Ziiiiiieeeeeh!!!
Alfdorf-Pfahlbronn. „Zieh, zieh an!“ hieß es am Wochenende in Pfahlbronn. Auf dem Sportgelände gaben sich wieder die Tauzieher Süddeutschlands die Ehre. Am Samstag feuerten um die 150 Zuschauer das sportliche Kräftemessen der Amateure an, am Sonntag standen sich die Profis in umgebauten Eishockeystiefeln gegenüber.
Ein Wochenende lang herrschte Volksfeststimmung im kleinen Teilort Pfahlbronn. Es ist das größte Fest im Flecken, zuwege gebracht und organisiert von einem kleinen Verein, der sich noch dazu einer Nischensportart widmet: Die Tauziehfreunde Pfahlbronn sind einer von rund 30 Vereinen in Deutschland, denen es der schon im antiken Griechenland bekannte Mannschaftssport angetan hat. Nach Auskunft von Sportwart Martin Bildstein zählt der Württembergische Rasenkraftsport- und Tauziehverband 1000 Mitglieder, inklusive passiver Mitglieder.
Ungefähr so viele Besucher kamen übers Wochenende auf das Festgelände. Außer Sportlern lockte der Kraftakt auch zahlreiche Schaulustige an, die verfolgten, wie die Teams sich anstellen beim Versuch, das Hanftau in ihre Richtung zu ziehen. Bei prächtigem Wetter feuerten 150 Zuschauer am Samstag die Hobby-Tauzieher an, die sich mit Stiefeln und Kräften gegen das Gegnerteam stemmten und eisern um jeden Zentimeter kämpften.
Unterhaltungsprogramm gab es auch: Schon am Freitagabend war das Festzelt voll. Über 500 Gäste vergnügten sich beim bayrischen Abend mit der „Schpritz- ond Blooskapell“, die mit einer zünftig-fetzigen Mischung aus Blasmusik und Show unterhielt. Am Samstagabend brachte die Partyband „Nitefly“ das Publikum mit Partyhits und Schlagern in Stimmung und Tanzlaune.
Der Wettkampfplatz war übersät von weißen Federn
Beim Hobbyturnier traten die Sulpacher Dorfgemeinschaft, die Fire Chicken der Welzheimer Feuerwehr, die Gruppe „Bauwagen Burgholz“ und die „Goldochsen 2.0“ in einem Jeder-gegen-jeden-Wettbewerb gegeneinander an. Schon nach wenigen Runden war das Gras gut durchgedrückt von den Schritten mit den schweren Schuhen, deren Träger auf dem trockenen Untergrund alles gaben, um den Gegner über die Linie zu ziehen.
Dabei ließen einige wortwörtlich Federn: Der Wettkampfplatz war übersät von weißen Federn des Teams der Feuerwehr Welzheim. Sie erschienen als „Fire Chicken“ namensgerecht in Federkostümen, für die etliche alte Bettkissen und Decken dran glauben mussten. Dieser Aufzug brachte neben Stimmung und Gaudi auch den ersten Preis beim Kostümwettbewerb, bei dem Kreativität und Originalität belohnt wurde.
Tauziehen in Eishockeystiefeln
Beim sportlichen Wettbewerb der Amateure konnte sich am Ende die Bauwagen-Crew aus Burgholz durchsetzen, belohnt wurden sie mit einem 30-Liter-Fass Bier.
Sieben Teams traten beim Profiturnier in zwei Gewichtsklassen (680 und 720 Kilogramm) am Sonntag an, das zugleich deren erster Turniertag der Saison war. Die weiteste Anreise hatten die Teams aus Zell bei Memmingen im Allgäu und aus Illertissen. Anders als die Hobbyisten stecken die Füße der Profis in umgebauten Eishockeystiefeln. Statt Kufen haben sie eine Plexiglasplatte und eine Metallplatte unter den Sohlen, deren Kanten nach Information von Sportwart Martin Bildstein vor dem Turnier noch scharf geschnitten werden, damit sie besseren Halt und Standvermögen gewährleisten.
Letzteres stellten am Sonntagvormittag auch Jugendliche und zwei Mädchenteams unter Beweis, denn der Kraftsport mit dem Hanftau findet längst auch in der Damenwelt Anklang.
Wie das Tauziehen nach Pfahlbronn kam
In Schwäbisch Gmünd gab es in den 1980er Jahren regelmäßig einen Maibaumwettbewerb. Ein paar Jugendliche aus Pfahlbronn taten sich zusammen und schmückten jedes Jahr einen Baum. Sie zählten nach Info von Martin Bildstein auch mal zu den Gewinnern der Kür zum schönsten Maibaum.
Daraus wurde ein Tauziehturnier, an dem die Gruppe aus Pfahlbronn teilnahm. So sei zum einen die Aktiven-Mannschaft entstanden, die zehn Jahre lang in der Bundesliga mitmischte, zum anderen habe sich daraus das Tauzieh-Fest entwickelt.
Inzwischen kann der Verein neben der aktiven Mannschaft eine Jugendmannschaft und ein erfolgreiches Frauenteam vorweisen. Letzteres gewann bei der Outdoor-WM in England 2017 Bronze und landete bei der Indoor-WM in China 2018 auf dem sechsten Platz - von sieben Teilnehmern zwar, aber immerhin.
Tauziehen war laut Wikipedia zwischen 1900 und 1920 olympisch und ist inzwischen eine eigenständige Sportart. Der 1960 gegründete Weltverband Tug of War International Federation (TWIF) wurde 2002 vom Internationalen Olympischen Kommitee (IOC) anerkannt.