Weinstadt

Warum Nicole Jaegle aus Weinstadt trotz Asthma-Attest oft Maske trägt

Asthma
Für die Asthmatikerin Nicole Jaegle wird schon das Treppensteigen zum Problem, wenn sie dabei eine Maske trägt. © Alexandra Palmizi

Nicole Jaegle hat immer ihr Asthma-Spray dabei. Als starke Asthmatikerin braucht sie es normalerweise zwei- oder dreimal am Tag. In letzter Zeit kommt sie aber immer öfter in Situationen, in denen sie zusätzlich zwei Sprühstöße nehmen muss, weil sie sonst kaum noch Luft bekommt. Das liegt daran, dass die Endersbacherin oft einen Mund-Nasen-Schutz trägt – und das, obwohl ihr Arzt ihr aufgrund ihres Asthmas schon zu Beginn der Pandemie ein Attest geschrieben hat, das sie von der Maskenpflicht befreit.

Aufgrund ihres Asthmas und einiger weiterer Vorerkrankungen gehört Nicole Jaegle zur Corona-Risikogruppe. Aus Angst vor dem Virus und einem möglichen schweren Krankheitsverlauf ängstlich zu Hause zu sitzen, sei für sie aber nie infrage gekommen. Sie möchte ihr Leben weiterleben, auch in Pandemie-Zeiten. Klar, wenn sie ohne Maske unterwegs ist, bringe sie sich ein Stück weit auch selbst in Gefahr, weiß die Endersbacherin. Aber das müsse eben jeder, der in einer ähnlichen Situation sei wie sie, mit sich selbst ausmachen.

Mit Maske „überhaupt keine Power mehr“

Für sie steht fest: Wenn sie eine Maske trägt, schadet es ihrer Gesundheit ganz unmittelbar. „Ich kann dann nur noch schwer atmen, habe überhaupt keine Power mehr.“ Für sie als Mutter, die oft mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Einkaufen fährt, eine echte Einschränkung im Alltag. Wenn sie die Maske dann doch aufzieht, kann sie ihre Einkäufe fast nicht mehr tragen – oder scheitert an simplen Hürden wie einer steilen Treppe.

Trotzdem entscheide sie sich in letzter Zeit immer öfter dafür, die Maske dann doch aufzusetzen. Aus Angst vor den nicht selten aggressiven Kommentaren völlig fremder Menschen, berichtet die Weinstädterin. Dabei seien es in den allermeisten Fällen gar nicht Security-Mitarbeiter oder Polizeibeamte, die sie darauf ansprechen, wieso sie keine Maske trägt – sondern einfach Menschen auf der Straße oder in der Bahn.

Besonders in der Bahn wird sie häufig angesprochen

Einmal sei eine Familie in der Bahn auf sie zugegangen und die Mutter habe ihr immer wieder laut gesagt: „Du musst die Maske anziehen. Sofort.“ Ein anderes Mal sei jemand an ihr vorbeigegangen und habe laut gesagt: „Wie kann man nur so egoistisch sein.“ Auf solche Kommentare gehe sie inzwischen gar nicht mehr groß ein. „Ich muss mich nicht rechtfertigen“, sagt die Weinstädterin.

„Ich verstehe ja, dass die Leute Angst haben“, sagt Nicole Jaegle. Und wenn jemand sie freundlich fragt, wieso sie keine Maske trägt, oder ihr eine Maske anbietet, erkläre sie ihre Situation auch gerne. „Der Ton macht eben die Musik“, findet die Endersbacherin. Aber das komme so gut wie nie vor.

Corona macht die Menschen impulsiv

Der Gedanke, dass es vielleicht einen gesundheitlichen Hintergrund haben könnte, wenn jemand keine Maske trägt, komme den meisten offenbar gar nicht. Wegen Corona sind die Menschen zurzeit sowieso wütender, angespannter als früher, impulsiver, hat sie oft das Gefühl. Und diese Wut bekomme sie in solchen Situationen immer häufiger zu spüren.

Insbesondere in der Bahn legt sie die Maske daher häufig an. Einfach, weil sie in Ruhe gelassen werden möchte. „Der Druck ist einfach groß“, sagt sie. Manchmal hat sie regelrecht Angst vor den Reaktionen der Menschen, wenn sie keine Maske aufzieht. Damit ist sie nicht allein, weiß sie inzwischen. „Ich habe schon Leute gesehen, die haben sich ihr Attest kopiert und um den Hals gehängt“, erzählt sie. „Oder sie haben sich ein Schild gebastelt, wo draufsteht: Bitte nicht dumm anreden, ich habe ein Attest.“

Gesunde Menschen missbrauchen Atteste

Dass im Moment auch einige gesunde Menschen ein gefälschtes oder aber leichtfertig ausgestelltes Masken-Attest haben, frustriert Nicole Jaegle zusätzlich. „Wahrscheinlich ist so ein Attest auch nicht schwer zu fälschen“, vermutet sie. „Aber eigentlich kann man doch froh sein, wenn man keins braucht.“

Die, die sich aus Bequemlichkeit ein Attest beschaffen und diese medizinisch begründete Ausnahme damit missbrauchen, schaden denjenigen, denen die Maske wirklich Schwierigkeiten bereitet. Fair ist das nicht gerade, findet die Endersbacherin.

Erst nachdenken, dann ansprechen

Auch bei der Security in der Bahn oder in den Geschäften erlebe sie häufig, dass der zunächst raue Ton, mit dem die Mitarbeiter auf die Maskenpflicht hinweisen, ganz schnell einem höflichen Umgangston weiche, wenn sie ihr Attest zeigt. Dann habe es auch noch nie ein Problem gegeben.

Sie wünscht sich von den Menschen, dass sie innerlich einfach mal kurz innehalten, bevor sie jemanden anpöbeln, der keine Maske trägt: „Dass es einfach mehr akzeptiert wird.“ Und dass man, wenn man es denn unbedingt wissen muss, einfach höflich nachfragt. „Und dabei vielleicht auch mal daran denkt, dass es einfach Menschen gibt, die mit Maske mehr Probleme haben als ohne.“

Nicole Jaegle hat immer ihr Asthma-Spray dabei. Als starke Asthmatikerin braucht sie es normalerweise zwei- oder dreimal am Tag. In letzter Zeit kommt sie aber immer öfter in Situationen, in denen sie zusätzlich zwei Sprühstöße nehmen muss, weil sie sonst kaum noch Luft bekommt. Das liegt daran, dass die Endersbacherin oft einen Mund-Nasen-Schutz trägt – und das, obwohl ihr Arzt ihr aufgrund ihres Asthmas schon zu Beginn der Pandemie ein Attest geschrieben hat, das sie von der Maskenpflicht

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