Wie kann man Trauer bewältigen? Das rät Trauerbegleiterin Gudrun Frech
Stuttgart. "Trauer ist so vielfältig wie die Menschen oder die Natur. Es gibt kein richtig oder falsch", sagt Gudrun Frech. Seit zehn Jahren arbeitet sie als Trauerbegleiterin und begleitet Menschen auf ihren Trauerprozess bei der Bestattungsschmiede in Stuttgart. Aus ihrer Erfahrung weiß sie: Trauer ist ein Auf und Ab und kommt manchmal erst nach Jahren oder Jahrzehnten auf. Was sie Trauernden und deren Bezugspersonen rät, lesen Sie hier.
Der Wunsch, Hinterbliebene zu unterstützen
Zur Trauerbegleitung kam die gelernte Krankenschwester über ihre Arbeit in einem Hospiz. "Da war ich sehr oft mit dem Tod und dadurch auch mit trauernden Angehörigen konfrontiert", sagt sie. Daraus sei in ihr der Wunsch entstanden, Hinterbliebene in der Zeit der Trauer zu unterstützen. Nach einer Weiterbildung zur Trauerbegleiterin veranstaltete sie im Hospiz ihr erstes Trauercafé, das zum Erinnern dienen und zum Weitermachen anregen soll.
Die Tätigkeit als Trauerbegleitende sei in den meisten Fällen ehrenamtlich – es sei denn, man werde direkt über ein Bestattungsunternehmen angestellt wie Gudrun Frech. Ihre Arbeit als Trauerbegleiterin sieht sie auch als Prävention an: Würden die Trauernden nicht nur in der Bestattungsvorsorge, sondern vor allem auch nach der Beisetzung gut betreut, verringere sich das Risiko, dass sich eine erschwerte Trauer oder Depression entwickelt. Dass eine anhaltende Trauerstörung von den manchen Krankenkassen mittlerweile als behandlungsbedürftig angesehen wird, habe viel dazu beigetragen, Trauer zu enttabuisieren.
"Der Blick auf Trauer hat sich in den letzten dreißig Jahren definitiv verändert"
"Der Blick auf Trauer hat sich in den letzten dreißig Jahren definitiv verändert", sagt sie. Seit 2007 ist der Beruf des Bestatters ein Ausbildungsberuf. Trauerarbeit findet so auch auf Messen für Berufsfindung häufiger Platz. Seit einigen Jahren besuchen außerdem Schulklassen und Konfirmandengruppen die Bestattungsschmiede. "Das hat auf jeden Fall geholfen, dass jüngere Generationen weniger Berührungsängste mit dem Tod haben", sagt Gudrun Frech. Nicht zuletzt helfen aber auch Personen, die im Fernsehen oder auf Social Media ihren eigenen Trauerprozess teilen, dass Hemmungen nach und nach fallen.
Tipps für Trauernde und Angehörige: Das rät Gudrun Frech
Wie kann man nun aber Trauer bewältigen? "Auch wenn viele Trauernden das möchten, gibt es keine Tools. Man kann aber lernen, mit der Trauer umzugehen", sagt die Stuttgarter Trauerbegleiterin. Gudrun Frech arbeitet dafür viel mit Metaphern – wie auch beim Café Zeitenwende, einem Begegnungsort für Trauernde. "Monat des Umbruchs" war das Motto des Treffs im Februar. "Im Februar scheint mal die Sonne, mal regnet es und ist trist. Ähnlich fühlt sich Trauer an: Manche Tage sind trüber, andere Tage besser."
Durch die Vergleiche versucht Gudrun Frech die Trauernden dazu anzuregen, wachsamer durchs Leben zu gehen. Indem man stärker auf kleine Dinge in seiner Umgebung achte, nehme man auch die kleinen Schritte im Trauerprozess intensiver wahr und versuche stetig, nach vorne zu gehen. "Ich bin nur der Stock, der beim Laufen hilft. Gehen müssen die Menschen selbst", beschreibt Gudrun Frech ihre Arbeit.
"Ich bin für dich da"
Trauernde sollen von ihr außerdem lernen, dass sie sich für ihre Gefühle, vor allem für die positiven, nicht erklären müssen. Wichtig ist es, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und diese zu benennen, so Frech. "Mit Bildern ist auch das leichter", sagt sie.
"Dran bleiben", rät Gudrun Frech denjenigen, die eine trauernde Person in ihrem Umfeld haben. "Es kann sein, dass man dabei auch dem Schweigen und den Tränen begegnet. Das muss man aber aushalten." Ihr zufolge verhalten sich Trauernde manchmal "seltsam" – und wissen dabei selber oft nicht warum. Das soll einen aber nicht abschrecken. "Am besten signalisiert man: Ich bin für dich da." Das gehe durch Zuhören, Essen vorbeibringen, Spaziergänge anbieten – aber auch über das Telefon. Auch hier gelte es, nicht locker zu lassen, betont Frech: "Für viele Trauernde ändert sich mit der Trauer auch der gesamte Freundeskreis, weil die meisten Freunde Angst haben, etwas Falsches zu sagen."
Info: Angebote der Trauerschmiede in Stuttgart
Das Café Zeitenwende veranstaltet Gudrun Frech einmal im Monat in den Räumen der Trauerschmiede in Stuttgart-Degerloch. Begleitet von Gudrun Frech können hier Menschen bei selbst gebackenem Kuchen, Vesper und Kaffee zusammenkommen. Dabei gibt es laut Gudrun Frech schon "Stammgäste", die regelmäßig kommen, aber hin und wieder auch neue Gesichter. "Die Gäste in meinem Café sind schon immer eine sehr offene Gruppe gewesen, die keine Trauer abwertet", so Frech.
Außerdem bietet die Trauerbegleiterin alle zwei Monate eine Trauerwanderung an. Die Bestattungsschmiede versucht, möglichst vielfältige Angebote der Trauerbegleitung anzubieten. So gibt es zum Beispiel Angebote für jung Verwitwete, die oft über ein Wochenende andauern und bei denen oftmals auch eine Kinderbetreuung gewährleistet ist. Die Angebote finden Sie auf der Homepage der Trauerschmiede.
Die Angebote sind auch für Menschen zugänglich, die die Bestattung des oder der Verstorbenen nicht von der Bestattungsschmiede haben begleiten lassen. Viele junge Menschen suchen aber auch übers Internet nach anderen Betroffenen. Egal in welcher Situation man sich befände, "keine Trauer ist schwerer als die andere", betont Frech.