Stuttgart & Region

EM 2024 in Stuttgart: Unterwegs mit der Polizei beim Public Viewing

IMG_1266
Die Polizistinnen und Polizisten sorgen für Sicherheit bei der EM 2024. © Nina Förster

Das erste Public Viewing auf dem Schlossplatz in Stuttgart: Deutschland hat beim EM-Eröffnungsspiel gegen Schottland mit fünf zu eins gewonnen. Fußballfans haben sich aus allen Richtungen ihren Weg in die Stuttgarter Innenstadt gebahnt, wo sich die Fan-Zone befindet. Dort können bis zu 30.000 Besucherinnen und Besucher die EM-Spiele verfolgen. Eine Herausforderung für die Polizei Stuttgart, die derzeit mit zahlreichen Einsatzkräften dafür sorgt, dass die Großveranstaltungen sicher ablaufen. Hierfür ist das Event in bestimmte Zonen untergliedert, die von den Einsatzkräften zu Fuß und mit Fahrzeugen überwacht werden. Darunter sind auch Tobias Seel, Polizeihauptmeister, Moesha Owens, Polizeiobermeisterin, Kara Starke, Polizeioberkommissarin, und Stefan Birnbaum, Polizeihauptkommissar.

Ihre Route beginnt am Freitagabend (14.06.) an der Freitreppe am Kleinen Schlossplatz. „Da wird das erste Pyro gezündet“ – roter Rauch steigt neben den Königsbaupassagen auf, Tobias Seel und Moesha Owens laufen los. Dort, neben einem Bierstand, grölen sichtlich angetrunkene Fans die Nationalhymne. Die jungen Männer scheinen das Feuerwerk gezündet zu haben. Mit der Pyrotechnik ist das so eine Sache, sagt Tobias Seel, außer an Silvester sei das eigentlich nicht erlaubt. Zudem stelle die Rauchentwicklung ein Verletzungsrisiko für umstehende Personen dar. Am wichtigsten ist dem Polizisten, dass das Fanfest friedlich abläuft. Das Hauptaugenmerk der Polizei liege darauf, Ausschreitungen zu verhindern. „Jeder Einsatz ist einzigartig“, sagt der 28-Jährige.

Der Raumschutz ist die Hauptaufgabe der Polizeieinheit "Einsatzhundertschaft"

Er und seine Kollegin Moesha Owens sind bei der Polizeieinheit „Einsatzhundertschaft“, ihre Hauptaufgabe ist der Raumschutz. Dazu gehört laut Kara Starke die Überwachung der An- und Abreise von Besucherinnen und Besuchern und auch deren Verhalten. Falls es zu Straftaten und Ordnungswidrigkeiten kommt, schreiten die Polizeikräfte ein, so die Pressesprecherin.

IMG_1256
Unterwegs auf der Königstraße in Stuttgart. © Nina Förster

Tobias Seel und die Kolleginnen und Kollegen laufen auf der Königstraße in Richtung Hauptbahnhof. Den Einsatzkräften kommen zahlreiche Fans entgegen, die den Schlossplatz ansteuern. Bei dem Großevent könne so einiges passieren: Schlägereien, gerade wenn Alkohol im Spiel ist, je nach Spielergebnis kann es zu Autokorsos und Pyrotechnik kommen, sagt der Polizist. Ein schlimmes Szenario? „Gegenstände, die in unsere Richtung fliegen.“ Wenn eine Person damit anfange, könne es wegen der Menschenmassen passieren, dass auch andere mitmachen und sich solidarisieren.

Polizei Stuttgart beantwortet Fragen aller Art

Die Einsatzkräfte biegen von der Königstraße in die Kronenstraße ab. Einem Fußballfan fällt seine Bierflasche aus der Hand, beim Aufprall zerbricht sie auf der Straße. „Ein Kehrbesen gehört nicht zu Ihrer Ausstattung?“, fragt er bei den Polizisten nach. Die verweisen ihn an Kollegen, die sich mit einem Einsatzfahrzeug einige Meter weiter aufhalten. Eventuell gebe es im Fahrzeug einen Kehrbesen. Ob es um den Weg zur nächsten Toilette, zum Schlossplatz, Hauptbahnhof oder um die Frage, ob man auf der Königstraße kiffen darf, geht – für Passantinnen und Passanten scheinen die Polizeikräfte eine beliebte Anlaufstelle zu sein. 

