Daniel E. bricht Schweigen - Staatsanwältin fordert lebenslänglich
Backnang/Stuttgart. Die Darstellungen könnten unterschiedlicher kaum sein. Während der angeklagte Daniel E. sich als Opfer voreingenommener Ermittlungsarbeit präsentierte, beschuldigte ihn die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer des Mordes aus niederen Beweggründen.
Am achten Verhandlungstag im Mordfall Katharina K. brach der 25-jährige Beschuldigte sein Schweigen und verlas eine 65-seitige, selbst verfasste Erklärung. Wer jedoch auf ein Schuldeingeständnis gehofft hatte, wurde enttäuscht. Ursprünglich habe er gar nichts sagen wollen, gab Daniel E. an. Denn wenn er Angaben mache, müsse er „ganz die Hosen runterlassen“ und auch seine ehemalige Lebenspartnerin belasten. Das habe er nicht gewollt. „Aber hier wurde ein Bild von mir vermittelt, das so einfach nicht stimmt.“ Die Beamten der Polizei seien von Anfang an voreingenommen gewesen, „es gab erhebliche Ermittlungsfehler“. Spuren am Brandort sowie an der Fundstelle der Leiche konnten niemandem zugeordnet werden. „Man kann schon fast von erwiesener Unschuld sprechen“, behauptete E. und prangerte an, dass in diese Richtung nicht weiter ermittelt worden sei.
Auch die männlichen Kontakte Katharina K.s, von denen mindestens einer der jungen Frau nachgestellt habe, hätten die Ermittler nicht eingehender überprüft. Seine ehemalige Partnerin stellte Daniel E. in der Folge denkbar nachteilig dar, ebenso wie deren Familie. Eltern und Geschwister hätten der jungen Frau nicht genug Zuneigung zuteilwerden lassen. Gleichzeitig hätten sie versucht, sich ständig in ihre Lebensführung einzumischen. Auf deren Wirken hin habe sie ihn auch wegen häuslicher Gewalt angezeigt – diese habe nie stattgefunden. Im Gegenteil: An seiner Seite sei Katharina K. aufgeblüht. Gleichzeitig sprach der Beschuldigte aber auch in aller Ausführlichkeit über die Depressionen, die seine damalige Freundin gehabt haben soll. Ihre Haushaltsführung habe gelitten, sie sei kaufsüchtig geworden.
„Unglaublich perfide Anschuldigungen“
Da er zu jener Zeit versucht habe, auf den richtigen Weg zu finden und seine Betrügereien zu reduzieren, sei er in seiner Arbeit als Kurierfahrer extrem gefordert gewesen. „Darunter litt unser Liebesleben.“ Er habe mit Katharina K. deshalb eine „offene Beziehung“ vereinbart, was sie auch ausgiebig genutzt habe. Diese Behauptung lieferte ihm sodann die Begründung, weshalb er sich in der Nacht nach Katharina K.s Verschwinden sowohl am Brandort als auch am Leichenfundort aufhielt. Dort, in der Abgeschiedenheit der Schrebergärten, habe sich Katharina K. mit anderen Männern getroffen. Er habe sie gesucht.
Die „unglaublich perfiden Anschuldigungen“, mit denen der Angeklagte „Dreck auf andere abwälzen“ wolle, empörten die Ankläger. Als „unglaubhaft“ und „teilweise gar hanebüchen“ bezeichnete Staatsanwältin Föll die Erklärungsversuche des Angeklagten. Es bestehe kein Zweifel daran, dass Daniel E. Katharina K. in der Nacht auf den 9. November 2017 in ihrer Wohnung in Backnang-Strümpfelbach getötet habe.
Mit seiner Erklärung habe Daniel E. laut Staatsanwältin gezeigt, was auch schon im Laufe der Verhandlung zutage getreten sei: Der Angeklagte habe zwei Gesichter und wisse diese gezielt einzusetzen. „Er versteht es gut, andere zu manipulieren.“ Wenn er sich auf die freundliche Art nicht durchsetzen kann, „wird er aufbrausend und Schwächeren gegenüber gewalttätig“.
„Er wollte Macht ausüben“
Das Motiv für die Tat sah Föll darin, dass Daniel E. den gemeinsamen Sohn, als dieser krank war, gegen den Rat der Ärzte aus dem Krankenhaus entlassen hatte und seine Ex-Freundin deshalb „extrem wütend“ geworden war. „Da war für Katharina K. das Maß voll“, sie habe ihm bis auf Weiteres den Umgang mit dem Kleinen verwehrt. Dem wollte sich Daniel E. demnach nicht unterordnen. „Das ist auch nicht seine Art“, erklärte die Staatsanwältin. „Es kam ihm darauf an, Macht auszuüben.“ Daraus ergebe sich, dass es sich nicht um ein Totschlagsdelikt handelte, sondern um Mord aus niederen Beweggründen. Daniel E. habe die junge Frau an jenem Abend zu Boden geschlagen und durch Erwürgen oder Erdrosseln getötet. „Er sah zu, wie Katharina K. langsam unter seinen Händen verstarb“, schilderte Föll. Nach der Tat habe er sich kaltblütig und strukturiert der Beseitigung der Leiche gewidmet. Er habe sie nicht nur fortgeschafft, sondern „ziemlich übel zugerichtet. Er hat sie behandelt wie Müll.“
DNA-Spur an der Plane
Wie unverfroren er gewesen sei, verdeutlichte die Anklägerin an einem Beispiel: Er „hat seinen Sohn umhergefahren, während dessen tote Mama hinten im Auto lag.“ Nicht nur belege das von GPS- und Handydaten erstellte Bewegungsprofil die Täterschaft des Angeklagten eindeutig, auch eine DNA-Spur an der Plane, in die die verkohlte Leiche gewickelt worden war, sowie die Fasern jener Plane an Daniel E.s Handschuhen seien klare Beweise.
Für die Staatsanwältin steht fest, dass sich „Herr E. wegen Mordes strafbar gemacht hat“. Sie beantragte auch, die besondere Schwere der Schuld festzustellen, denn „wir haben es hier nicht mit einem Durchschnittsfall zu tun“. Seine zahlreichen Vorstrafen ebenso wie sein kaltblütiges Verhalten nach der Tat sprächen gegen den Angeklagten.
Daniel E. habe mit dem Mord frühere Straftaten vertuschen wollen, befanden die Anwälte der Nebenklage. Sie brachten sogar noch das Mordmerkmal der Heimtücke vor. Dass in dem als hellhörig beschriebenen Haus in Backnang-Strümpfelbach niemand etwas von der Tat gehört hat, zeige, dass „Katharina K. keine Chance hatte, sich zu wehren“.
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