Rems-Murr-Kreis

Hochwasserhilfe für die Landwirtschaft: Wer sie im Rems-Murr-Kreis bekommen kann

Hochwasser Winterbach
Überflutete Felder Anfang Juni an der B29 bei Winterbach. © Benjamin Buettner

Unternehmen der Landwirtschaft, des Gartenbaus und der Fischerei in Baden-Württemberg, die unmittelbar durch das Hochwasser ab dem 30. Mai 2024 „erhebliche“ Flutschäden erlitten haben, können von nun an Anträge auf Hochwasserhilfe stellen, teilt das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit. So also auch von den Überflutungen Anfang Juni im Rems-Murr-Kreis betroffene Unternehmen.

Auf die Landwirte und das Landratsamt inklusive Landwirtschaftsamt im Rems-Murr-Kreis wird jede Menge Bürokratie zukommen. "Unser Landwirtschaftsamt ist in engem Austausch mit dem Ministerium und wir werden, sobald die Antragsformulare verfügbar sind, auch noch mal gesondert eine Handreichung für die Landwirte im Rems-Murr-Kreis herausgeben", sagt Martina Keck, Pressesprecherin des Landratsamtes. Anträge könnten dann "bis zum 30. September 2024 gestellt werden“, und: „Nur gravierende Schäden sind zuschussfähig“, teilt das Ministerium von Peter Hauk mit. In einer Pressemitteilung erläutert es das kommende Prozedere wie folgt.

Achtung: Die Antragsformulare sind noch nicht abrufbar und werden frühestens Anfang kommender Woche (12. bis 18. August) vom Ministerium zur Verfügung gestellt werden. Antragsteller müssen sich also noch etwas gedulden.

Hochwasser im Rems-Murr-Kreis: Welche Flutschäden sind ausgleichsfähig?

„Ausgleichsfähig sind Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen (Ernteverluste) sowie Schäden an Wirtschaftsgebäuden, Einrichtungen und Anlagen, landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten sowie am Tierbestand und an Lagerbeständen, soweit sie unmittelbar auf das Hochwasserereignis und damit zusammenhängende Ereignisse wie zum Beispiel Ab-, Anschwemmungen zurückzuführen sind.“ Dies umfasse auch als unmittelbare Folge der Naturkatastrophe notwendig gewordene Ausgaben wie Futterzukäufe in der Viehhaltung, Reparaturen einschließlich der Beräumung von Produktions- und Gebäudeflächen sowie der Instandsetzung von Versorgungswegen. Anteilig ausgleichsfähig seien auch die im Zusammenhang mit der Schadensermittlung anfallenden Ausgaben (Schätz- beziehungsweise Gutachterkosten).

Was ist ausgenommen von der Schadensbegleichung?

Das Ministerium betont aber auch: „Als Hochwasserschäden werden ausschließlich Schäden anerkannt, die nach der Definition in § 72 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) durch eine zeitlich beschränkte Überschwemmung von normalerweise nicht mit Wasser bedecktem Land, insbesondere durch oberirdische Gewässer oder durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser, verursacht wurden. Davon ausgenommen sind Überschwemmungen aus Abwasseranlagen. Druckwasser und hoher Grundwasserstand/Staunässe gehören nicht dazu!“

Durch Starkregen allein oder in Verbindung mit Sturm und/oder Hagel entstandene Schäden sind „ausdrücklich vom Schadensausgleich ausgeschlossen“.

Wer kann Fluthilfe im Rems-Murr-Kreis beantragen?

Ein Ausgleich werde Unternehmen gewährt, „deren Geschäftstätigkeit die Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse einschließlich Imkerei, Fischerei und Wanderschäferei umfasst. Die Pensionspferdehaltung wird der Primärerzeugung zugeordnet."

Wer bekommt keine Fluthilfe?

Keinen Ausgleich erhalten können:

  • Unternehmen, bei denen die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand mehr als 25 Prozent des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt,
  • Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Definition des EU-Agrarrahmens, außer die Schwierigkeiten sind auf das Hochwasser 2024 zurückzuführen sowie
  • eigenständige gewerbliche Unternehmen (zum Beispiel Biogasanlage, PV-Anlage); „ein Schadensausgleich für Schäden in diesen Unternehmen kann ausschließlich über die vom Innenministerium (IM) angebotene Landeshilfe beantragt werden“.

Wie wird der Schaden ermittelt?

„Die Einkommensverluste des Unternehmens werden für alle vom Hochwasser betroffenen Produktionsverfahren einzeln berechnet“, teilt das Ministerium mit. Bezugsgröße für die Hochwasserhilfe sei der jeweils betroffene Schlag (siehe FIONA, Flächeninformation und Online-Antrag).

„Die Ermittlung der Höhe des entstandenen Schadens muss durch eine Behörde (zum Beispiel Landwirtschaftsamt), einen von der zuständigen Bewilligungsbehörde (Landratsamt/Landwirtschaftsamt) anerkannten unabhängigen Sachverständigen (zum Beispiel Flurschadenschätzer des Berufsstandes) oder ein Versicherungsunternehmen erfolgen. Der Auftrag zur Schadensermittlung erfolgt durch das geschädigte Unternehmen.“

Aufwuchs- und Ernteschäden bei allen gängigen Kulturen werden ausschließlich über von der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) regional festgelegte Schadenspauschalen für konventionelle und ökologisch wirtschaftende Betriebe abgewickelt, teilt das Unternehmen mit.

Welche Schadstufen gibt es, wie wird der Schaden bemessen und wie und von wem ist der Schaden zu dokumentieren?

