Rems-Murr-Kreis

Was tun, wenn Wespen zur Plage werden

Wespe
Symbolfoto. © Pixabay (CC0 Creative Commons)

Waiblingen. Die Schädlingsbekämpfer haben alle Hände voll zu tun. So viele Anfragen können sie einfach nicht erfüllen. Das Klima war in diesem Jahr eben ideal für die Wespenköniginnen und ihr Volk. Naturschutzberater Dietmar Reiniger aus dem Landratsamt erklärt, was Sache ist, wenn die Wespen zur Plage werden. Die Fragen stellte unser Redaktionsmitglied Martin Winterling.


Herr Reiniger’, warum haben wir heuer eine solche Wespenplage?

Nach unseren Beobachtungen ist derzeit im Rems-Murr-Kreis keine außergewöhnliche Wespenentwicklung im Vergleich zu den Vorjahren zu erkennen. Eine objektive Betrachtung oder gar eine Belegung anhand von Zahlenwerten ist uns leider nicht möglich, daher kann sich in manchen Gegenden durchaus ein anderes Bild ergeben.

Wovon hängt es ab, wie viele Wespen herumschwirren?

Meist begrenzender Faktor für die Volkentwicklung – beginnend mit einer einzelnen Wespenkönigin - ist nach unserer Beobachtung die Witterung in der Übergangszeit vom Winter zum Frühjahr und die oft als „Schafskälte“ bezeichnete Zeit Anfang Juni. Ähnlich wie die Amphibien leiden die Wespenköniginnen unter einer frühen Wärmeperiode zum Anfang eines Jahres und einem darauffolgenden erneuten Kälteeinbruch. Sie erwachen früh aus ihrem frostfreien Winterquartier, zum Beispiel aus einem Mausloch, und fahren ihre Aktivitäten hoch, benötigen eiweißreiche Nahrung wie Insekten und „Flugbenzin“, also Kohlenhydrate oder Zucker. Werden die dann „aktivierten“ Königinnen von Spätfrösten oder längeren Kälteperioden überrascht, fallen sie häufig diesen Gegebenheiten entkräftet und verhungert zum Opfer. Ähnlich ist es in der Zeit ab Ende Mai, wenn die Königinnen mit mehreren Aufgaben am Limit ihrer Kräfte haushalten. Da muss Baumaterial, morsches oder modriges Holz, zusammengetragen werden, der Nest- und Wabenbau begonnen werden, Eier sind zu legen und die Fütterung der Larven muss erfolgen, bis der erste „Hofstaat“ selbstständig diese Aufgaben weiterverfolgt. In dieser Zeit sterben viele Königinnen bei längeren kühlen und feuchten Wetterperioden.

Wie soll ich mich verhalten, wenn in meiner Nähe, also am Balkon, auf der Terrasse oder unterm Dach, sich Wespen eingenistet haben?

Angst muss man nicht haben, aber ein respektvoller Umgang mit der Situation ist wichtig. Ein ausreichender Abstand zum Nest und insbesondere zum Einflugbereich ist einzuhalten. Der gut verteidigte Nahbereich beträgt meist zwei bis fünf Meter. Klopfen oder Poltern sollte unbedingt vermieden werden – dumpfe Schallwellen im direkten Nestumfeld, die sich auf das Nest übertragen, wenn zum Beispiel eine Holztür, die zufällt, auf den Boden gestampft wird, oder auch das Geräusch von Rasenmähern, lässt das Volk aufbrausen und Verteidigungsreaktionen sind die Folge.

Die am nächsten liegende Reaktion bei herumschwirrenden Wespen ist ja, mit den Händen oder einem sonstigen Gegenstand, notfalls der Kuchengabel, zu fuchteln. Nutzt das was?

Ruhe bewahren ist zwar das meistempfohlene Rezept, ist aber nicht immer ganz leicht durchzuhalten. Das Fuchteln ist wohl ein gut eingeprägtes Verhaltensmuster der Menschen beziehungsweise eine Abwehrreaktion, die immer wieder auftritt und die Wespen nicht gerade beruhigt. Sie fühlen sich dann bedroht und stechen zu. Die weit verbreiteten Verhaltensregeln für Süßspeisen, Eis, Getränke etc. sind natürlich immer sehr hilfreich, insbesondere für Kinder. Jeder Konflikt, der vermieden werden kann, erleichtert natürlich das Zusammenleben. Die Achtsamkeit beim Eisessen, oder wenn Süßgetränke oder Speisen auf dem Tisch stehen, sollte daher in den Sommertagen erhöht sein.

