Daten zu den Holzstapel-Bränden - und was sie verraten
Seit fast zwei Monaten brennen im Rems-Murr-Kreis und Umgebung immer wieder Holzstapel. Die Polizei geht von einer Brandstiftungs-Serie aus. Wir haben Daten gesammelt - und sind dabei auf Muster gestoßen.
Am 24. Oktober nahm, soweit wir wissen, alles seinen Anfang. In Kernen brannte der erste Holzstapel. Unspektakulär, eigentlich kaum der Rede wert. Das änderte sich schnell. Stand heute (21.12., 13 Uhr) meldete die Polizei 21 Fälle von brennenden Holzstapeln in der Region. Mittlerweile wird regelmäßig nach dem oder den Verantwortlichen gefahndet. In Stuttgart wurde am Dienstag (18.12.) eine 36-Jährige festgenommen, allerdings im Zusammenhang mit brennenden Gartenhäusern in Wangen. Ob eine Verbindung zu den Holzstapel-Bränden besteht ist unklar.
Eine Menge Taten erzeugen eine Menge Daten. Daraus lassen sich im Idealfall Muster erkennen, die etwas über den oder die möglichen Täter verraten. Wir haben uns deshalb die bisherigen Brände einmal genauer angeschaut.
Wichtig zur Einordnung: Die Rückschlüsse beziehen sich immer auf die Annahme, dass es sich um ein- und denselben Täter handelt. Diese stützt sich wiederum auf die Hypothese eines Tatzusammenhangs, die von der Polizei geäußert wurde. Trotzdem sind natürlich auch andere Szenarien denkbar.
Auffällig sind zuallererst einmal die Schwankungen. Zwischen Hochphasen mit vielen Bränden gibt es immer wieder Wochen, in denen nur wenige gemeldet wurden. Allerdings gab es seit dem Beginn der Serie auch keine Woche ohne Brand.
Bemerkenswert ist auch, dass nach der Spitze in KW 44 (KW = Kalenderwoche) ein zweiwöchiger "Einbruch" der Zahlen folgt - denn am 4. November, dem letzten Tag von KW 44, fahndete die Polizei erstmals mit einem Hubschrauber.
Mittwoch, Donnerstag, Sonntag - an diesen Tagen häufen sich die Brände. Montag und Dienstag fallen dagegen stark ab. Eine Tendenz zur zweiten Wochenhälfte ist erkennbar, und könnte möglicherweise Rückschlüsse auf die Arbeitszeiten des Täters zulassen. Für sich genommen ist diese Tabelle aber nur bedingt aussagekräftig - viel interessanter sind dagegen die Uhrzeiten, zu denen die Brände gemeldet wurden:
Stolze zwei Drittel der Brände fanden zwischen 23 und 3 Uhr statt - also mitten in der Nacht. Nach 7 Uhr und vor 21 Uhr wurden überhaupt keine Brände gemeldet.
Der Täter hat geregelte Arbeitszeiten von morgens bis abends, zu denen er nicht einfach herumfahren und Holzstapel anzünden kann - könnte man meinen. Zwingend ist so eine These aber nicht, immerhin hat man auch bei Schichtarbeit mal Früh- und mal Spätdienst. Viel naheliegender ist im Zusammenhang mit den Uhrzeiten, dass der Täter im Schutz der Dunkelheit operieren möchte. Dann, wenn weniger Leute unterwegs sind, die ihn sehen könnten - vor allem auf den Grundstücken selbst. Diese Möglichkeit nannte LKA-Experte Andreas Tröster vor einigen Wochen im Gespräch mit unserer Zeitung.
Auch nicht zu unterschätzen, so Tröster: Bei Nacht, im Dunklen ist ein Feuer natürlich deutlich eindrucksvoller. Sollte es dem Täter um Aufmerksamkeit gehen, wäre die Wahl der Uhrzeiten auch so zu erklären.
Die örtlichen Zusammenhänge
In unserer interaktiven Übersichtskarte zeigen wir noch einmal, wo es wann in der Region gebrannt hat. Auf den klaren regionalen Bezug stützt sich die Tatzusammenhangs-Hypothese der Polizei, wobei Vorfälle in Esslingen und Stuttgart etwas aus dem Rahmen fallen. Darüber hinaus sticht die Tatsache ins Auge, dass es immer auf eher abgelegenen Grundstücken gebrannt hat. Dies spricht widerum mehr für ein nicht-erwischt-werden-Wollen als einer möglichen Suche nach Aufmerksamkeit - wobei sich die beiden Bedürfnisse natürlich nicht ausschließen.
Natürlich gibt es noch viele, viele weitere Möglichkeiten, die vorliegenden Daten zu lesen und zu interpretieren. Ohne konkretere Hinweise auf den oder die Täter lässt sich damit nur bedingt etwas anfangen. Dazu ist zu bedenken: Die Polizei kann natürlich bei laufender Ermittlung auch nicht mit jedem Detail an die Öffentlichkeit gehen. Fakt ist aber auch: Mit jeder weiteren Tat liefern der oder die Täter neue Informationen, die letztlich eine Festnahme wahrscheinlicher machen.
Übersicht: Unsere Berichterstattung zu den Holzstapel-Bränden
- 24.10.2018: Kernen: Holzlager in Brand geraten
- 27.10.2018: Kernen: Holzstapel in Brand gesetzt
- 01.11.2018: Kernen: Holzstapel in Flammen: Hoher Sachschaden
- 03.11.2018: Fellbach: Wieder Holzstoß angezündet
- 04.11.2018: Weinstadt/Fellbach: Erneut brennen Holzstapel: Kripo ermittelt
- 15.11.2018: Brandstiftung im Rems-Murr-Kreis: Feuerteufel schlägt neunmal zu
- 20.11.2018: Feuerwehr löscht brennenden Holzstoß
- 21.11.2018: Wieder brennen Holzstapel in der Region
- 22.11.2018: Brandstiftungs-Serie im Rems-Murr-Kreis
- 23.11.2018: Der nächste Holzstapel brennt - diesmal in Urbach
- 23.11.2018: Experten von LKA und Feuerwehr bewerten Vorfälle
- 28.11.2018: Schon wieder brennt ein Holzstapel im Kreis
- 29.11.2018: Brandstiftungen häufen sich in Baden-Württemberg
- 09.12.2018: Schon wieder! Holzverschlag in Flammen
- 10.12.2018: Weiterer Holzstapel-Brand
- 11.12.2018: Holzstapel brennt: Heute in Schwaikheim
- 12.12.2018: Zweiter Holzstapel-Brand in einer Nacht
- 15.12.2018: Wieder brennen Holzstapel
- 19.12.2018: Weiterer Holzstapelbrand - Fahndung mit Hubschrauber
- 20.12.2018: 36-Jährige mutmaßliche Brandstifterin festgenommen - Zusammenhang zu Holstapelbränden wird geprüft
- 21.12.2018: Daten zu den Holzstapelbränden - und was sie verraten
- 22.12.2018: Aichwald: Wieder Holzstapel in Brand gesetzt
- 28.12.2018: Nächtlicher Holzstapelbrand in Auenwald
- 28.12.2018: Holzstapelbrand in Stuttgart-Mühlhausen
- 29.12.2018: Plüderhausen: Holzstapel-Brandserie geht weiter
- 02.01.2019: Remseck: Mehrere Holzstapel in Brand gesetzt
- 02.01.2019: Weinstadt: Der nächste Holzstapel brennt - in Beutelsbach
- 04.01.2019: Winterbach: Erneut Holzstapel angezündet
- 09.01.2019: Ermittlungsgruppe soll Brandstifter finden