Stuttgarter Forscher mit neuen Erkenntnissen: Was Flugsaurier gefressen haben
Flugsaurier waren zur Zeit der Dinosaurier die Herrscher der Lüfte. Über Jahrmillionen entwickelte sich eine enorme Vielfalt, darunter riesige Arten mit Flügelspannweiten von bis zu 12 Metern. Das Fressverhalten der so genannten Pterosaurier war bisher jedoch wenig erforscht. Die spektakuläre Entdeckung eines versteinerten Mageninhaltes bei zwei Flugsaurier-Arten, Dorygnathus und Campylognathoides, aus dem frühen Jura Südwestdeutschlands liefert nun neue Erkenntnisse über die Ernährung dieser Tiere.
Dr. Samuel Cooper, Paläontologe am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart, untersuchte laut einer Pressemitteilung des Museums die Fossilien und analysierte die Reste im Magen der Saurier gemeinsam mit Kollegen von der Universität Portsmouth in Großbritannien. Die in der Fachzeitschrift Journal of Vertebrate Paleontology veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass der Flugsaurier Dorygnathus kleine Fische fraß, während Campylognathoides urzeitliche Tintenfische verzehrte.
Dieser älteste und weltweit erste eindeutige Nachweis für den Verzehr von Tintenfischen bei Flugsauriern verrät den Forschenden viel über die Lebensweise, Ökologie und Evolution der Tiere. Die etwa 182 Millionen Jahre alten Exemplare von Dorygnathus und Campylognathoides stammen aus dem Posidonienschiefer der Region um Holzmaden in Baden-Württemberg. Bisher war nichts über die Ernährung von Pterosauriern aus dieser Zeit bekannt.
Tintenfischjagd im Jurameer
Der bemerkenswerte Fund ist der erste Beweis für unterschiedliche Ernährungsweisen von zwei verschiedenen Flugsaurierarten in derselben Umwelt. „Die versteinerten Mageninhalte sagen uns viel über das damalige Ökosystem und wie die Tiere miteinander interagierten. Für mich ist dieser Nachweis von Tintenfischresten im Magen von Campylognathoides daher besonders spannend. Bisher gingen wir eher davon aus, dass er sich von Fisch ernährte, ähnlich wie Dorygnathus, bei dem wir kleine Fischgräten als Mageninhalt gefunden haben. Die Tatsache, dass diese beiden Arten unterschiedliche Beutetiere fraßen, zeigt, dass sie sich auf unterschiedliche Ernährungsweisen spezialisiert hatten. Dadurch konnten Dorygnathus und Campylognathoides im gleichen Lebensraum ohne große Nahrungskonkurrenz zwischen diesen beiden Arten koexistieren“, so Dr. Samuel Cooper in einer Mitteilung.
Das letzte Menü der Flugsaurier
Versteinerte Mageninhalte, die die letzte Mahlzeit dieser Tiere repräsentieren, sind äußerst selten zu finden. Dies liegt laut einer Mitteilung aus dem Naturkundemuseum wahrscheinlich daran, dass Pterosaurier ihre Nahrung sehr schnell verdauten, da das zusätzliche Gewicht im Magen sonst ihre Flugfähigkeit beeinträchtigt hätte. Dorygnathus und Campylognathoides ähnelten modernen Seevögeln. Sie flogen über dem Wasser eines warmen, subtropischen Meeres, das während der Jurazeit Süddeutschland überflutete und ihre Nahrungsquelle war.
Forschungsprojekt zu Ernährungsgewohnheiten der Tiere im frühen Jura
Die beiden untersuchten Flugsaurier sind Teil der umfangreichen paläontologischen Sammlungen des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart. Im Rahmen eines Forschungsprojektes des Museums zum Thema „Paläobiologie der Wirbeltiere des Posidonienschiefers“, wurden zahlreiche Fossilien aus dieser Zeit neu untersucht. Dabei wurden die Mageninhalte bei den beiden Flugsauriern entdeckt.
Weitere Infos
Cooper, Samuel. L. A., Smith, R. E., & Martill, D. M. (2024). Dietary tendencies of the Early Jurassic pterosaurs Campylognathoides Strand, 1928, and Dorygnathus Wagner, 1860, with additional evidence for teuthophagy in Pterosauria. Journal of Vertebrate Paleontology. Publikationsdatum: 23.10.2024 / DOI: https://doi.org/10.1080/02724634.2024.2403577



