Toter Biber an der Rems in Winterbach gefunden: Was ist passiert?

Die Rems zwischen Winterbach und Remshalden ist ein Biberparadies. Im renaturierten Flussabschnitt fühlen sich die Tiere wohl, zahlreiche Nagespuren an Bäumen deuten darauf hin, dass sie sich dort niedergelassen haben. Fachleute raten deswegen Hundehaltern dringend, ihre Tiere an die Leine zu nehmen. Nach einem Artikel unserer Zeitung hat sich nun jedoch ein Angler gemeldet, der einen toten Biber an der Rems innerhalb von Winterbach gefunden hat. Was ist passiert? Ein Aufklärungsversuch mit Uwe Hiller vom Amt für Umweltschutz des Rems-Murr-Kreises.
„Für uns ist es immer interessant, herauszufinden, woran der Biber gestorben ist“, sagt Hiller, der im Kreis hauptamtlich für das Bibermanagement zuständig ist. Er ist deswegen auch nach Winterbach gefahren, als ihm die Meldung über den Fund zugetragen wurde. Tatsächlich konnte er den Kadaver nicht weit weg von der Struvebrücke entdecken. Er sei aber schon in einem starken Verwesungszustand und von Maden zerfressen gewesen, sagt er. Die Todesursache sei so nicht mehr festzustellen.
75 Zentimeter Länge von Kopf bis Schwanzansatz
Der Biber habe vom Kopf bis zum Schwanzansatz 75 Zentimeter gemessen, die sogenannte Kopf-Rumpf-Länge. Der Schwanz sei 35 Zentimeter lang. „Ein erwachsener Biber kann eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu einem Meter haben“, sagt Uwe Hiller. Er konnte außerdem feststellen, dass ein Zahn komplett fehlte und einer abgebrochen war. Es handle sich also um ein ausgewachsenes oder fast ausgewachsenes Tier, vermutlich also zwei oder drei Jahre alt. Die Lebenserwartung der Tiere liege durchschnittlich bei acht Jahren. „Für ein Nagetier ist das sehr hoch.“
Früher habe man bei solchen Funden den Kadaver im Labor untersucht. „Das wird aber heute nicht mehr gemacht, dafür gibt es zu viele Totfunde von Bibern“, sagt Uwe Hiller. Seit sich die Nager zunehmend auch wieder in Baden-Württemberg verbreitet haben, kommt es auch zwangsläufig häufiger vor, dass tote Tiere irgendwo auftauchen. Seit vor etwa acht Jahren im Rems-Murr-Kreis die ersten einzelnen Biber gesehen worden seien, seien fünf oder sechs Totfunde gemeldet worden, so Hiller. Wegen des Verwesungszustands des in Winterbach gefundenen Tiers kann Uwe Hiller ohne weitere Untersuchungen über die Todesursache nur spekulieren. Verschiedene Möglichkeiten kommen infrage.
„Die häufigste Todesursache bei Wildtieren sind bei uns die Verkehrsunfälle“, sagt Uwe Hiller. Das könne man im Fall des toten Bibers aber „fast ausschließen“, weil keine Straße in direkter Nähe sei.
Tötung eines Bibers "schweres Vergehen"
Der Bibermanager schließt auch aus, dass ein Jäger den Nager getötet hat. Tatsächlich gab es 2021 gar nicht weit entfernt einen Vorfall, als bei einer Entenjagd an der Rems ein Schuss fehlging und einen Mitarbeiter einer angrenzenden Firma traf. Aber Uwe Hiller ist sich sicher: Ein Jäger würde nie auf einen Biber schießen. Da die Tiere unter Naturschutz stehen, wäre das „schon ein schweres Vergehen“, sagt er, das sei dann keine Ordnungswidrigkeit mehr, sondern eine Straftat.
Als Todesursache denkbar sind Krankheiten. Es gebe Darm- und Lungenerkrankungen bei Bibern, sagt Uwe Hiller. Gerade Jungtiere seien teilweise empfindlich. Für sie ist auch Hochwasser eine Gefahr. In dem Zeitraum, in dem der Angler den Biber wahrgenommen hat, habe es aber keines gegeben.
Natürliche Feinde hat der Biber so gut wie keine. „Es kann bei Jungtieren mal sein, dass ein Fuchs sie aus dem Bau holt oder sie erwischt“, sagt Uwe Hiller. Ein Uhu käme auch infrage. Einem ausgewachsenen Biber kann aber eigentlich kein anderes Tier was. Schon allein durch ihre Größe, aber auch wegen ihrer extrem scharfen Zähne. „Die sind recht wehrhaft“ sagt Uwe Hiller. Deswegen hält er es auch für fast ausgeschlossen, dass ein Hund einen Biber erwischt. Es gebe Videos von Biber-Hund-Begegnungen, auf denen man sehen könne, wie die Nager sich verteidigen. Deswegen ist der Rat an Hundehalter, ihre Tiere in Bereichen, in denen Biber leben, an die Leine zu nehmen, vor allem auch einer zum Schutz der Hunde.
Blutige Revierkämpfe zwischen Bibern
Tödlich ausgehen könne allerdings ein Kampf zwischen Bibern. „Wenn es Revierkämpfe gibt, können sie sich ganz schön verbeißen“, sagt Uwe Hiller. Zwar sei es dann nicht so, dass die Verletzungen direkt zum Tod führen würden, aber es komme dann zu Infektionen der Wunden.
Könnte der Biber den Zahn auch in einem solchen Kampf verloren beziehungsweise sich einen zweiten abgebrochen haben? „Eigentlich nicht“, meint Uwe Hiller.
Der Todesfall ändert für den Experten auf jeden Fall nichts daran, dass die Rems bei Winterbach von Bibern bevölkert ist. Er geht davon aus, dass im Bereich des renaturierten Abschnitts zwischen Winterbach und Remshalden mehrere leben. „Ein Familienverband besteht meist aus vier bis fünf Tieren“, sagt er. Und selbst, wenn ein Revier dann doch wieder verwaist sei, bleibe es das nicht lang, wenn die Bedingungen dort stimmen. „Das wird relativ schnell wieder besetzt von anderen Bibern.“
An der Rems im Kreis gebe es inzwischen mehrere Stellen, in Beinstein an der Geheimen Mühle zum Beispiel, wahrscheinlich auch in Waiblingen, sagt der Bibermanager.
Biber mitten in Schorndorf gesehen
„Ich habe tatsächlich auch schon einen Biber mitten in Schorndorf gesehen. Der hatte sich gerade einen Apfel geschnappt und ist mit ihm davongeschwommen.“ Generell ernähren sich Biber von krautigem Pflanzenmaterial, von Rinde, Blättern und Knospen. Aber im Sommer würden sie sich auch gerne Äpfel oder Karotten als Delikatesse holen, wenn sie herankämen, sagt Uwe Hiller.
Was ist das richtige Vorgehen, wenn man einen toten Biber findet?
Wer auf einen toten Biber stößt, sollte den Fund der Naturschutzbehörde im Landratsamt melden. Dazu kann man im Amt für Umweltschutz unter 0 71 51/5 01 22 54 anrufen oder eine E-Mail an umweltschutz@rems-murr-kreis.de schreiben.
Uwe Hiller weist in dem Zusammenhang auch noch darauf hin, dass es bei einer so streng geschützten Tierart wie den Bibern verboten ist, Teile von ihnen mitzunehmen, die man findet. Man darf also nicht einfach den charakteristischen Biberschwanz oder einen Schädel mit nach Hause nehmen.