Winnenden

Melik (3) aus Winnenden hat Leukämie: Familie kämpft - und ist dankbar für Hilfe

Melik
Melik (3) und sein Vater Serdar Kalyoncu aus Winnenden. Der Kleine ist an Leukämie erkrankt. © privat

Winnenden. Alles ist vorbereitet für Meliks erste Reise mit dem Flugzeug. Doch kurz vor dem Abflug in den langersehnten Türkei-Urlaub erhalten die Eltern des Dreijährigen eine schlimme Diagnose: Melik ist an Leukämie erkrankt. Für den kleinen Wirbelwind aus Winnenden heißt es jetzt: Chemotherapie und Kortisontabletten statt Urlaubsspaß - eine langwierige Therapie beginnt. Doch Vater Serdar Kalyoncu (36) bleibt positiv - und ist voller Dankbarkeit für die Unterstützung, die seiner Familie in diesen Tagen zuteilwird. Ein Freund seit Kindheitstagen, Marco Cristaldi, hat auf der Plattform „Gofundme“ („Diagnose Leukämie für drei Jahre alten Melik“) eine Spendenaktion gestartet und so in kürzester Zeit ein finanzielles Sicherheitsnetz gespannt.

Denn sowohl Serdar Kalyoncu als auch seine Frau Dilruba, die beide eigentlich erwerbstätig sind, wollen aktuell voll für Melik (und auch füreinander) da sein. Der Paketzusteller ist vorübergehend krankgeschrieben, die Postmitarbeiterin muss ihre Nachtschichten ebenfalls sausen lassen. Wie sich die Situation beruflich entwickelt? Steht in den Sternen. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt Serdar Kalyoncu. Nach Prognosen der Ärzte wird Meliks Therapie insgesamt rund zwei Jahre in Anspruch nehmen. Durch die Spendenaktion sind in wenigen Tagen schon fast 18.000 Euro von fast 500 Spendern zusammengekommen.

Der Zuspruch ist dem Vater wichtiger als das Geld

Vater Serdar Kalyoncu ist von der Unterstützung seines Freundes gerührt - und will über unsere Redaktion allen danken, die sich bislang beteiligt haben: Freunde, Familie, aber auch hilfsbereite Wildfremde. „Mir geht’s nicht ums Geld“, sagt er, „aber ich sehe die Anzahl der Spender und bin einfach nur dankbar“. Wobei auch klar ist: Die finanzielle Unterstützung gibt in unsicheren Zeiten Sicherheit.

Zudem wirke sich die große Hilfsbereitschaft positiv auf die Genesung des kleinen Melik aus, glaubt der 36-Jährige. Denn: Was den Eltern ein Lächeln ins Gesicht zaubert, hilft ihnen dabei, positiv und optimistisch zu bleiben. Und das wiederum überträgt sich auf den Kampfgeist des kleinen Patienten. „Kinder suchen ein strahlendes Gesicht in solchen Momenten. Mutter und Vater sind die einzige Stütze“, sagt der Vater. Zum Glück seien die Ärzte am Olga-Hospital, wo Melik behandelt wird, sehr zuversichtlich, dass der Dreijährige wieder ganz gesund wird. Die Heilungschancen bei Kindern mit Leukämie stehen heutzutage gut. Trotzdem ist die Situation eine Belastung für die kleine Familie - ihre Welt steht seit wenigen Wochen Kopf.

Blaue Flecken und Schlappheit - die Tante erkennt Alarmsignale

Als Melik im Februar 2022 in Winnenden zur Welt kam, ging für seinen Vater ein Lebenstraum in Erfüllung: „Es war wie in einem Film, wenn die Szene von Schwarz-weiß auf Farbe wechselt“, erinnert sich der Winnender. Melik war kerngesund, entwickelte sich prächtig. „Bei ihm gab’s keinen Stopp, keine Müdigkeit, nichts, er ist immer voll aktiv gewesen“, erzählt der Vater. Verwandte hätten sich an ihn, Serdar, als kleinen Jungen erinnert gefühlt: Stets mit dem Kopf durch die Wand. Als Melik in den vergangenen Wochen immer wieder blaue Flecken aufwies und schlapp wirkte, schoben seine Eltern das zunächst auf Tollpatschigkeit im Kindergarten und die Sommerhitze.

Doch dann entdeckte Serdar Kalyoncus Schwester, die Krankenschwester ist, einen fast schwarzen Fleck an Meliks Hüfte. Sie riet: Bevor ihr fliegt, geht zum Kinderarzt und lasst das überprüfen! „Beim Kinderarzt wurde ein Blutbild gemacht. Zehn Minuten später hieß es, die Entzündungswerte seien zu hoch - Krankenhaus. Eine Stunde später hatten wir die Diagnose, dass er an Leukämie erkrankt ist“, sagt der 36-Jährige. „Krebs“ - nur dieses Wort schoss ihm in den Kopf. „Ich war erst einmal baff“. Doch rasch hätten die Ärzte den Eltern Mut gemacht. „Sie haben gesagt: ,Wir kriegen das hin. Wir sind für diesen Fall sehr gut aufgestellt und ausgestattet.’“

Der Dreijährige muss jeden zweiten Tag zur Chemotherapie

Zwei Wochen lang blieb Melik im Krankenhaus. Mit Kortisoninfusionen bekämpften die Ärzte die schädlichen Zellen in seinem Blut. Seit eineinhalb Wochen muss der Dreijährige nun jeden zweiten Tag nach Stuttgart zur Chemotherapie. Ihm wurde ein Port eingesetzt, damit es nicht jedes Mal piekst. Zuhause muss er Tabletten schlucken, Kortison und Antibiotika. Darauf hat er zwar keine Lust, aber es funktioniert schon irgendwie.

Was Melik mehr aufs Gemüt schlägt, ist die Isolation: Weil sein Immunsystem angegriffen ist, darf er nicht wie sonst in den Kindergarten und mit seinen Cousins spielen. „Wir haben uns distanziert und erleben quasi eine zweite Corona-Zeit“, sagt sein Vater. Allerdings hoffentlich nur, bis die Chemo-Infusionen überstanden sind. Die verträgt der Junge ganz gut, trotz der Nebenwirkungen, die sich zum Beispiel beim Gehen bemerkbar machen. Serdar Kalyoncu sagt: Das sind alles Anzeichen dafür, dass die Chemo gut angenommen wird. Dass der Körper kämpft.“ Nach einem halben Jahr wird, so der Plan, auf Behandlung mit Tabletten umgestellt.

„Familie ist das A und O. Wir halten zusammen!“

Melik meistert die Situation tapfer. Er weiß noch nicht, wie ihm geschieht. Seine Eltern beherzigen den Rat der Ärzte, sich mit Menschen, die ihnen nahe stehen, auszutauschen, sich helfen zu lassen, bloß nicht zu versuchen, ganz allein darüber hinwegzukommen. „Wenn man mit Freunden und Familie spricht, regeneriert man. Und kann dann mit voller Energie an die Sache rangehen“, sagt Serdar Kalyoncu. Er und seine beiden Geschwister hätten von ihrem Vater, einem klassischen Arbeiter, der in den 70er-Jahren aus der Türkei nach Deutschland kam, eines gelernt: „Familie ist das A und O. Wir halten zusammen!“

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