Artenschutzgutachten: Ministerium weist Kritik zurück
Winterbach. Nach drei Monaten der Prüfung hat das baden-württembergische Umweltministerium auf die Kritik der Bürgerinitiative „Pro Schurwald“ geantwortet. Diese hatte gefordert, alle im Jahr 2016 erteilten Genehmigungen für Windräder – also auch für die am Goldboden – auszusetzen, weil die dazu vorgelegten Artenschutzgutachten mangelhaft seien. Das Umweltministerium sieht allerdings keine Probleme.
Bereits im Oktober 2017 hat die Bürgerinitiative „Pro Schurwald“ ans Umweltministerium geschrieben. Anlass war eine Presseerklärung der Naturschutzverbände Nabu, BUND und LNV, die Mängel an Artenschutz-Gutachten für Windparks in Baden-Württemberg beklagten. Der Vorwurf: Die Vorgaben der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) für solche Gutachten seien in großen Teilen missachtet worden. Und: Die Genehmigungsbehörden hätten geschlampt, weil sie den Bauherren wie der EnBW, die die Gutachten einreichten, diese Mängel durchgehen ließen.
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Landrat Sigel
Der Windpark Goldboden war nicht unter denen, die sich die Naturschutzverbände vornahmen. Doch „Pro Schurwald“ hat einen eigenen „Gutachten-Check“ in Auftrag gegeben und kam zu dem Schluss: Auch beim Goldboden seien wichtige Vorgaben der LUBW missachtet worden. Als Konsequenz reichte die Bürgerinitiative Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Landrat Richard Sigel ein und schrieb den besagten Brief ans Umweltministerium.
"Pro Schurwald": Genehmigungen sollten ausgesetzt werden
„Pro Schurwald“ ging dabei sogar noch einen Schritt weiter als die Naturschutzverbände. Diese forderten lediglich für die Zukunft Verbesserungen in den Genehmigungsprozessen. „Pro Schurwald“ verlangte darüber hinaus eine Aussetzung der für den Goldboden erteilten Genehmigung, die wegen der aufgezeigten Mängel in den Gutachten rechtswidrig sei. Ja, sogar alle im Jahr 2016 in Baden-Württemberg erteilten Genehmigungen für Windparks, so die Forderung gegenüber dem Umweltministerium, sollten ausgesetzt werden, bis die Sachverhalte geklärt seien.
Landratsamt: „Abweichungen in der Methodik sind erlaubt“
Das Umweltministerium kommt nun zu dem Schluss: Für eine Aussetzung der Genehmigungen bestehe keine Veranlassung. Und schreibt: „Ihre Feststellung, dass in Baden-Württemberg die Einhaltung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes nicht sichergestellt sei, können wir nicht nachvollziehen.“ In der „weit überwiegenden Zahl“ der Fälle seien die Vorgaben der LUBW beachtet worden. Außerdem hätten die Gutachten der Naturschutzverbände nur die methodischen Hinweise der LUBW betrachtet. „Die abschließende Bewertung der Untersuchungsergebnisse wurde dagegen nicht in den Blick genommen.“
Umweltamt kann Belastbarkeit eines Gutachtens sauber einschätzen
Das ist für Peter Zaar, den zuständigen Dezernatsleiter im Landratsamt des Rems-Murr-Kreises, ein entscheidender Punkt. Aus seiner Sicht sagt der einseitige Blick auf die LUBW-Hinweise nichts über die Arbeit der Behörden aus. Zudem meint Zaar: „Gutachten, die formale Abweichungen aufweisen, sind nicht zwingend unbrauchbar. Abweichungen in der Methodik sind erlaubt, wenn das Ergebnis die Fachleute überzeugt.“ Es handle sich bei der LUBW eben nicht um rechtsverbindliche Vorschriften, sondern um Hinweise. Es gebe verschiedene Wege zum Ziel und es sei entscheidend, ob ein Antragsteller die Fachleute in der Behörde mit seinem Weg überzeugen könne.
„Die hohe Fachlichkeit und jahrelange Erfahrung des Umweltamts, vor allem auch mit den konkreten Gegebenheiten im Rems-Murr-Kreis, gewährleisten, dass die Belastbarkeit eines Gutachtens sauber eingeschätzt werden kann“, sagt Peter Zaar. Vorwürfe, man habe zu lasch geprüft, weist er entschieden zurück.
Auch zum konkreten Fall des EnBW-Windparks am Goldboden schreibt das Umweltministerium: Von der Feststellung, dass die vorgelegten Gutachten von den methodischen Vorgaben der LUBW abweichen, lasse sich nicht schließen, dass die Genehmigung rechtswidrig wäre.
