VfB-Gegner in der Analyse: Die Stärken und Schwächen des Hamburger SV
Der VfB Stuttgart kämpft in der Relegation um den Verbleib in der Fußball-Bundesliga. Gegner ist der Hamburger SV. Leicht werden die beiden Duelle um den Klassenerhalt nicht, denn: Mit dem HSV kommt ein echtes Schwergewicht auf den VfB zu. Was zeichnet das Team von Trainer Tim Walter aus? Was sind die Stärken und Schwächen der Hanseaten? Wir machen den Gegner-Check.
Stärken des Hamburger SV
Der HSV ist eine Einheit: Das Team trotzt Rückschlägen
Klar scheint: Auf dem Papier kann der Hamburger SV nicht mit der Qualität des VfB mithalten. Aber: Der HSV macht fehlende Klasse mit Teamgeist und Zusammenhalt weg. Unter Tim Walter hat sich in Hamburg ein zusammengeschworener Haufen gebildet, die Spieler verbringen auch privat viel Zeit miteinander. Rückschläge, individuelle Fehler und taktische Defizite können so immer als Einheit weggesteckt werden – das war beim HSV nicht immer so. Es hat sich ein neues Wir-Gefühl entwickelt, das den HSV durch die Saison trägt.
Klare Achse beim HSV: Struktur und Abläufe im Team passen
Anders als der VfB besitzt der Hamburger SV eine klare Achse in der Mannschaft. Torhüter Daniel Heuer Fernandez, Kapitän Sebastian Schonlau, Sechser Jonas Meffert, Achter Ludovit Reis und Stürmer Robert Glatzel bilden das feste Gerüst der Walter-Elf. Die Spieler kennen untereinander alle Abläufe, die Kommunikation passt. Wechsel haben auf diesen Positionen nicht stattgefunden, die Achse ist eingespielt. Ein besseres Gerüst lässt sich in Liga zwei kaum finden.
Neues Selbstbewusstsein beim HSV: Der Tim-Walter-Effekt
Wer Tim Walter als VfB-Trainer erlebt hat, der weiß: Der 47-Jährige ist für sein schroffes und selbstbewusstes Auftreten bekannt. Weggefährten beschreiben Tim Walter mitunter als Hitzkopf, teilweise auch als arrogant. Doch sein Verhalten hat dem HSV neues Leben eingehaucht. Die Spieler haben unter Tim Walter eine breite Brust, glauben an sich und geben nie auf. Selbst ein 0:3 in Heidenheim wurde aufgeholt – vor Walter war das undenkbar.
Fans im Volksparkstadion: Irre Wucht in Hamburg
Der HSV ist eine absolute Topadresse im deutschen Fußball, was Stimmung und Support im Stadion angeht. Das Volksparkstadion kann eine unglaubliche Wucht entfalten – und treibt die Profis regelmäßig an. Dass das Rückspiel in Hamburg stattfindet, ist ein großes Plus für den HSV. Mit dieser Kulisse muss ein Gegner erstmal klarkommen.
Schwächen des Hamburger SV
Anfällige Defensive: Der HSV kassiert zu viele Gegentore
Die Hanseaten haben in 34 Zweitligaspielen 45 Gegentreffer kassiert. Zum Vergleich: Die Aufsteiger Heidenheim (36) und Darmstadt (33) stehen defensiv deutlich besser. Zu tun hat das vor allem mit dem Ausfall von Mario Vuskovic. Der Innenverteidiger wurde nach einem positiven Doping-Befund gesperrt – seitdem kassiert der HSV 47 Prozent mehr Gegentreffer. Der Ausfall des Kroaten konnte nie kompensiert werden. Damt ist die Abwehr die größte Schwachstelle der Hamburger.
Spielsystem Tim Walter: Volles Risiko beim HSV
Auch das ballorientierte und risikoreiche Spielsystem hat einen Anteil an der anfälligen Defensive. Tim Walter geht mit seinem Ansatz volles Risiko, oft verteidigt der HSV Mann gegen Mann. Bei eigenem Ballbesitz schiebt ein Innenverteidiger auf die Sechser-Position, um Überzahl in der Offensive zu schaffen. Der Haken daran: Ein Ballverlust in der Vorwärtsbewegung öffnet dem Gegner alle Türen. Mit schnellem Umschaltspiel sind die Hanseaten leicht zu knacken. Auch gegen den VfB wird Walter wohl so spielen lassen - ein gefundenes Fressen für die schnellen Angreifer Silas, Tomas, Vagnoman und Co.?
Individuelle Qualität fehlt: Der HSV ist nicht top besetzt
Die Achse der Hamburger kann sich sehen lassen. Danach ist das Leistungsgefälle aber ziemlich hoch. Die Außenverteidiger Miro Muheim und Moritz Heyer sind nur Zweitliga-Durchschnitt, mit Mario Vuskevic ging sehr viel Qualität verloren. Bakery Jatta hat gegen höherklassige Gegner Probleme, seine schlechte Technik durch sein Tempo auszugleichen - und Königsdörffer und Dompé sind defensiv zu schwach. Außer auf der Torhüter-Position scheint der VfB auf jeder Position besser besetzt.
Die Kehrseite von Tim Walter: Arroganz und fehlende Demut
Trainer Tim Walter bestreitet einen schmalen Grat: Ist das noch Selbstbewusstsein – oder bereits Arroganz? Beispiel: Der HSV-Trainer machte dem damaligen Pauli-Trainer Timo Schultz nach der Derby-Niederlage in der Hinrunde klar: Wir sehen uns nur noch einmal. Damit wollte Walter sagen: Wir steigen auf. Diese Arroganz macht den HSV unbeliebt. Bei gegnerischen Fans – und unterbewusst vielleicht auch bei den Schiedsrichtern. Außerdem tut sich der Trainer schwer, nach einer Niederlage die Leistung des Gegners anzuerkennen. Wenn Selbstbewusstsein in Arroganz und blinde Selbstliebe umkippt, schadet das dem HSV.