Ein Hauch von Wacken
Winnenden. Ein Hauch des legendären Rockfestivals Wacken bei Itzehoe in Schleswig-Holstein hat am Samstag das beschauliche Winnenden gestreift, als das „Winnenden goes Metal“-Festival die Hermann-Schwab-Halle bis in die Grundmauern erbeben ließ.
Den Nachmittag über dämmerte Winnenden unter der milden Herbstsonne noch träge dem Wochenende entgegen. Die Fußgängerzone präsentierte sich weitgehend leer, lediglich wer mit dem Auto über die Südumgehung, den Henry-Dujol-Kreisel und die Albertviller Straße in die Innenstadt wollte, der entdeckte bei genauem Hinschauen mehrere ausgewiesene und von Ordnern bewachte Parkplätze.
Die Hermann-Schwab-Halle war verbarrikadiert
War er womöglich auf dem Weg zum Bücherflohmarkt des Fördervereins Alte Kelter, so musste er einen kleinen Umweg durch die Hölderlin- und Breuningsweiler Straße in Kauf nehmen.
Die Hermann-Schwab-Halle selbst war verbarrikadiert: Auf der Albertviller Straße stand ortseinwärts ein schwerer Lkw quer über die Fahrbahnen, in Richtung Wunnebad blockierten zwei Container.
Der gesamte Stadtgarten inklusive Spielplatz war mit einem Bauzaun gegen die Außenwelt abgeschirmt. Ein knappes Dutzend martialisch dreinblickende Türsteher ließ am Nachmittag die noch spärlichen Besucher auf das Gelände, aber nicht ohne vorher Taschen zu kontrollieren und jeden Einzelnen akribisch abzutasten.
Halle kaum halb gefüllt, aber sie bebt
Geradezu gemächlich geht es dann am späten Abend zu. „Ein fantastisches Publikum, lauter wunderbare Besucher“, versichern die Security-Mitarbeiter entspannt. In der kaum halb gefüllten Halle bringt die Bayreuther Power-Metal-Band „Winterstorm“ um Sänger Alexander Schirmer mit ihren Balladen den Fußboden zum Vibrieren, die Scheiben zum Klirren und den Puls zum Hämmern. Im Saal kocht es, das Publikum lässt sich begeistert von den Riffs mitnehmen - eine große, generationenübergreifende Festgemeinde von sechzig bis herunter sechzehn Jahren, darunter sogar komplette Familien mit Kind und Kegel. Selbst die Brandwache der Feuerwehr wippt mit.
„Bitte“, fleht eine Anfangzwanzigerin in schwarzem Outfit und mit grünen Haaren den ihrer Ansicht nach offenbar alten Mann an, der mittendrin steht und seine Eindrücke notiert, „schreiben Sie nichts Schlechtes über dieses Festival. Das müssen Sie mir versprechen, mit einem großen Indianerehrenwort.“ Es gebe nämlich nichts Negatives über das erste Winnender Metalfestival zu berichten: „Die Veranstaltung ist perfekt organisiert, es treten spitze Bands auf und das Publikum ist einfach toll!“ Sie sei von Beginn der Veranstaltung an dabei, na ja, fast von Beginn, sie und ihre Freunde seien vom Parkplatz aus zuerst eine Weile über das Klinikgelände geirrt, auf der Suche nach der Hermann-Schwab-Halle.
Spende für die Winnender Tafel
Begeistert äußert sich auch Jens Tichatschke, der Vorsitzende des Festival-Vereins: Die Veranstaltung laufe reibungslos, die Stimmung sei perfekt, er habe bisher nur positive Rückmeldungen erhalten, und die Zuschauerzahl passe auch. „Macht weiter so, habt euren Spaß!“, ermuntert Bürgermeister Norbert Sailer, der sich als Metalfan outet, von der Bühne herunter, als er von den Veranstaltern einen Spendenscheck über 915 Euro für die Winnender Tafel entgegennimmt.
Das Festival stelle eine wertvolle Bereicherung der Winnender Kulturszene dar, und es wäre schön, wenn auch diese in der Stadt dauerhaft Wurzeln schlagen würde, so Sailer. Die Stadt habe jedenfalls gern ihren Teil dazu beigetragen, indem sie die Halle zur Verfügung stellte und „mit Rat und Tat, Gleiten, Schmieren und Öl“ half, dass alles reibungslos funktioniert, so Sailer.
Während in der Halle die Bühne für den Auftritt der finnischen Heavy-Metal-Band „Battle Beast“ umgebaut wird, nimmt im Foyer die niederländische Heavy Metal Marching Band „Blaas of Glory“ das Heft in die Hand. Sie lockt mit ihren Akustikinstrumenten zu einer wilden Polonaise durch den Stadtgarten.
Wobei ihr „Final-Countdown“-Cover des Europe-Titels aus dem Jahr 1986 keinesfalls als Abschluss verstanden werden darf, sondern als Einladung, sich von Battle Beast, dem Quartett um Sängerin Noora Louhimo, mit klassischem Heavy Metal zu einer Reise nach Norden, in die Mythen des Landes der endlosen Wälder und tausend Seen mitnehmen zu lassen.
Info:
Beim „Winnenden goes Metal“-Festival traten die folgenden Bands auf: Blaas of Glory, In Dreams of Reality, My Mercy Machine, Spite Fuel, Winterstorm und Battle Beast.