Stuttgart & Region

Vom Festzelt ins Wohnmobil: Wer campt auf dem Wasen-Campingplatz in Stuttgart?

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Stammgast zur Wasen-Zeit: Nächstes Jahr feiert dieser Camper aus Zwickau sein 20-jähriges Wasen-Jubiläum. © Danny Galm

In ganz Stuttgart gibt es exakt einen einzigen Campingplatz. Der liegt in Bad Cannstatt eingerahmt zwischen Neckar und Wasen und ist gerade zur Volksfest-Zeit bis auf den letzten Stellplatz belegt. Einen kürzeren Heimweg vom Rummel gibt es schließlich nicht. Aber wie campt es sich eigentlich im Schatten der riesigen Bierzelte und funkelnden Riesenräder? Wir haben uns bei den Campern umgehört.

Campingplatz-Pächter Jürgen Kaufmann ist eine Volksfest-Institution

Jürgen Kaufmann gehört zum Wasen wie die Maß Bier und gebrannte Mandeln. Der 69-Jährige ist eine Volksfest-Institution. Er leitet seit über 30 Jahren den Campingplatz direkt am Festgelände, kümmert sich nebenbei um die Parkplätze rund um den Wasen sowie die Müllentsorgung und schlüpfte bis zu einer OP im vergangenen Jahr auch noch selbst ins Wasenhasi-Kostüm. „Es ist schon stressig. Ich bin jeden Tag 15, 16 Stunden auf dem Gelände“, sagt er bei einem kurzen Plausch auf einer schattigen Picknick-Bank. Wobei er auch dabei immer einen wachen Blick auf das rege Kommen und Gehen auf seiner Anlage hat. Ein Schaffer wie Kaufmann hat letztlich nie so richtig Pause, damit allerdings auch kein Problem. Beruf und Berufung.

150 Stellplätze für Wohnmobile und Wohnwagen gibt es auf der Anlage, dazu noch eine Wiese mit Platz für bis zu 50 Zelte und ein paar gemütliche Holzfässer zum Übernachten. „Zur Wasen-Zeit sind 50 Prozent der Gäste Kellner und Bedienungen, die auf dem Fest arbeiten“, erzählt Kaufmann. Dazu kommen Touristen aus Deutschland und aller Welt. Die Anlage liegt direkt am Neckarradweg, dazu sind MHP-Arena, Mercedes-Museum, Porsche-Arena, Schleyerhalle und die Wilhelma ohne Probleme fußläufig oder mit dem Fahrrad zu erreichen. „Wir liegen schon sehr zentral“, sagt Kaufmann, „unsere Gäste finden das sehr gut.“

Pächter vom Wasen-Campingplatz
Wasen-Urgestein beim Plausch im Schatten: Campingplatz-Pächter Jürgen Kaufmann. © Danny Galm

Regelmäßig kommen auch VfB-Fans aus München oder von der Schwäbischen Alb und nutzen die Heimspiele für ein Wochenende in der Landeshauptstadt. Und dann wäre da ja noch der Riesenrummel, teils nur wenige Meter von den Wohnwagen und Campern entfernt.

„Schön, sein eigenes Bett so nah am Festgelände zu haben“

„Wir sind zum fünften Mal hier“, berichtet eine bestens gelaunte Dame aus den Niederlanden aus ihrem Camper heraus. Gemeinsam mit ihrem Mann bleibt sie für zwei Nächte. Den Ausflug haben die beiden nicht von langer Hand geplant, vielmehr sind sie spontan losgedüst, um ihren Sohn zu besuchen, der ebenfalls mit seinen Studienfreunden auf dem Wasen feiert.

„Es ist so schön, sein eigenes Bett so nah am Festgelände zu haben“, freut sie sich und berichtet von den weiteren Tagesplänen: „Wir werden am Neckar spazieren gehen, anschließend im Bistro auf dem Campingplatz etwas essen und dann einen kleinen Mittagsschlaf machen.“ Später wollen sie auch noch das Albdorf besuchen. „Dann machen wir noch mal ein kleines Nickerchen und gehen abends noch mal ins Zelt.“ Ein straffes Programm. Und was gibt’s zu trinken? „Im ersten Jahr habe ich vier Maß getrunken. Aber das ist lange her. Gestern habe ich nur eine geschafft“, lacht sie und geht zurück in ihren geräumigen Camper. Kräfte sammeln für den Wasen-Abend. Man wird ja schließlich nicht jünger. 

