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Schweineaugen, KI und Mikro-Algen: Science Slam in Stuttgart - was ist das?

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Die neue und glückliche Deutsche Meisterin im Science Slam: Lea Wirth (Forensische Toxikologie Düsseldorf). © Science-Slam.com

Wissenschaftliche Vorträge? Das ist nur was für Studierende – oder Nerds. Ein Klischee, das im Theaterhaus Stuttgart am Samstagabend widerlegt wurde: Rund 1.000 Zuhörende waren versammelt, um sich die Vorträge von sieben jungen Wissenschaftler/innen anzuhören. Schauplatz: Die Deutschen Science Slam Meisterschaften 2023. Mit einer jungen Forensikerin als Gewinnerin, die mithilfe von Schweineaugen Todesfälle aufklärt.

Sieben Wissenschaftler/innen präsentieren ihre Arbeit: Was ist Science Slam?

Es war ein Event, das sich wie eine Hochzeit zwischen Wissen und Witz anfühlt – und bei dem die Creme de la Creme der deutschen Science-Slam-Szene zusammenkam. Science Slam: das ist wie Poetry Slam, nur mit dem Schwerpunkt Wissenschaft.

Sieben Slammer/innen, die sich zuvor in mehreren Auswahlprozessen für das große Finale in der schwäbischen Landeshauptstadt qualifiziert hatten, präsentierten abwechselnd ihre wissenschaftliche Arbeit auf der Bühne. Wichtig: Es musste sich um ihre eigene Forschung drehen. Nicht fehlen durfte bei den Vorträgen eine Prise Humor, Wortwitz, Selbst-Ironie und gute Laune.

Die jungen Wissenschaftler/innen aus ganz Deutschland hatten zehn Minuten Zeit, um dem Publikum ihren beruflichen Forschungsalltag vorzustellen. Die Bandbreite war groß: Von Biotechnologie, Geowissenschaften, Klinischer Künstlicher Intelligenz und Forensischer Toxikologie – die Wissenschaft präsentierte sich im Theaterhaus von ihrer besten Seite. Nicht nur die physisch anwesenden Gäste im Theaterhaus lauschten gebannt den Vorträgen, im ZDF gab es via „TerraX“ sogar einen Online-Livestream (zum Video).

Gewinnerin Lea Wirth: Ungeklärte Todesfälle mit Schweineaugen aufklären

Marco Gustav aus Dresden etwa trainiert eine KI, die in Zukunft Krebs erkennen und somit die Labore entlasten soll. Mathilde Himmelreich aus Frankfurt will mit einem Teilchenbeschleuniger bislang unbekannte Materie erforschen. Niklas Blöbaum aus Bielefeld forscht an einer Mikro-Alge (Chlorella), die in Zukunft unser Essverhalten radikal verändern könnte. Doch den spannendsten und unterhaltsamsten Auftritt lieferte die jüngste Slammerin: Lea Wirth, die Siegerin des Abends.

Erst seit vier Monaten ist die junge Wissenschaftlerin beim Science Slam dabei, tritt aber auf wie ein Slam-Profi. Ihr Fachgebiet ist die Forensische Toxikologie an der Uni Düsseldorf. Die Aufgabe: unnatürliche und ungeklärte Todesfälle untersuchen und aufklären. Das tut Lea Wirth, indem sie die Flüssigkeit im menschlichen Auge genauestens untersucht – und mit der Flüssigkeit aus einem Schweineauge vergleicht. So kann sie nachweisen, woran der Mensch verstorben ist - und macht aus einem „ungeklärten“ Todesfall einen „geklärten“ (zum Vortrag auf YouTube).

Publikum stimmt via Smartphone ab: Wer gewinnt den Science-Slam-Titel 2023?

Auch das Konzept der Veranstaltung, organisiert und durchgeführt von „Science-Slam.com“, versprach viel Spannung. Nicht etwa eine Jury wählte Lea Wirth am Ende des Abends zur Siegerin – sondern das Publikum. Mithilfe eines QR-Codes und des eigenen Smartphones konnten alle Anwesenden im Saal für ihren Favoriten oder ihre Favoritin abstimmen.

Überraschend gut und reibungslos funktionierte die Abstimmung, nach etwa zehn Minuten stand die Siegerin fest. Und durfte den Preis von Lisa Budzinski, der bis dato amtierenden Meisterin des Jahres 2022, entgegennehmen. Budzinski ist selbst Wissenschaftlerin und forscht zu Bakterien im Darm. Gemeinsam mit Rainer Holl, einem in der Slammer-Szene bekannten Autor und Moderator, führte sie gekonnt und mit viel Witz durch den Abend. Und nach rund drei Stunden schickte das Moderatoren-Duo ein gut gelauntes, begeistertes und nach den Vorträgen ein noch besser informiertes Publikum nach Hause.

Science Slam: Hintergründe, Termine, Teilnahmemöglichkeiten

Haben Sie Lust, einmal selbst bei einem Science Slam mitzumachen? Hier finden Sie weitere Informationen auf der Homepage des Veranstalters:

Die Teilnehmer der Deutschen Science Slam Meisterschaften 2023

  • Niklas Blöbaum (Biotechnologie/Bielefeld): „Chlorella – Das kleinste Gemüse der Welt“
  • Mathilde Himmelreich (Physik/Frankfurt): „Sherlock Holmes oder Wie man ein Einhorn fängt“
  • Lea Wirth (Forensische Toxikologie/Düsseldorf): „EYE see YOU”
  • Maria-Elena Vorrath (Geowissenschaften/Hamburg): „Das ist keine Lösung!“
  • Marco Gustav (Klinische Künstliche Intelligenz/Dresden): „Ich sehe was, was Du nicht siehst? - KI in der Histopathologie.“
  • Tim Hollstein (Medizin/Kiel): „Das Kuchen-Paradox“
  • Silke Oppermann (Global Change Management/Eberswalde): „Klimaneutral aussterben“ 

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