Wintergrillen fürs Festtags-Essen

Zu Gast bei der 1. Württembergischen Grillschule in Schorndorf

Grillworld Grillkurs
Sofort wird klar, woher die Feuerplatte ihren Namen hat! Trotz der beeindruckenden Optik wird das Fleisch hier indirekt wie auf einer Pfanne erhitzt. Das Ergebnis: Saftig gegarte Stücke auf den gewünschten Punkt und ohne verkohlte Stellen. © Vera Röhlich

Immer mehr Menschen möchten beim Grillen mehr ausprobieren als nur die klassische „Rote“ oder Steaks. Der Kurs „Winterliches Grillen“ zeigt, wie sich in der immer angesagteren Outdoorküche sogar ein Menü für die Feiertage zaubern lässt.

Der Winter bringt lange, raue Nächte und kurze Tage. Die Natur zieht sich zurück, die Temperaturen machen es sich um den Gefrierpunkt herum gemütlich. Empfindliche Topfpflanzen auf meiner Terrasse habe ich ins Warme geholt. Die Sitzgarnitur steht unter einer Schutzhülle, Kissen wurden eingemottet … und was ist mit dem Grill? Warum, denke ich mit einer leicht sehnsuchtsvollen Erinnerung an die letzte Grillparty im Spätsommer, sollte ich auf den leckeren Geschmack von gegrilltem Fleisch und Gemüse im Winter verzichten? Mit einem wärmenden Punsch in der Hand könnte man es doch probieren! Quasi wie Weihnachtsmarkt, nur etwas privater. Und vielleicht darf es auch kulinarisch etwas Besonderes sein. Wie wär’s zum Beispiel mit einem gegrillten Festtagsmenü? Hier wird mir allerdings als relativer Grilllaie etwas mulmig – ist das überhaupt umsetzbar? Wie gut, dass die älteste Grillschule Deutschlands in Schorndorf beheimatet ist und den Workshop „Winterliches Grillen“ anbietet! Ich melde mich umgehend an.

An einem grauen, kalten Novemberabend trudeln die Gäste ein. Grillmeister Ralf will uns beim Workshop zeigen, wie sich in der Outdoorküche ein zauberhaftes Vier-Gänge-Menü inklusive Suppe und Nachtisch zaubern lässt.

Schnell entsteht eine heitere, interessierte Grundstimmung. In der Workshopküche wird geschnippelt, gerührt und gefachsimpelt. Die einen kümmern sich um den Lachs, der zu einer raffinierten Birnen-Kürbis-Suppe kredenzt werden soll. Mit filigranen Einschnitten versehen gart er auf einer Grillplatte – so wenig Hitze wie möglich, verrät uns Ralf. Eigentlich soll der Fisch hauptsächlich Raucharomen bekommen.

Die anderen übernehmen die Zubereitung von Kürbis und Birnen, die zusammen in einem Topf über dem Feuer kochen.

Jeder findet schnell eine kulinarische Nische, mit der er sich gerne beschäftigt. Während der eine Hobbykoch die Suppe püriert, holt ein anderer den Lachs vom Grill. Parallel bereiten ein paar Gäste den zweiten Gang vor, dann gibt es für alle Hungrigen schon das wärmende Süppchen.

In meinem Mund entfalten sich mehrere intensive Noten: Der salzige Geschmack des Fischs mündet in die Süße der Birne, getragen vom würzig-nussigen Kürbisaroma, und ich lerne, wie vielfältig die Outdoorküche ist: Mit den entsprechenden Geräten kann man eben nicht nur grillen, sondern auch kochen, sanft garen, warmhalten und vieles mehr.

Die winterliche Kälte macht hier offensichtlich niemandem etwas aus. Die Temperaturen draußen lassen das Grillen als solches viel intensiver wirken: Die Hitze der Flammen, das Zischen des Grillguts auf der heißen Edelstahlplatte, ein loderndes Feuer oder der einladende Duft der fertig gegarten Gerichte, der sich den Weg durch die eisige Luft zu meiner Nase bahnt und Vorfreude auf den nächsten Gang weckt – und der lässt auch nicht lange auf sich warten.

Auf dem Menü steht als Nächstes Schweinefilet „Cordon Bleu“. Ralf hat ganze Schweinerücken eingekauft und zeigt uns, wie wir das Fleisch nicht in kleine Stücke, sondern mit einem Messer längs spiralförmig aufschneiden, mit Käse und Schinken füllen und wieder zusammenrollen. Mit Bacon ummantelt wandern die Cordon-Bleu-Rollen in den geschlossenen Grill, der sie ziemlich exakt bei 140 Grad gart.

Hier offenbart sich ein großer Vorteil von Grillsystemen mit Deckel und Regulierung: Die Garmethode hat nichts mehr mit der verkohlten Roten zu tun, an die ich mich aus Kindheitstagen erinnere, wenn jemand mal nicht schnell genug abgelöscht hatte – moderne Geräte können bei Bedarf schonend und auf den Punkt erhitzen.

Wir holen den Rücken bei einer Kerntemperatur von 70 Grad nach einer halben Stunde aus dem Smoker und ich komme mir fast vor wie ein Maître de Cuisine beim Anblick dieses verführerischen Hauptgangs, zu dem wir parallel gegrillten Kartoffelsalat an Pistazien-Basilikum-Pesto auf selbst gemachter Mayonnaise-Basis vorbereitet haben und nun zusammen genießen.

Lea Christ vom Familienunternehmen Grillworld, das die Workshops ins Leben gerufen hat, erklärt mir, welches Konzept hinter dieser Vielfalt steckt: „Bei uns gilt: Alles, was man essen kann, kann man auch auf dem Grill zubereiten!“ Vegetarische Köstlichkeiten oder üppiger Nachtisch? Kein Problem! Selbst Plätzchen lassen sich auf dem Grill backen, verrät mir Lea Christ mit einem Augenzwinkern. Wer Feuer gefangen hat, wird mit der Zeit immer kreativer. Vor meinem inneren Auge entsteht langsam eine Idee für den ersten Feiertag.

Doch apropos Nachtisch: Stand da nicht noch ein weiterer Gang auf der Menükarte? Tatsächlich gibt es an diesem Abend als krönenden Abschluss noch Dampfnudeln aus dem Dutch Oven. Den Hefeteig hatten wir vorhin angesetzt, jetzt wölben sich in dem schweren, gusseisernen Topf mehrere formschöne Kugeln, die – mit einer Mischung aus Butter, Zucker, Honig, Milch und Vanille übergossen – zugedeckt zwischen vorgeheizten Holzkohlebriketts platziert werden. Das Aroma bahnt sich erneut den Weg zu meiner Nase: Ich glaube, es ist wohl noch ein klein wenig Platz für die süße Verführung am Ende des Workshops.


Vera Röhlich