Tatort Küche: Gammel-Fleisch in Weinstädter Restaurant beschäftigt jetzt das Amtsgericht

Tatort: die Küche eines Restaurants in Weinstadt. Zeitpunkt: Gegen Mittag, die ersten Gäste treffen bereits ein. Der Zeuge: ein Lebensmittelkontrolleur des Landratsamtes Rems-Murr. Der Verdacht: dass es in der Küche des Restaurants nicht ganz mit rechten Dingen zugeht. Aufgrund einer Beschwerde eines Gastes, so berichtet der Kontrolleur vor dem Amtsgericht Waiblingen, sei es zu der Stippvisite in dem Restaurant in Weinstadt gekommen.
Mit einem Ergebnis, das nun Michael Kirbach, zuständiger Richter und Direktor des Amtsgerichtes in Waiblingen, vor offene Fragen stellt. Der Tatvorwurf der Staatsanwaltschaft lautet nämlich ein deutlicher Verstoß gegen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - nämlich vergammeltes Fleisch und verschimmelte Lebensmittel. Außerdem wird den Restaurant-Betreibern vorgeworfen, die „sehr leicht verderblichen Lebensmittel“ vorsätzlich in den Umlauf gebracht zu haben.
Sechs Stunden lang Erbrechen: Verdachtskontrolle wegen Erkrankung
Eigentlich ein klarer Fall: Die erste Sichtung der Beweise lässt kaum Zweifel offen. Als Beweise sind die Beschwerde des Gastes, mehrere Schreiben über Mängel in der Küche und zu guter Letzt der Besuch des Lebensmittelkontrolleurs aufgeführt. Auslöser für die Kontrolle war das Erlebnis eines Gastes in dem Restaurant: Sechs Stunden lang soll sich dieser nach dem Essen dort erbrochen haben.
In der Küche des Lokals hat der Kontrolleur einen Behälter gefunden, der mit Alufolie zugedeckt war. Darin wurden marinierte Fleischreste aufbewahrt. „Die Stücke waren teils verfärbt und vertrocknet“, schildert der Kontrolleur den Fund als Zeuge vor Gericht. Auch eine Geruchsprobe habe ergeben, dass das Fleisch bereits nicht mehr für den Verzehr geeignet war: „Der Geruch war ähnlich zu dem, wenn man in einen Dry-Aged-Kühlschrank riecht“, sagt er. Allerdings „säuerlich und muffig“.
Eine Probe im Labor zeigte: Das Fleisch war keimbelastet, und zwar bereits in einem bedenklichen Bereich. Bei einem Fund blieb es jedoch nicht. Als Nächstes hat der Kontrolleur Hähnchenbrust gefunden, deren Verfallsdatum bereits sechs Tage über dem Mindesthaltbarkeitsdatum lag. Und schimmelähnliche Punkte am Rande einer Panierschale, in der Lebensmittel mit Ei und Mehl paniert wurden.
Restaurant-Küche weist weitere Mängel auf
Gegen die Betreiber des Restaurants wurde infolgedessen Strafbefehl eingelegt. Sie nehmen die Tatvorwürfe vor Gericht gelassen entgegen - obwohl es nicht gut für sie aussieht: „Die Verstöße sind dokumentiert“, so Richter Michael Kirbach. Viele Mängel seien gar nicht im Strafbefehl aufgelistet, gibt der Richter außerdem zu bedenken. Beispielsweise lag Baguette, in einer Papiertüte verpackt, in unmittelbarer Nähe zum Spülbecken, wodurch laut dem Kontrolleur Spritzer auf die Backware kommen hätten können. In der Küche seien außerdem schmierige Ablagerungen gefunden worden.
In der Gefriertruhe des Restaurants habe sich zudem Fleisch befunden, das durch falsche Lagerung bereits Gefrierbrand aufwies. Auf die baulichen Mängel in der Küche wurden die Betreiber des Restaurants mehrmals hingewiesen, auch schriftlich per Post. Dass die Mängel wie offene Bohrlöcher und offene Wandflächen nicht sofort behoben wurden, schreiben die Angeklagten den Vermietern der Gaststätte zu. „Wir haben immer nachgefragt, wann die Mängel behoben werden“, sagen sie vor Gericht aus. Immerhin einen Plus-Punkt sammeln die Angeklagten beim vorläufig letzten Besuch des Lebensmittelkontrolleurs: Zu diesem späteren Zeitpunkt im selben Jahr sei alles in Ordnung gewesen, so der zuständige Kontrolleur.
Verhandlung vertagt: Amtsgericht Waiblingen lädt Koch als Zeugen vor
Allzu rosig sieht es für die Gastronomen auch ansonsten nicht aus. Die Gaststätten-Betreiber haben Schulden, die Corona-Zeit habe ihnen zugesetzt. Auch seit September des vergangenen Jahres sei der Umsatz im Restaurant deutlich zurückgegangen. Das hänge insbesondere mit der Inflation und den Wintermonaten zusammen, sagt einer der Angeklagten. Das allerdings mildert das Vergehen in den Augen der Staatsanwaltschaft nicht: Nur „ganz knapp" seien die Gastronomen hier aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden des Gastes an einer Anklage wegen versuchter Körperverletzung vorbeigeschrammt, so der zuständige Staatsanwalt in der Gerichtsverhandlung.
Er bemängelt auch, dass so gar keine Einsicht bei den Angeklagten zu erkennen sei. Die sehen die Schuld nämlich beim angestellten Koch, der für die Küche zuständig war. Nach dem Vorfall hätten die beruflichen Wege von Koch und Betreiber sich getrennt. Und: Das nachweislich vergammelte Fleisch sollte angeblich nur dem Privatgebrauch dienen. „Irgendwas müssen wir ja auch essen“, sagt einer der Gastronomen. Den penetranten Geruch schreibt er vor Gericht einer Gewürzmischung zu. Die zweieinhalb Kilogramm Hähnchen hätten dem Koch gehört, so die Angeklagten. Auf Nachfrage von Richter Kirbach kommt aber heraus, dass das abgelaufene Hähnchenfleisch nicht explizit als Privatverbrauch gekennzeichnet war.
Schlussendlich kommt das Gericht zu dem Entschluss, die Verhandlung zu einem späteren Termin im März fortzuführen. Die Verteidigung der Angeklagten stellte einen Beweisantrag. Dafür soll dann der Koch vorgeladen werden, um als Zeuge auszusagen. Welches Strafmaß die Angeklagten dann erwartet, steht also noch aus.
Anmerkung der Redaktion: Bei der Berichterstattung über Fälle wie diesen findet jedes Mal ein Abwägen des öffentlichen Interesses auf der einen und den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen auf der anderen Seite statt. Weil es sich in diesem Fall um Ersttäter handelt und laut Gericht bei einer Nachkontrolle in der Gaststätte keine Missstände mehr festgestellt werden konnten, wird in diesem Text nicht preisgegeben, um welchen Betrieb es sich handelt.