Bürgerinitiative: Kritik „in keinster Weise entkräftet“
Michael Haueis, Sprecher der Bürgerinitiative „Pro Schurwald“, ist nach eigener Aussage „nicht überrascht“ von der Antwort des Umweltministeriums. Er spricht von „Nebelkerzen“ und einer „Pseudo-Antwort“ und sagt: „Es wird konsequent an den gegebenen Sachverhalten vorbei argumentiert. Das Ministerium setzt sich mit unseren Argumenten gar nicht auseinander.“ Dadurch sei die Kritik „in keinster Weise entkräftet“. Es fehle ganze einfach die Datengrundlage für die Genehmigung der Windräder am Goldboden.
Kein Verstoß gegen Tötungsverbot
Letztendlich, so stellt auch Michael Haueis fest, gehe es um die Frage, wie verbindlich die Vorgaben der LUBW sind. „Das Schreiben des Umweltministeriums kann nur dahingehend interpretiert werden, dass diese lediglich empfehlenden Charakter – ohne jede Verbindlichkeit – haben.“ Die Bürgerinitiative sehe das jedoch anders.
Das Umweltministerium betont in seinem Schreiben außerdem: Das Landratsamt habe mit der Genehmigung Auflagen erteilt. Zum Beispiel dürften zum Schutz der Fledermäuse die Windräder am Goldboden in den ersten zwei Jahren nur mit Einschränkungen betrieben werden: in den Zeiträumen, in denen die Fledermäuse üblicherweise aktiv sind, nur bei Windgeschwindigkeiten von mehr als sechs Metern pro Sekunde und Temperaturen von weniger als zehn Grad. Bei diesen Bedingungen geht man davon aus, dass keine Fledermäuse fliegen. Außerdem, so das Ministerium, finde ein „Gondelmonitoring“ statt, das heißt, alle Fledermausaktivitäten in den ersten beiden Betriebsjahren werden aufgezeichnet, um die Abschaltzeiten entsprechend anpassen zu können. Damit sei „sichergestellt, dass es nicht zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot“ laut Bundesnaturschutzgesetz komme.
Windräder seit einigen Wochen in Betrieb
Die drei Windräder der EnBW am Goldboden haben Seit Ende Januar sind sie richtig in Betrieb und drehen sich bei ausreichenden Windgeschwindigkeiten.
Das heißt: Alle Systeme in den Anlagen mit 164 Metern Nabenhöhe und 131 Metern Rotordurchmesser sind mittlerweile voll funktionsfähig, so dass sie im Automatik-Betrieb und nur aus der Ferne überwacht arbeiten können. Die Windräder seien jedoch nach wie vor im Probebetrieb, so die EnBW. Die endgültige Abnahme werde erst erfolgen, wenn die Anlagen einige Wochen gelaufen sein.
Über die App „E-Cockpit“ der EnBW kann jeder live nachverfolgen, ob sich die Windräder gerade drehen.
Nicht mehr dargestellt ist derzeit der Energie-Ertrag, den sie liefern. Dazu sagt EnBW-Pressesprecherin Dagmar Jordan: Man habe gemerkt, dass die angezeigten Ertragswerte bei einigen Windparks nicht plausibel gewesen seien und nicht stimmen könnten. „Bis abschließend geklärt ist, dass wir die richtigen Daten haben, wurden diese vorsorglich rausgenommen“, so Jordan. Die anderen in der App angezeigten Werte wie Windgeschwindigkeit und Leistung seien stimmig.
Artenschutz-Auflagen
Das Landratsamt hat zum Thema Artenschutz für den Windpark Goldboden verschiedene Auflagen erteilt. Zum Beispiel dürften zum Schutz der Fledermäuse die Windräder in den ersten zwei Jahren nur mit Einschränkungen betrieben werden: in den Zeiträumen, in denen die Fledermäuse üblicherweise aktiv sind, nur bei Windgeschwindigkeiten von mehr als sechs Metern pro Sekunde und Temperaturen von weniger als zehn Grad. Bei diesen Bedingungen geht man davon aus, dass keine Fledermäuse unterwegs sind.
Außerdem, so betont auch das Umweltministerium, finde ein „Gondelmonitoring“ statt, das heißt, alle Fledermausaktivitäten in den ersten beiden Betriebsjahren werden aufgezeichnet, um die Abschaltzeiten entsprechend anpassen zu können. Damit sei „sichergestellt, so das Ministerium, dass es nicht zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot“ laut Bundesnaturschutzgesetz komme.