VfB in der Krise: Warum Trainer Matarazzo trotzdem den Rücken gestärkt bekommt
Seit 14 Auswärtsspielen in der Liga ohne Sieg, in der neuen Bundesliga-Saison noch kein Spiel gewonnen und überhaupt in 2022 nur drei Mal als Sieger vom Platz: Der VfB Stuttgart steckt in einer bedrohlichen Negativspirale. Nach Ansicht der Verantwortlichen ist Trainer Pellegrino Matarazzo dabei weiter Teil der Lösung und nicht des Problems. Kritische Fragen muss er sich dennoch gefallen lassen.
So lässt sich in der Liga kein Spiel gewinnen
Es passte ins Bild dieses grauen Herbstnachmittages, dass sich die Stuttgarter Profis nach dem 2:3 beim VfL Wolfsburg im strömenden Regen noch in die Gästekurve schleppten. Dort standen knapp 2000 Fans, die allen Widrigkeiten zum Trotz die über 500 Kilometer lange Reise in die Autostadt angetreten hatten und sich nun komplett bedient und ohne das erhoffte Erfolgserlebnis auf den Rückweg machen mussten. Alles in dem Wissen: Sollten die Fahrer der Fanbusse so viele Fehler machen wie die Mannschaft zuvor in den 94 Minuten auf dem Rasen, dürfte die Heimreise kompliziert werden. Schließlich versagten die Navigationssysteme der VfB-Defensive an diesem Wochenende gleich mehrfach. Doch auch in der Offensive und im Spielaufbau war die Fehlerquote des VfB viel zu hoch. Die daraus resultierende Erkenntnis ist so simpel wie schmerzhaft: So lässt sich in der Liga kein Spiel gewinnen.
„Vor diesen Spielen waren wir defensiv stabil und haben unsere Punkte wegen mangelnder Effektivität und Chancenverwertung nicht gemacht. Erst in den letzten beiden Spielen haben wir zu große Fehler gemacht“, befand Sven Mislintat nach dem Last-Minute-Knockout in der VW-Arena. Der Stuttgarter Sportdirektors umreist damit in zwei Sätzen den Start in die Spielzeit 2022/23. Die Leistungen waren teilweise ordentlich, einzig die Punktausbeute stimmte nicht. Doch es ist der saisonübergreifende Trend, der den schwäbischen Fans die Sorgenfalten auf die Stirn treibt.
Nur ein Heimsieg in 2022 bislang
Mit Ausnahme der emotionalen Rettung am letzten Spieltag der vergangenen Saison gab es für den Stuttgarter Anhang in der heimischen Arena in diesem Kalenderjahr noch keinen Sieg zu feiern. Die zuletzt arg biederen Auftritte gegen Schalke (1:1) und Frankfurt (1:3) drücken gewaltig auf die Stimmung. Gepaart mit einer bedrohlichen Auswärtsschwäche - seit 14 Spielen wartet der VfB in der Liga auf einen Sieg auf fremdem Platz - ergibt sich die aktuell triste Lage für den Traditionsverein von 1893.
Trainer Pellegrino Matarazzo bekommt derweil sowohl von den Verantwortlichen als auch von seinen Spielern den Rücken gestärkt. „Er ist nicht Teil der Analyse“, sagte Mislintat nach der Pleite in Wolfsburg. Und Pascal Stenzel ergänzte: „Unser Trainer geht den Weg mit uns jetzt schon seit fast drei Jahren. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch wieder erfolgreichere Zeiten erleben werden.“ Der Verteidiger nimmt vielmehr sich und seine Teamkollegen in die Pflicht: „Jeder weiß, was wir spielen wollen. Jeder weiß, was gefordert ist. Da nehme ich jetzt jeden in die Verantwortung.“
Wo sind die klaren Abläufe im Offensivspiel?
Dabei ist Kritik an der Arbeit des Trainers nach den letzten Monaten berechtigt. Wo sind die klaren Abläufe im Spiel nach vorne, wo die Abstimmung in der Defensive? Doch zur Gesamtbetrachtung gehört auch die fast schon groteske Anzahl an individuellen Fehlern der Spieler. Hierfür kann der Coach nur bedingt in Mithaftung genommen werden. Letztlich muss er sich aber kritische Fragen gefallen lassen: Warum konnte die Fehleranfälligkeit in den letzten Monaten nicht minimiert werden? Warum konnte die Mannschaft beim 2:2 gegen Rekordmeister Bayern München an ihr Leistungslimit gehen und im Heimspiel gegen Aufsteiger Schalke nicht?
In der aktuellen Verfassung sind die Schwaben in der Bundesliga jedenfalls nur bedingt konkurrenzfähig. Dennoch wackelt der Stuhl von Trainer Matarazzo nicht. Die Verantwortlichen sehen den 44-Jährigen weiter als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems. Die Hoffnungen auf die Trendwende ruhen nun auf den kommenden Heimpartien gegen Union Berlin, Bochum (Liga) und Arminia Bielefeld (DFB-Pokal).
Sollte jedoch der nicht unwahrscheinliche Fall eintreten, dass das Flutlichtspiel gegen Spitzenreiter Union verloren wird, ist bei der darauffolgenden Aufgabe gegen Schlusslicht Bochum gewaltig Druck auf dem Kessel. Und womöglich fängt dann sogar der bislang so stabile Trainerstuhl von Matarazzo an zu wackeln.