeth Strassner war fortan für die Rechnungen zuständig. Steil aufwärts ging es für die Firma mit einem Auftrag von Mahle, Schrauben und weitere Zubehörteile für den Großkolbenbau zu liefern. Ende der 70er beschäftigte Georg Strassner schon zehn Mitarbeiter, weshalb er sich schließlich vergrößerte und aus der gemieteten Halle in Endersbach nach Rommelshausen zog. Die Halle dort kaufte er. Ein paar Jahre später veräußerte Georg Strassner sie dann wieder, um den Neubau in Beutelsbach zu finanzieren. Seit 32 Jahren ist die Firma nun dort und produziert im Erdgeschoss sowie im Keller auf insgesamt rund 2000 Quadratmeter Fläche.
Die ganze Familie „auf einem Haufen“
Dass Sohn Stefan Strassner in die Firma einsteigen will, war relativ früh klar. Nach dem Realschulabschluss machte er eine Lehre als Werkzeugmechaniker, verbrachte einige Monate in den USA und absolvierte dann nach seinem Zivildienst eine Ausbildung zum Maschinenbautechniker. Obendrauf kam dann noch der Meistertitel als Werkzeugmechaniker. Seit dem Jahr 2000 arbeitet er nun in der Firma mit. Seine Schwester Martina Haga stieg ein Jahr später ein – doch geplant hatte sie das nicht. „Als Kind habe ich immer gesagt: Ins Geschäft will ich nicht rein.“ Nach der Realschule und einem Highschool-Jahr in den USA absolvierte sie ein zweijähriges Berufskolleg in Esslingen und schloss danach eine Lehre als Bankkauffrau bei der Dresdner Bank ab. Acht Jahre war sie dort – „dann hat mir das Bankgeschäft nicht mehr so Spaß gemacht“. Also kam sie mit in den elterlichen Betrieb, obwohl sie sich anfangs schon die Frage stellte, ob das klappt, wenn die ganze Familie „auf einem Haufen“ arbeitet.
Der Erfolg? „Hat sich so ergeben“
Im Rückblick waren die Sorgen unbegründet. Martina Haga ist heute für das Kaufmännische zuständig, ihr Bruder Stefan Strassner eher für das Technische. Mutter und Vater arbeiten noch mit, haben aber die Geschäftsführung in die Hände der Kinder gegeben. Hochtrabende Pläne haben die Strassners nicht: Sie wollen kein Wachstum um jeden Preis und sind mit der jetzigen Größe ihres Unternehmens zufrieden – was nicht heißt, dass sie sich ausruhen. „Entwickeln tun wir uns ständig weiter“, betont Stefan Strassner.
Mit all diesem Erfolg hat Georg Strassner natürlich nicht gerechnet, als er vor 50 Jahren seine Firma gründete und erst mal 60, 70 Stunden in der Woche schuftete. „Es hat sich so ergeben.“
Vertrieben worden
Gründer Georg Strassner ist in Ungarn auf die Welt gekommen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er als Deutschstämmiger vertrieben und kam mit seinen Großeltern im Alter von vier Jahren nach Königsbronn (Kreis Heidenheim).
Der Opa war Hilfsarbeiter bei Züblin, die Oma arbeitete in der Landwirtschaft. Das Geld war stets knapp. „Du hast nichts gehabt.“