Ein Sinnbild der Schönheit
Es ist nicht das erste Mal, dass Disney in einer Realverfilmung eines Trickfilm-Klassikers auf eine Besetzung anderer ethnischer Zugehörigkeit setzt, als es die Fans erwarten. Bereits bei „Arielle, die Meerjungfrau“ sorgte die Vergabe der Rolle an eine dunkelhäutige Schauspielerin für Schmähung. So auch bei „Schneewittchen“, wobei ein Umdenken gerade hier besonders wichtig ist.
Gespielt wird die Figur von Rachel Zegler, Tochter einer kolumbianischen Mutter und eines amerikanisch-polnischen Vaters. Man kennt sie vor allem aus der 2021 erschienenen Adaption von „West Side Story“, worin sie – erkoren von Steven Spielberg – „Maria“ spielt, ein Mädchen puerto-ricanischer Herkunft. Dass jene Hautfarbe, dieser Teint, nun auf ein „Schneewittchen“ passen soll, eben daran scheiden sich inzwischen die Geister.
Schon Monate bevor die Realverfilmung im März 2025 bei uns zu sehen sein wird, hagelt es Kritik. Neben manch berechtigtem Denkanstoß – „Game of Thrones“-Star Peter Dinklage hat die Darstellung von Zwergen in der heutigen Zeit kritisch infrage gestellt – gibt es auch viele Stimmen, die sich am Aussehen Schneewittchens stören. Das am häufigsten vorgebrachte Argument: Die Gebrüder Grimm hätten das Aussehen des Mädchens ganz klar beschrieben: „Die Haut weiß wie Schnee, die Lippen rot wie Blut, das Haar schwarz wie Ebenholz.“
Dabei bleiben jedoch entscheidende Faktoren unberücksichtigt. Zuvorderst: Die Gebrüder Grimm sind nicht die Autoren der Geschichte, sondern haben dieses Volksmärchen – wie viele andere – aus mündlicher Überlieferung heraus in Schriftform verewigt. Sie waren Germanisten, haben also vorwiegend hiesige Märchen – mit entsprechender Prägung der Figuren – gesammelt. Dass nun ein mitteleuropäisches weibliches Schönheitsideal im 19. Jahrhundert so erzählt würde, ist erwartbar.
Entscheidend ist also nicht die Beschreibung an sich, sondern wofür sie im Märchen steht: Schönheit! Mit der Besetzung des Schneewittchen stellt Disney klar: Schönheit ist nicht gebunden an ein Ideal vergangener Zeiten – so wie man auch schon bei „Arielle“ Meerjungfrauen vieler verschiedener Ethnien zeigte. Übrigens: In dem Märchen gibt es nur eine einzige Figur, die völlig versessen ist auf Äußerlichkeiten. Identifizieren sich da womöglich Lästernde noch viel eher mit der bösen Königin?
Freundliche Grüße! Ihr„Spieglein“ Mathias Schwappach