Vieles, was die Polizistinnen und Polizisten auf ihrer Route erleben, steht nicht in direktem Zusammenhang mit der EM: Als sie gerade in die Lautenschlagerstraße abbiegen wollen, kommt eine junge Frau auf sie zu, sie wirkt aufgewühlt. Vor nicht einmal fünf bis zehn Minuten sei sie in einem umliegenden Supermarkt von einem Mann begrapscht worden. Sie zeigt den Polizisten ein Foto des vermeintlichen Täters, das sie mit ihrem Handy gemacht hat. Ein Security-Mitarbeiter des Supermarkts bestätigt ihre Aussagen. Tobias Seel macht sich Notizen, eine Polizeistreife wird über Funk gerufen. Plötzlich bricht die Frau zusammen, es muss zusätzlich ein Rettungswagen alarmiert werden. Als die angeforderten Streifenpolizisten eintreffen, werden sie über die Aussage der jungen Frau informiert. Per Funk geht nun eine Personenbeschreibung des verdächtigen Mannes an alle Einsatzkräfte, die auf Streife sind, erklärt Polizeihauptkommissar Stefan Birnbaum.

Aufgrund von weltweiten Geschehnissen ist die Polizei noch aufmerksamer

Er ist bereits seit 35 Jahren bei der Polizei und erinnert sich noch gut an einen Einsatz während der Weltmeisterschaft im Jahr 2006: In Stuttgart sind Hunderte Personen nach Ausschreitungen zwischen britischen und deutschen Fans festgenommen wurden. Heutzutage gehe die Polizei noch aufmerksamer vor als damals, auch aufgrund von weltweiten Geschehnissen. Vor allem werden Zu- und Abgänge zu Örtlichkeiten im Auge behalten, sagt er.

IMG_1270
Die Polizisten Meiko Bröckel (links) und Tobias Seel vor dem Eingang zum Public Viewing auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Von der Lautenschlagerstraße geht es herunter in die Arnulf-Klett-Passage. Abgesehen von dem gewohnten Trubel, scheint in der Stadtbahn-Station alles ruhig zu sein. Die Ruhe hält jedoch nicht lange an: Dem Team wird ein vermeintlicher Diebstahl gemeldet. Im Schnellschritt geht es die Königstraße entlang zu dem betroffenen Geschäft.

Vermeintlicher Diebstahl auf der Königstraße: Im Vorfeld unklar, wie Täter reagieren

Vor dem Laden stehen bereits einige andere Einsatzkräfte – sie schirmen die beiden mutmaßlichen Diebe von den Menschen auf der Königstraße ab. Für eine Kundin, die gerade aus dem Geschäft kommt, ist das unverständlich: Es gebe doch keine Notwendigkeit dafür, dass so viel Polizei vor Ort ist. Tobias Seel bezeichnet solche Kommentare als „sehr anstrengend“. Zu einem solchen Einsatz gehen die Polizisten provisorisch, erklärt er: „Wenn man Kapazität hat, geht man lieber mit ein paar mehr hin und reduziert schnell wieder.“ Auch das habe mit einer möglichen Solidarisierung Umstehender zu tun. Zudem sei im Vorfeld nicht klar, wie die vermeintlichen Täter reagieren oder welche Gegenstände sie dabeihaben.

Der Einsatz der Gruppe dauerte noch bis 23 Uhr. "Aus polizeilicher Sicht war es ein störungsfreies Auftaktspiel", sagt Kara Starke. Die vielen Menschen, die sich aufgrund der EM in Stuttgart aufhalten, sorgen auch für mehr Zwischenfälle als sonst. Trotzdem, Tobias Seel gefällt es, auch einmal mit anderen Menschen zu tun zu haben: „Es ist nicht wie sonst in der Innenstadt.“ Außerdem ist es für den Polizeihauptmeister etwas Schönes, die EM im eigenen Land zu haben.

VG WORT Zahlpixel