Orchestrierte Ticket-Schlacht
Ich habe für den Eintrittskarten-Kauf schon vieles mitgemacht: Ich stand morgens vor Ticketschaltern Schlange; habe mir Nächte um die Ohren gehauen, um Punkt 0 Uhr im Vorverkauf Wacken-Tickets zu ergattern; virtuelle Warteschlangen diverser Ticketanbieter erkenne ich an der Farbe. Was aber vergangene Woche für Tickets der „Linkin Park“-Tour ablief, war ein neues Level.
Insgesamt ist das vielgleisige Comeback um Album, Tour und weitere Projekte der Band von Marketing und Effizienz her optimal orchestriert. Los ging’s montags mit dem Ticketverkauf für Mitglieder des Fanclubs: Jene mussten vorab eine Mitgliedschaft erwerben und erhielten einen Code für den „Presale“. Ebenso sollten dienstags Käufer von Fanartikeln im Web-Shop der Band zum Zuge kommen. Mittwochs Kunden der Telekom, donnerstags war der Haupt-Ticketanbieter dran, freitags jener für Deutschland. Die Verkaufswellen sollten der Ansturm auf Tickets etwas kanalisieren – zumindest in der Theorie.
In der Realität sah es so aus, dass bereits in den Wellen der Ansturm so groß war, dass alle Kontingente binnen Minuten vergriffen waren und Server in die Knie gingen. Die technische Umsetzung hinkte der Strategie leicht hinterher: Wer nicht täglich vorm Computer zittern konnte, musste sich die „Jagd“ mit Freunden zu teilen, auf zig Geräten, Plattformen und Accounts. Wer endlich im Shop angelangt war, glücklich Tickets im Warenkorb hatte, musste schnell sein. Und sofern das System nicht genau dann abschmierte – was leider oft geschah – war man dann frühestens bei der Bestellbestätigung sicher.
Wie der Hype angefeuert wurde, sucht freilich seinesgleichen: Einem einzelnen Konzert in Hamburg folgte das neue Album in zig fancy Tonträger- und Farbvariationen, dann die neue Tour, mit ihr die Limitierung. Wer mit einem Ticket rauskam, musste sich fühlen, wie nach einer siegreichen Schlacht. Alles wurde dafür in Timing und Information äußerst präzise geplant und ausgespielt. Das nun sichtbare „Sold out!“ war in Rekordzeit realisiert.
Wer leer ausgegangen ist, sei getröstet: Die kommen wieder! Wer so seinen Claim absteckt wie „Linkin Park“, ist gekommen, um zu bleiben. Hier noch ein Rat ans Band-Management: Ein Strategie-Webinar zu dem Thema „Wie man Welttourneen effizient ausverkauft“ fände in der Branche bestimmt zahlungswillige Interessenten.
Viele Spaß beim Konzert! Ihr Mathias Schwappach