Camperin aus Holland
Diese glückliche Camperin aus Holland hat einen sonnigen Stellplatz erwischt. © Danny Galm

„Es war ein Anruf und dann hatte ich meinen Stellplatz“

Ganz entspannt beginnt auch ein Camper aus Rimbach im hessischen Odenwald sein Wasen-Abenteuer. Es ist schließlich seine Premiere. „Ich wollte mir das einfach mal anschauen, ich war noch nie da.“ Auch er ist spontan auf den Campingplatz gekommen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich einen Platz bekomme“, erzählt er, „aber unter der Woche geht das einfacher als am Wochenende. Es war ein Anruf und dann hatte ich meinen Stellplatz.“

Mit seinem Wohnmobil steht er in Reihe eins, nur drei Meter hinter dem Zaun ragt „Wilhelmers Schwabenwelt“ in die Höhe. Kann man da überhaupt schlafen? „Um 23 Uhr ist Schluss in den Zelten“, sagt er. Das sei daher überhaupt kein Problem. Doch auch am Morgen geht es auf dem Festgelände betriebsam zu. „Es fängt relativ früh morgens an mit den Anlieferungen und Entsorgungen. Ab 7 Uhr geht das los, das stört mich aber nicht.“ Camper sind eben in der Regel pragmatische Gäste. „Das muss man wissen, wenn man auf einen Campingplatz direkt am Wasen geht.“ Für ihn zählt sowieso eher der Standortvorteil: „Der Platz ist optimal. Es ist alles in der Nähe, was man braucht.“

Camping "auf der Pole-Position"

Den Platz "auf der Pole-Position" schätzt auch ein Camper aus Zwickau. Er ist mit Auto, Wohnanhänger, Fahrrad und Pavillon angereist. 2024 feiert er sein 20-jähriges Wasen-Jubiläum, auf den Campingplatz kommt er seit circa zehn Jahren. Vom Wasen hat er von einem alten Freund erfahren, der in Stuttgart arbeitet und lebt, und später auch noch anreisen wird. Vorher macht der Camper aus Zwickau immer noch eine Woche am Bodensee Urlaub - und zum Abschluss folgt der Cannstatter Wasen als Kontrastprogramm.

Bistro auf dem Wasen-Campingplatz
Auf dem Campingplatz gibt es auch ein kleines Bistro. Hier feiern häufig die Kellnerinnen und Kellner, die zuvor stundenlang im Festzelt geschuftet haben. © Danny Galm

Den Campingplatz findet er "echt gemütlich" und schätzt die Nähe zum Neckar. Beim Fahrradfahren nüchtere er aus, um sich ab Mittag wieder auf den Wasen-Besuch vorzubereiten. Sein Plan für den Tag: "Ein bisschen entspannen und dann geht's abends noch mal scharf". Deshalb störe ihn auch die Lautstärke auf dem Platz nicht. "Wenn man selber eine kleine Party-Göre ist oder das miterlebt, stumpft man ab. Da brauche ich dann kein Radio mehr, dann hört man halt Hulapalu."

Urlaub mit Abstecher zum Wasen, auch Ausflüge in die Region

Zum wiederholten Mal kommt auch eine Camperin aus Porta Westfalica, einer Stadt in Ostwestfalen, zum Cannstatter Volksfest. Bereits zum fünften Mal besucht sie den Rummel in Cannstatt. „Wir haben gehört, dass es hier lustig sein soll und dann wollten wir das einfach mal ausprobieren“, erzählt sie. Der Trip ins Schwabenland ist ein „Urlaub mit Abstecher zum Wasen“. 

