Bas Kast: Ist der "Kompass für die Seele" so gut wie der "Ernährungskompass"?
Was zeichnet gute Ratgeber-Bücher aus? Drei Dinge: verständliche Texte, alltagstaugliche Tipps und eine hohe Wirksamkeit. Das ist der Grund, warum der Wissenschafts-Journalist Bas Kast mit dem „Ernährungskompass“ ein Mega-Besteller auf dem Büchermarkt gelungen ist. Das ist inzwischen fünf Jahre her. Jetzt veröffentlicht er einen "Kompass für die Seele". Ist das neue Buch genauso gut wie der „Ernährungskompass“?
Seine Botschaft im "Ernährungskompass" war: Jeder kann sein Essen und damit auch sein Leben verändern. Sein Buch sollte eine Schneise durch die vielen Ernährungs-Ratgeber und Studien schlagen. Und Bas Kast schafft es immer wieder, die schiere Menge an Informationen auf wenige Grundregeln zu reduzieren.
Die Grundregeln für gesundes Essen
- Mehr Pflanzliches essen, weniger Tierisches.
- Lieber Fisch statt Fleisch.
- Fettreicher essen: Leinsamen, Nüsse, Avocado, Olivenöl oder fetten Fisch.
- Auf Zucker, Chips, industrielle Transfette und Kohlenhydrate verzichten.
- Auf Eiweiß-Produkte setzen.
- Zwischen 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends essen, danach nicht mehr.
Ich halte mich bis heute an diese Regeln oder versuche es zumindest. Und ich kann sagen: Es funktioniert auf Dauer.
Wie denkt man positiv?
Innere Unruhe, Gedanken, die den Kopf blockieren, Schlaflosigkeit, fehlender Antrieb, vielleicht sogar Depression: Die schlechten Gefühle kommen immer wieder, teilweise überwältigen sie uns. Wie kann man sich gegen inneren Stimmen zur Wehr setzen, wie wird man gelassener? Dazu gibt es Unmenge an Ratgeber. Jetzt kommt Bas Kast mit dem „Kompass für die Seele“.
Der neue Kompass ist genauso aufgemacht wie das Ernährungsbuch. Es ist der gleiche Ansatz: komplexe Zusammenhänge erklären und alltagsnahe Tipps zu geben, ohne in einer Fülle von Ratschlägen zu ertrinken.
Es ist aber viel schwieriger, die eigene Unruhe zu besiegen als abzunehmen. Deshalb ist die Spannbreite des neuen Buches viel weiter. Es reicht von der Ernährung bis hin zu Psycho-Drogen.
Die Gedanken kreisen unentwegt um das gleiche Problem
Im Kern geht es darum, sich nicht von den eigenen Gedanken überwältigen zu lassen. Das passiert in harmloser Form, etwa wenn die innere Stimme eine alltägliche Auseinandersetzung noch einmal nachspielt und einem scheinbar bessere Argumente gibt. Schlimmer wird es, wenn die Gedanken immer wieder um das Gleiche kreisen und man nicht zur Ruhe kommt oder keinen Schlaf findet. Aus andauernden schlechten Gefühlen kann es zur Depression und Antriebslosigkeit kommen.
Es gibt immer wieder neue Konzepte gegen den Stress und es gibt einen enormen Aufklärungs- und Hilfsbedarf. Ein wichtiger Schlüssel zur inneren Stärke ist, eine Distanz zu den eigenen Gedanken aufzubauen und sich dadurch von der inneren Stimme nicht niederdrücken zu lassen. Das kann man trainieren und sein eigenes Gehirn aktiv beeinflussen.
Bas Kast bewegt sich zunächst auf sicherem Gelände. Zu Beginn geht es um Nahrung für die Seele. Denn gutes Essen schafft gute Laune. Und mediterranes Essen wirkt gegen Depressionen, sagt Bas Kast. Wahre Wunder wirken auch Omega-3-Fettsäuren, die sich in fettreichem Fisch wie Lachs, Hering, Makrele, Sardine oder Forelle finden. Auch Leinöl ist eine gute Quelle, am besten kombiniert mit Kräuterquark.

Tipps vom Sport bis zur kalten Dusche
Es gibt einen schönen Satz im Buch: „Don´t wish for less problems, wish for more skills.“ Wünschen Sie sich nicht weniger Probleme, sondern mehr Kompetenzen. Dazu gehört etwa Sport, am besten im Team. Wer regelmäßig Sport treibt, bleibt geistig beweglicher und kann besser mit negativen Gefühlen umgehen. Bas Kast erklärt dazu genau, was im Gehirn mit Sport besser läuft.
