Nächtliche Reparaturarbeiten im Klärwerk
Leutenbach-Weiler zum Stein. Wie Sand in einer Sanduhr läuft das Becken mit mechanisch gereinigtem Abwasser voll. Die Zeit drängt. Nebenan sitzt im leergepumpten Belebungsbecken auf einer Hebebühne ein Arbeiter und schraubt eine Metallplatte vor ein Loch in der Wand. Damit die Reparatur im Abwasserklärwerk reibungslos verläuft, haben Mitarbeiter den Tag monatelang geplant.
Thomas Kühner atmet auf. Es ist 8.30 Uhr am Morgen. Zehn Minuten Pause. Ein Kaffee. „Für mich ist fast schon Mittag“, sagt der stellvertretende Betriebsleiter des Zweckverband-Abwasserklärwerks Buchenbachtal mit einem Augenzwinkern. Seit kurz nach Mitternacht ist er und viele andere auf der Anlage in Weiler zum Stein zugange. Das muss sein, denn nachts fällt am wenigsten Abwasser an.
„Man kann die Anlage nicht einfach stilllegen“
Grund für den Arbeitseinsatz sind kaputte Rohre im Belebungsbecken, wo Abwasser im Rahmen der biologischen Reinigung durch Mikroorganismen von Schmutzstoffen befreit wird. Ist ein Rohr defekt, ist das kein Problem. Das Becken wird abgelassen, die Wasserreinigung übernimmt solange das zweite Becken, der Betrieb läuft weiter.
Da beide Rohre kaputt sind, konnte man das Becken nicht leerpumpen. Abwasser wurde zwischen den Becken hin- und hergeschoben. Eine Reparatur ist so unmöglich. Zunächst war guter Rat teuer. Auf dem Klärwerk kommt permanent neues Abwasser aus Leutenbach sowie den Winnender Stadtteilen Birkmannsweiler, Hertmannsweiler, Baach und Höfen an. „Man kann die Anlage nicht einfach stilllegen“, sagt Kühner. Schließlich fand man zusammen mit dem Technischen Leiter des Zweckverbands, Klaus Hägele, eine Lösung.
„Den Luxus haben wir sonst nicht“
Gegen 1.30 Uhr also Startschuss. Ein Stromaggregat der Winnender Feuerwehr regelt die aufgestellte Beleuchtung. Ehrenamtliche des THW Backnang pumpen mit acht Pumpen die beiden Becken leer. Fünf Stunden brauchen sie für 3 800 000 Liter. Normalerweise lassen sie die Pumpen an Seilen hinab.
Hier hat die Arbeit einer der beiden Kräne übernommen, die am Dienstag auf dem Gelände aufgestellt wurden. Zwei Kranführer steuern sie. „Den Luxus haben wir sonst nicht“, sagt Benjamin Wieland, der beim THW Backnang Fachgruppenführer Wasserschaden/Pumpen ist. Er und seine Kameraden haben sich von ihrer Arbeitsstelle freistellen lassen.
Nichts wurde beschädigt
Unten am Grund des sechs Meter tiefen Belebungsbeckens verläuft eine Belüftungsanlage, welche den Mikroorganismen Luft zum Arbeiten gibt. Es ist phänomenal, wie präzise die Pumpen neben der Belüftungsanlage platziert wurden, so Kühner. Nichts wurde beschädigt. Keine Selbstverständlichkeit, wenn man bedenkt, dass man im Belebtschlamm nicht einmal die Hand vor Augen sehen würde.
Der Schlamm samt Mikroorganismen wurde im Nachklärbecken zwischengelagert. „Das ist gut so“, sagt Thomas Kühner, „so kann der Betrieb rasch wieder aufgenommen werden.“ Das Zurückpumpen übernimmt die eigene Pumpanlage, wie sie es sonst auch tut.
Kran hebt rostübersäte Stahlrohre aus dem Becken
Während ein Kran die Hebebühne steuert, von welcher aus Arbeiter ihre Arbeit verrichten, ist der zweite Kran für den Transport zuständig. Er hebt das alte Stahlrohr, das von Rostlöchern übersät ist, aus dem Becken. An der Stelle, wo es einst in der Wand verschwand, wird ein Pfropfen ins Loch gesetzt und mit einer Stahlplatte abgedichtet.
Die alten Rohre bleiben vorerst im Erdboden. „Der Aufwand wäre zu groß“, weiß Thomas Kühner. Die neuen Rohre aus rostfreiem Stahl verlaufen oberirdisch. So kann man sie leichter reparieren.
Kaum ist das neue Rohr angeschlossen, die letzte Schraube an der Stahlplatte im Becken festgezogen, dreht der Mitarbeiter, der eben noch im Beckeninnern gearbeitet hat, die Schleusen auf. Klärwerksmitarbeiter stoppen den Abwasserzulauf zum Speicherbecken, laufen geschäftig auf der Anlage - geschafft. Der Betrieb läuft wieder. Jetzt ist das zweite Becken dran.
Der Regenschauer
Tagelang haben die Mitarbeiter des Zweckverbands den Wetterbericht verfolgt. Damit die Reparatur reibungslos abläuft, wurde die Abwassermenge, die am Klärwerk ankommt, genau berechnet. Zusätzliches Regenwasser ist dabei unerwünscht. Hätte der Wetterbericht für Mittwoch Regen angesagt, wäre die Aktion verlegt worden. Denn die Speicherkapazitäten für sind begrenzt. Bis zu fünf Millionen Liter Abwasser (5000 Kubikmeter) wurden im Überlaufbecken im Kanal, in zwei Becken auf der Anlage sowie in dem früheren Klärschlammbecken zwischengespeichert. Als am Morgen kurz vor 6 Uhr ein heftiger Regenschauer einsetzte, ist allen Beteiligten der Atem gestockt. Nach 20 Minuten hörte der Regen auf - zum Glück!