14 Jahre nach dem Amoklauf: "Schmerz und Entschlossenheit" in Winnenden

14 Jahre ist es her, dass ein 17-jähriger Amokläufer in Winnenden und Wendlingen 15 Menschen und dann sich selbst getötet hat. Rund 250 Menschen sind am Samstagmorgen in den Stadtgarten gekommen, um gemeinsam der Opfer zu gedenken. Vor 15 weißen Rosen auf dem „gebrochenen Ring“ erinnerte Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth an die Tat – und schlug den Bogen ins Heute: „Gewalt hat in diesen Tagen leider schreckliche Konjunktur“.
„Urplötzlich aus dem Leben gerissen, ihren Familien und Freunden genommen“
Wie es beim Gedenken am 11. März in Winnenden Tradition ist, läuteten um 9.33 Uhr die Kirchenglocken in der Stadt. Um diese Uhrzeit war vor 14 Jahren der erste Notruf aus der Albertville-Realschule bei der Polizei eingegangen. Ein ehemaliger Schüler hatte das Feuer eröffnet, ermordete acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen, dann einen Mitarbeiter der Psychiatrie im Schlosspark und nach einer Geiselnahme zwei Männer in Wendlingen.
„15 Menschen wurden von ihm urplötzlich aus dem Leben gerissen, ihren Familien und Freunden genommen“, sagte Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth am Samstagmorgen. „Unser Mahnmal gebrochener Ring nennt die Namen der Ermordeten, zeigt den furchtbaren Riss und bäumt sich zugleich auf gegen diese Gewalttat. Wir empfinden den Schmerz und die Entschlossenheit, gegen Gewalt anzugehen in gleicher Weise.“
Die Namen der Opfer schallten an diesem Morgen auch aus den Lautsprechern im Stadtgarten, verlesen von den Jugendgemeinderätinnen Flora Nasseri und Lara Noll. Sie lauten: Jacqueline Hahn, Ibrahim Halilaj, Franz Just, Stefanie Kleisch, Michaela Köhler, Selina Marx, Nina Mayer, Viktorija Minasenko, Nicole Nalepa, Chantal Schill, Jana Schober, Sabrina Schüle, Kristina Strobel, Denis Puljic, Sigurt Wilk.
Die Winnender und Wendlinger sind mit ihrem Schmerz nicht alleine in Europa
Der 11. März ist ein bundes- und europaweiter Gedenktag für Opfer terroristischer Gewalt. Die Winnender, so der Oberbürgermeister, seien mit ihrem Schmerz nicht allein, „sondern verbunden mit den Menschen in ganz Europa“. Die französische Partnerstadt Albertville habe am Freitag bekundet, „dass sie heute auch an unserer Seite steht“.
Holzwarth verwies in seiner Ansprache auf den Krieg in der Ukraine und weitere Kriege an vielen Orten auf der Welt, auf die „gewaltsame Unterdrückung von politischen Gegnern, wie in Russland, im China, im Iran oder in Afghanistan“ und auf tödliche Gewalt in Deutschland, „so erst diese Woche in Hamburg durch die Amoktat eines Einzelnen in einer Kirche“. „Gott sei Dank“, so Holzwarth, „ging die Geiselnahme in Karlsruhe gestern Nacht unblutig aus.“
Gemeindereferentin Brigitte David: Tat in Hamburg macht „fassungs- und hilflos“
Die katholische Gemeindereferentin Brigitte David hob in ihrer Ansprache die Bedeutung des gemeinsamen Erinnerns hervor: „Gott, Unfassbares ist geschehen vor 14 Jahren hier an diesem Ort. Und es ist gut und wichtig und richtig, dass wir uns heute hier versammeln. Wir gedenken all derer, die damals in Winnenden und Wendlingen gestorben sind. Wir werden wohl nie begreifen, wie es dazu kommen konnte.“ Auch David ging auf den Amoklauf ein, der sich am Donnerstag in Hamburg ereignet hat. Dieser mache „fassungs- und hilflos“.
Zum Abschluss der Gedenkveranstaltung im Stadtgarten spielten Susanne und Michael Kiefer „Grazioso“ aus einer Telemann-Sonate. Im Lauf des Tages finden noch weitere Gedenkveranstaltungen statt. In der Albertville-Realschule kamen Ehemalige, Angehörige und Freunde zusammen, in Gottesdiensten in Winnenden und Leutenbach wird an die Opfer erinnert. Den Abschluss des Gedenktags gestaltet der Jugendgemeinderat mit seiner Lichterkette von 20 Uhr an auf dem Marktplatz.