Trotz Dauerschmerzen im Fuß: Winterbacher Dreispringer macht weiter

Dreisprung ist technisch höchst anspruchsvoll und eine große Belastung für die Gelenke. Der Winterbacher Benjamin Gassioui kann davon ein Lied singen. Er ist erst 22 Jahre alt und kann ohne Schmerzen im Fuß kaum einen Wettkampf bestreiten. Warum bleibt der DM-Teilnehmer dennoch bei der Stange?
Gassiouis körperliche Voraussetzungen sind für einen Leistungssportler nicht ideal: „Meine Gelenke sind generell instabil.“ So habe er sich schon mehrere Bänderdehnungen zugezogen. Seit seiner Jugend laboriert der VfL-Athlet an schwerwiegenden Fußproblemen. Mit Folgen: „In den letzten sechs Jahren bin ich zweimal operiert worden.“
Die Schmerzen im Training und in Wettkämpfen führen dazu, dass Gassiouis Leistung seit einigen Jahren etwas stagniert. Weiten, die er momentan springe, habe er zum Teil schon in der Jugend geschafft, sagt der Lehramtsstudent. Talent hin, Talent her: Vielleicht wäre es besser, aufzuhören, statt sich ständig zu quälen ...
Austausch mit Dreisprung-Kollege Neim Nguemning vom VfL Waiblingen
Doch Benjamin Gassioui gibt nicht auf. Halt findet er in seinem Umfeld: „Mich motivieren hauptsächlich Trainingskameraden, die schon Verletzungen auskuriert haben.“ Im Austausch ist er auch mit Kader-Kollege Neim Nguemning.
Der Dreispringer vom VfL Waiblingen war in der Altersklasse U 18 Deutscher Meister geworden, bei der Europameisterschaft folgte Platz fünf. Doch dann warfen ihn Erkältungen und Verletzungen zurück. Negativer Höhepunkt: Riss der Achillessehne. Die Verletzungspause dauerte über zwei Jahre. Inzwischen ist Nguemning zurück und zeigt laut Gassioui schon wieder gute Leistungen.
Der Leidensweg verbindet die Athleten. „Man gibt sich gegenseitig Unterstützung. Und wir verstehen uns auch mal ohne Worte“, sagt Gassioui, der seinem Heimatverein VfL Winterbach bis auf einen einjährigen Aufenthalt in Köln und ein Intermezzo beim VfB Stuttgart stets treu geblieben ist.
In der Jugend war Gassioui zweimal Deutscher Vizemeister
Wie Nguemning hat er schon einige Erfolge gefeiert. Bei deutschen Jugendmeisterschaften holte Gassioui zweimal Silber und einmal Bronze, mit der Jugendnationalmannschaft nahm er an einem Länderkampf teil.
Eine große Stütze ist für den Dreispringer Bundestrainer Tamas Kiss: „Er glaubt an mich und sagt, mein Potenzial sei noch nicht ausgeschöpft.“ Gassiouis Bestleistung liegt bei 15,08 Metern. Durchaus zutrauen würde er es sich, mal die 16 Meter zu knacken. „Die Trainingsergebnisse sprechen dafür, und mit 22 bin ich noch jung.“
Er müsse seine Leistung aber nun auch in Wettkämpfen zeigen. „Mal schauen, wie es dieses Jahr läuft.“ Kann Gassioui ohne Schmerzen antreten, ist viel möglich. Dazu gehört eine gute Trainingssteuerung. In Absprache mit Trainer Kiss verzichtete er einen Monat lang komplett auf Sprünge, um den Fuß zu entlasten.
Training auf dem Parkplatz
Die Saisonvorbereitung sei trotz Corona gut gewesen, sagt Benjamin Gassioui. Als die Hallen auch für Kaderathleten geschlossen waren, „habe ich drei Monate komplett allein trainiert“. Weil der Dreispringer auf dem Engelberg wohnt, verlegte er seine Übungen mitunter auf den Parkplatz der nahen Waldorfschule. Ansonsten sei er viel im Wald unterwegs gewesen, so Gassioui.
Bei der deutschen Hallenmeisterschaft in Dortmund wurde der Winterbacher Achter. Die Weite von 14,53 Metern war für seine Ansprüche zu wenig. Doch irgendwann sollte sich Gassiouis Hartnäckigkeit auszahlen. Wenn er endlich mal mitspielt, der vermaledeite Fuß.