Weinstadt

Ein Schnaiter druckt Geld

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Geldscheine
Auf dem Ein-Euro-Schein des Schnaiters ist das Bildnis eines jungen Manns von der Ersatzwährung für Krieg- und Krisenfälle zu sehen (ähnelt dem alten Zehn-Mark-Schein, Erstausgabe 21. Oktober 1963), auf seinem Drei-Euro-Schein Annette von Droste-Hülshoff (vom Zwanzig-Mark-Schein, der Anfang der 90er bis 2001 gedruckt wurde), auf seinem Fünf-Euro-Schein die junge Venezianerin (vom Fünf-Mark-Schein, der Anfang der 90er in Umlauf kam) und auf seinem Zehn-Euro-Schein Clara Zetkin, die einst auf dem Zehn-Mark-Schein der DDR abgebildet war. © Schneider / ZVW
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Klaus Mann (77) hat lange Briefmarken und Münzen gesammelt. Seit 20 Jahren gilt seine Leidenschaft der Herstellung von selbst entworfenen Geldscheinen. Auf dem Computerbildschirm ist sein Zwei-Euro-Schein zu sehen, auf dem er ein Foto seiner fünfjährigen Enkelin Emma eingebettet hat.

Weinstadt-Schnait. Klaus Mann aus Schnait druckt Geld. Mit dem Gesetz kommt der 77-Jährige aber nicht in Konflikt. Er ist ja kein Geldfälscher. Klaus Mann kreiert ganz neue Scheine, zum Beispiel mit seiner Enkelin als Motiv. Er beherrscht sein Werk: Eine der bedeutendsten Geldschein-Sammlungen hat rund zehn seiner Serien erworben.

„Ich habe mich an die Deutsche Mark am Anfang nicht herangetraut“, sagt Klaus Mann. Sie war ja bis Ende 2001 in der Bundesrepublik die gültige Währung, bevor schließlich der Euro eingeführt wurde. Und Ärger mit der Polizei konnte der Schnaiter natürlich nicht brauchen. Er wollte einfach nur sein Hobby ausüben. Seit 1996 stellt Klaus Mann Geldscheine her, für Vereinsfeste, Firmenjubiläen und Kinderspielstädte. In Remseck konnten die Mädchen und Jungs mit seinem Mini-Remseck bezahlen, in Schwäbisch Gmünd mit seinem Turbulenzia, im oberschwäbischen Bad Saulgau mit seinem Sauli, in Stuttgart-Neugereut mit seinem Ropi und in der Kinderspielstadt Remsolino mit dem von ihm entworfenen Remstaler. Seit etwa zwei Jahren sind seine Scheine noch an einem ganz anderen Ort präsent – in einer der wichtigsten Papiergeldsammlungen der Welt.

"Was nichts kostet, ist nichts wert"

Entstanden ist sie aus einer zunächst privaten Sammlung eines gewissen Albert Pick, der bereits im Alter von acht Jahren seine Leidenschaft für Papiergeld entwickelte. Sie wird heute von der HVB-Stiftung Geldscheinsammlung verwaltet, die von der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG gegründet wurde. Mehr als 300 000 Scheine sind im Besitz der Stiftung. „Die kaufen alles, was sie kriegen können“, sagt Klaus Mann. Die Philosophie der Stiftung sei es schließlich nicht, nur alte Scheine zu erwerben, sondern auch neue – und zwar aus der ganzen Welt. Umsonst hat Klaus Mann seine rund zehn Serien nicht herausgegeben, Stiftung hin oder her. „Die müssen genauso bezahlen wie jeder andere Sammler. Was nichts kostet, ist nichts wert.“

Gekauft wurde zum Beispiel Klaus Manns Serie von Euro-Scheinen mit D-Mark-Motiven. Auf dem Ein-Euro-Schein ist das Bildnis eines jungen Manns zu sehen, das auf 4,7 Milliarden Zehn-Mark-Scheinen zwischen 1963 und 1995 in Umlauf kam. Klaus Manns Version stammt indes von einer Ersatzwährung der Bundesbank für Krieg- und Krisenfälle, die dem alten Zehn-Mark-Schein nur ähnelt, aber ihm eben nicht völlig gleicht. „Gesehen in der Öffentlichkeit hat die noch keiner, es sei denn, er war im Bundesbank-Museum in Frankfurt.“ Die Existenz dieser Notwährung war laut Klaus Mann lange gar nicht bekannt. Auf Klaus Manns Zehn-Euro-Schein ist Clara Zetkin zu sehen, eine Sozialistin, die von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete für die Kommunistische Partei Deutschlands war. Die 1933 gestorbene Politikerin ist auf dem Zehn-Mark-Schein der DDR abgebildet gewesen. „Die hat viel geleistet als Frauenrechtlerin.“ Ihre Urne, sagt Klaus Mann, sei heute noch in der Kremlmauer beigesetzt.

Zusammengesetzt aus D-Mark-Schnipseln

Benutzt hat der Schnaiter für den Schein tatsächlich Papier aus D-Mark-Schnipseln. Und wer genau hinguckt, wird feststellen, dass die Köpfe der abgebildeten Personen alle links stehen und nach rechts schauen – also genau andersherum als auf den Originalscheinen. Auf dem Zwei-Euro-Schein von Klaus Mann taucht zwar keine Berühmtheit der Geschichte auf, dafür jemand, der dem 77-Jährigen besonders am Herzen liegt: seine fünfjährige Enkelin Emma.