Der durch den Sachverständigen festgestellte Schädigungsgrad der betroffenen Fläche müsse einer der vier folgenden Schadstufen zugeordnet werden. Vier Schadstufen:

  • kleiner 50 Prozent: nicht ausgleichsberechtigt
  • 50 bis 74 Prozent: signifikant geschädigt
  • 75 bis 90 Prozent: stark geschädigt
  • 91 bis 100 Prozent: Totalschaden

Mit Hilfe des Schädigungsgrads und der Schadstufe werden dann die passenden Schadenspauschalen der LEL zur Berechnung der Schadenshöhe und der Entschädigung ausgewählt. Beim Grünland werde im Unterschied zum Acker immer – sofern ein Schädigungsgrad von mindestens 50 Prozent festgestellt wird – stets von einem Totalschaden (Schadstufe 4) des Schlags für den betroffenen Schnitt ausgegangen. Dazu sei die entsprechende Pauschale der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) auszuwählen.

„Die Pauschalen beinhalten bereits die jeweils aufgrund des Hochwassers nicht entstandenen Kosten. Zur Schadensdokumentation sind die zur Verfügung gestellten Formblätter zu verwenden. Eine aussagekräftige Schadensdokumentation mit dem Formblatt „Schadensfeststellung“, ergänzt -wenn möglich - durch Fotos, ist erforderlich.

„Bei Kulturen ohne Vorgaben der LEL und im Bereich der Fischerei wird der Schaden aus dem im vorangegangenen Dreijahreszeitraum durchschnittlich erzielten, belegten Naturalertrag oder der Dreijahresdurchschnitt auf der Grundlage des vorhergehenden Fünfjahreszeitraumes unter Ausschluss des höchsten und des niedrigsten Wertes errechnet. Vergangene Jahre, in denen ein außergewöhnliches Naturereignis auf der betroffenen Fläche stattfand, werden dabei übersprungen“, erläutert das Ministerium.

Für sonstige nachgewiesene Schäden gelte:

  • „Bei landwirtschaftlichen Vorräten und Betriebsmitteln werden hierzu die Einkaufspreise zugrunde gelegt.“
  • „Bei Tierverlusten berechnet sich der Schaden nach dem Marktwert.“
  • „Bei Schäden an Maschinen, Geräten und ähnlichen Einrichtungen werden die Kosten der Reparatur oder bei Totalschäden die Kosten der Ersatzbeschaffung auf Grundlage einer Rechnung, dabei maximal der Zeitwert, zugrunde gelegt.“
  • „Für die Wiederherstellung des früheren Zustandes von landwirtschaftlichen Grundstücken, Gebäuden, Wegen, Gewächshäusern und Teichen oder Becken sind die Kosten nach vorgelegten Rechnungen zugrunde zu legen. Die Berechnung von Sachschäden an Vermögenswerten erfolgt auf der Grundlage der Reparaturausgaben oder des wirtschaftlichen Wertes des betroffenen Vermögenswertes vor dem Hochwasserereignis, wobei die Reparaturkosten oder die Differenz zwischen dem Wert des Vermögensgegenstands vor und nach dem Hochwasserereignis (= Minderung des Marktwerts) nicht überschritten werden dürfen.“
  • „Schäden an Grundstücken werden nur berücksichtigt, soweit die Schadensbehebung zur Sicherung des Grundstücks oder seiner bisherigen Nutzung oder zur Wiederherstellung einer angemessenen Benutzbarkeit notwendig ist.“

In welcher Höhe erfolgt der Ausgleich im Rahmen der Fluthilfe?

„Der Ausgleich wird als nicht zurückzahlbarer Zuschuss gewährt“, teilt das Ministerium mit. Sofern die durch das Hochwasser entstandenen Schäden versicherbar gewesen wären, erfolgt ein anteiliger Ausgleich in Höhe von maximal 25 Prozent. Nur bei nachgewiesener Nicht-Versicherbarkeit werden bis zu 50 Prozent der Schäden ausgeglichen. Grundsätzlich nicht versicherbar sind hochwasserbedingte Aufwuchs- und Ernteschäden.

Mindestschaden und Ausgleichshöchstbetrag

Der Erhalt von Ausgleichszahlungen setze einen Mindestschaden von 5000 Euro voraus, schreibt das Ministerium. „Der Auszahlungshöchstbetrag beläuft sich auf 50.000 Euro. Der Erhalt des vollen ermittelten Ausgleichs steht unter dem Vorbehalt der verfügbaren Haushaltsmittel. Bei Überschreitung erfolgt eine anteilige Kürzung.“ Abgestellt werde jeweils auf Nettobeträge. Eingebrachte unbare Eigenleistung kann nicht berücksichtigt werden.

Wie funktioniert die Antragstellung?

Dazu teilt das Ministerium mit: „Die Antragsunterlagen können aus dem Internet (www.landwirtschaft-bw.info) ausgedruckt oder beim zuständigen Landratsamt (Landwirtschaftsamt) angefordert werden. Dort erhalten die Antragstellenden auch weitergehende Auskünfte. Der Antrag ist mit Anlagen und erforderlichen Unterlagen vollständig bis spätestens 30. September 2024 beim örtlich zuständigen Landratsamt (Landwirtschaftsamt) einzureichen“. Wichtig sei, dass in den Antragsunterlagen die Mitwirkung einer Behörde, eines unabhängigen Schadenschätzers beziehungsweise eines Versicherungsunternehmens bei der Schadensfeststellung dokumentiert ist.

Das Landratsamt/Landwirtschaftsamt prüfe die vollständigen Anträge und erlasse als Bewilligungsbehörde den Zuwendungsbescheid. „Die Bewilligung und Auszahlung erfolgt im Anschluss an den Antragszeitraum und nach Abschluss der erforderlichen Prüfungen“, so das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz.

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