Wer von einer Wespe oder Hornisse gestochen wird, hat kein Verständnis, dass die Biester unter Naturschutz stehen. Warum eigentlich? Wozu sind die Biester nützlich?

Häufig gelten Insekten - allen voran die Wespen - als aufdringlich, lästig und gefährlich. Vorurteile sind erheblich weiter verbreitet als Kenntnisse über die besondere Lebensweise und ihre unersetzlich wertvolle Funktion im Naturhaushalt. Die zahlreichen Wespenarten leben oft ganz unterschiedlich und belegen daher auch ganz unterschiedliche ökologische Nischen. Den hohen Bedarf an Eiweißnahrung decken sie durch die Jagd auf andere Insekten. Da kommen schon beträchtliche Mengen an Insekten zusammen, die ein Volk über eine Saison erbeutet, und so kann auch einer Massenvermehrung dieser Beuteinsekten entgegengewirkt werden. Also eine „natürliche Schädlingsbekämpfung“, die beispielsweise auch zusätzlich land- und forstwirtschaftliche Schäden verhindern kann.

Darf ich selbst ein Nest zerstören?

Zunächst gilt das für die Wespen - wie auch für alle wildlebenden Tiere - geltende Störungs- und Tötungsverbot nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Und es ist verboten, wildlebende Tiere mutwillig zu beunruhigen, ohne vernünftigen Grund zu fangen oder zu töten. Grundsätzlich sollten daher Wespenvölker ungestört an ihrem ausgewählten Platz bleiben können und der Erhalt angestrebt werden. Das fällt einem natürlich leichter, wenn man weiß, dass Wespen nur Gäste für einen Sommer sind.

Kommen im nächsten Jahr die Wespen und Hornissen wieder ins selbe Nest?

Da die Völker im Herbst ihr Nest komplett verlassen und sich die solitär überwinternden Jungköniginnen im Folgejahr einen neuen Nistplatz suchen, ist die Angst vor einem „Dauermieter“ völlig unbegründet. Manchmal reicht schon diese Information, um ein Wespenvolk zu dulden - auch wenn dies uns manchmal etwas lästig werden kann.

Muss ich einen Antrag auf Beseitigung oder Umsiedelung eines Nestes stellen?

Wenn es einmal nicht anders geht, bleibt es jedem selbst überlassen, wie er mit dem Wespennest verfährt - eine Meldung beim Landratsamt ist nicht erforderlich und eine extra Genehmigung oder Befreiung durch die Naturschutzbehörde ist auch nicht notwendig. Bei den teilweise etwas aufdringlichen Wespenarten haben aber auch wir als Untere Naturschutzbehörde durchaus Verständnis, dass es im direkten Wohnumfeld zu Konflikten kommt und ein Wespennest nicht immer bis zum Herbst geduldet wird. Im Rollladenkasten des Kinderzimmers, im stark frequentierten Eingangsbereich oder auf Balkon und Terrasse. Da gibt es einfach Grenzen und der Artenschutz fordert auch nicht ein, dass man aus seiner Wohnung ausziehen muss.

Wer beseitigt die Nester?

Bei Wespenproblemen - sofern es wirklich nicht anders geht – kann unter Beachtung des allgemeinen Artenschutzes also jeder eigenverantwortlich handeln. Um eine erforderliche Entfernung muss sich jeder selbst kümmern. Wer möglichen Gefahren, also Stiche, Panikreaktionen, Stolpern etc., aus dem Weg gehen möchte, kann sich bei gewerblichen Insekten- beziehungsweise Schädlingsbekämpfern erkundigen.

*Dietmar Reiniger ist Naturschutzberater im Umweltschutzamt des Landratsamtes Rems-Murr.


Ein Wespenjahr

Wir haben ein Wespenjahr. Der frühe, warme Frühling und das herrliche Sommerwetter haben nicht nur zu einer Obstschwemme geführt, sondern auch den Wespenköniginnen beim Aufpäppeln ihres Hofstaates in die Hände gespielt. Die Wespen vermehren sich prächtig. Von einer Wespenplage will die Mitarbeiterin der Firma „Die Kammerjäger – Institut für Schädlingsbekämpfung“ in Althütte nicht sprechen. So ungewöhnlich sei ein Jahr wie dieses wiederum nicht. Es komme alle drei Jahre vor. Fakt ist: „Wir haben sehr viele Anfragen!“

Auch die Firma Brodt WHD Schädlingsbekämpfung in Fellbach kann sich vor Anfragen kaum retten – und nicht alle Kunden bedienen.