Wer viel Stress erlebt, sollte nicht zu viel auf dem Sofa liegen. Um Stress zu bestehen, müssen wir öfter unseren Körper stressen. Bas Kast schreibt über die positiven Effekte von Fasten, kalten Duschen und Sauna.
Er empfiehlt außerdem feste Schlafroutinen, Waldbaden und entspannende Musik. Das ist nicht neu, aber wirksam.
Ratschläge für die Meditation
Meditation ist einfach und doch so schwer. Setzen Sie sich bequem hin und richten Sie ihre Aufmerksamkeit auf die Atemzüge. Wenn die Gedanken abschweifen, konzentrieren Sie sich erneut auf den Atem. Mit so einer einfachen Übung fängt es an.
Wer es ausprobiert, wird schnell feststellen, es ist einfacher gesagt als getan. Es ist schwer, die notwendige Ruhe zu finden und sich zu konzentrieren. Außerdem wirkt das alles zu Beginn banal und scheinbar wirkungslos. Aber das ist der Anfang, um das eigene Bewusstsein von der ewigen Ruhelosigkeit und den Gedankenketten zu lösen.
Meditation kann man in seinen Alltag integrieren. Bast Kast konzentriert sich auf zwei Übungen im Buch. Außerdem kann man unterstützend Apps wie Headspace oder Balloon benutzen. Der Weg zur Gelassenheit führt auch über das Handy. Hier gilt: ausprobieren und dranbleiben, selbst wenn sich der Sinn auf Anhieb nicht erschließt. Effekte stellen sich erst nach längerem Training ein.
Bas Kast probiert Psychodrogen aus
Es gibt ein Thema im Buch, das findet sich in anderen Ratgebern nicht. Es kommt zum Schluss und ist das längste Kapital im „Kompass für die Seele“: Psychodrogen. Bas Kast hat sie ausprobiert.
Der Hintergrund dafür: In der Psychiatrie wird wieder über den Einsatz von Psychodrogen diskutiert – und zwar als Medikament gegen schwere Depressionen oder in der Traumabehandlung. Es gibt inzwischen Studien aus den USA dazu. MDMA, auch als Partydroge Ecstasy bekannt, wird bei der Therapie von Vergewaltigungsopfern und vom Krieg traumatisierten Soldaten eingesetzt. Nicht auf Dauer, sondern nur kurzzeitig. Bas Kast schreibt, dass die MDMA in den USA kurz vor der Zulassung als Medizin bei der Therapie gegen Posttraumatische Belastungsstörungen stehen.
Auch in Deutschland laufen wissenschaftliche Studien über die Wirkung dieser Stoffe. Neben MDMA gehören dazu Ketamin oder Psilocybin, das aus Pilzen gewonnen wird. Psilocybin soll vor allem gegen Depressionen helfen. Die Psychedelika sind nur ein kleiner Teil einer Therapie. Die Drogen sollen dabei helfen, aus den starren Gedankenkreisen auszubrechen, flexibler zu werden und sich mit seiner Biografie auseinanderzusetzen.
Bas Kast hat Psychedelika selbst ausprobiert und schreibt sehr offen über seine Erfahrungen. „Schon eine einzige psychedelische Sitzung kann von der Wirkung her so umwälzend sein wie eine langjährige Psychotherapie.“ Dass diese Erfahrung den Leserinnen und Lesern wirklich weiterhilft, glaube ich nicht. Denn die Stoffe sind in Deutschland nicht zugelassen und der Zugang zu wissenschaftlichen Studien ist beschränkt. Und auf eigene Faust sollte man Psychedelika nicht ausprobieren, auch dazu rät Bas Kast.
Leinöl wirkt auch
Ich bin ein paar Nummern kleiner nach der Lektüre des Buches eingestiegen und habe mir Leinöl gekauft. Ich mache jetzt mehr Sport mit Trainingsrad und Rudergerät. Ich habe feste Schlafzeiten in meinem Handy eingestellt und bekomme jede Nacht eine Erinnerung. Das hilft tatsächlich. Mit der Meditation kämpfe ich noch. Und es gibt noch einen Tipp, um positiver zu denken: Schreiben Sie sich jeden Tag drei Dinge auf, die gut waren.
Ansonst gilt, was Bas Kast geschrieben hat: „Mach das, was ich jetzt auch mache – eine Pause. Klapp das Buch zu, dreh eine Runde und kehre dann mit etwas mehr Lebenslust zurück.“