Camperin aus Porta Westfalica
Das kleine E-Bike ist immer dabei: Diese Camperin aus Ostwestfalen erkundet nicht nur das Festgelände, sondern auch die Region. © Danny Galm

Gemeinsam mit ihrem Mann erkundet sie mit dem E-Bike auch die Region: „Der Campingplatz liegt super. Man kann gleich losradeln. Wir bleiben eine Woche und wollen ein bisschen am Neckar entlangfahren, gehen mal über den Wasen und waren abends auch schon in der Innenstadt.“ Sie steht mit ihrem Camper ebenfalls in Reihe eins, hat jedoch ebenfalls keinerlei Probleme mit der Nachtruhe: „Um Punkt 23 Uhr ist Feierabend und dann ist auch wirklich Schluss.“

"Das ist für mich Urlaub": Kellnern auf dem Cannstatter Wasen

Feierabend ist für die vielen Bedienungen, die ebenfalls Gäste auf dem Wasen-Campingplatz sind, dann aber noch lange nicht. "Man geht vom Zelt schlafen und vom Schlafen ins Zelt", beschreibt ein Kellner aus dem Taubertal seinen Volksfestalltag. Jedes Jahr bedient er auf dem Stuttgarter Volksfest, 2023 ist er in Grandls Hofbräu-Zelt Kellner. Abseits vom Wasen hat er ein eigenes Restaurant in Tauberzell. Zu viel Gastronomie kann es für ihn allerdings nicht werden: "Das hier auf dem Wasen ist für mich Urlaub," beschreibt er, "Ich habe zu Hause mehr Stress." Im Bierzelt sei es "nur ein Auftrag: Guten Tag sagen, Bier bringen, freundlich sein, Essen bringen, Auf Wiedersehen sagen. Da muss man an nichts weiter denken".

Dem stimmt auch eine junge Frau aus Würzburg zu. Um sich ihr Studium zu finanzieren, hat sie angefangen, auf dem Cannstatter Wasen zu bedienen. "Wenn's keinen Spaß macht, würde man das wirklich nicht machen. Dafür ist es viel zu anstrengend und ätzend teilweise." Im Gegensatz zu ihrem Kollegen campiert sie jedoch nicht in einem Wohnwagen oder Wohnmobil, sondern in einem kleinen Zelt: "Ich campe und zelte gerne." Außerdem sei es die günstigste Form der Unterkunft.

Wasen-Campingplatz wird vor EM 2024 saniert werden

Bald schon brechen die vielen Volksfest-Besucher ihre Zelte und Unterkünfte ab. Nur noch an diesem Wochenende wird gefeiert, dann kehrt zumindest bis zum Frühlingsfest ein bisschen Ruhe ein. Und bis zum nächsten Cannstatter Volksfest im Herbst 2024 wird sich der Campingplatz am Wasen verändern. Die Gebäude auf dem Gelände sind teils über 70 Jahre alt. Eine Sanierung steht an.

Bis zur Fußball-Europameisterschaft im Sommer soll alles fertig sein. Vier Gruppenspiele und ein Viertelfinale werden in der Stuttgarter Arena ausgetragen, dann soll auch der Platz von Jürgen Kaufmann in neuem Glanz erstrahlen und wie zur Wasen-Zeit Gäste aus ganz Europa begrüßen.

Wasen-Campingplatz
Der Eingang zum Wasen-Campingplatz. Nächstes Jahr sollen die in die Jahre gekommenen Gebäude saniert werden. © Danny Galm

Und der Chef? Wie lange wird er noch der Herbergsvater für die Camper auf dem Wasen sein? Sein Pachtvertrag mit der Stadt Stuttgart läuft nächstes Jahr jedenfalls aus. Wie es weitergeht, ist aktuell noch nicht entschieden. Für Kaufmann ist lediglich klar: „Ich werde nächstes Jahr 70 und irgendwann ist Schluss.“ Selbst ein Wasen-Urgestein muss sich schließlich irgendwann einmal in den verdienten Ruhestand verabschieden.  

Infos zum Wasen-Campingplatz:

  • Öffnungszeiten: Der Platz ist ganzjährig geöffnet. Vom 01. April bis 31. Oktober von 7 bis 12 Uhr und 14 bis 22 Uhr; vom 01. November bis 31. März von 8 bis 12 Uhr und von 14 bis 19 Uhr.
  • Preise: Eine Übersicht finden Sie hier auf der Homepage des Platzes.
  • Kontakt: Telefon 0711/556696, Fax: 0711/557454 / Mail: info@campingplatz-stuttgart.de

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