VfB Stuttgart

Vor VfB-Heimspiel: Rotterdam-Fans legen Verkehr lahm, Wasserwerfer im Einsatz

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Der Marsch der Rotterdam Fans zum Stadion wurde zeitweise von der Polizei gestoppt. © Danny Schöckle

Stuttgart. Gegen 18.30 Uhr am Donnerstagabend ist die Benzstraße in Untertürkheim nicht wiederzuerkennen. Wo sonst Pendler über die Abfahrt der B14 Richtung Feierabend rollen, stehen nun Hunderte Polizisten, Wasserwerfer in Bereitschaft, Blaulicht spiegelt sich in Schaufenstern. Und mittendrin: rund 3300 Fans von Feyenoord Rotterdam, die sich am Mittag vor dem Spiel beim VfB Stuttgart im Schlossgarten am Sonja-Merz-Biergarten getroffen haben, dort tranken, sangen, feierten – und von dort ab 17.15 Uhr in Bussen an den Neckarpark gebracht wurden. Jetzt ziehen sie lautstark in Richtung Gästeblock, die Straße gehört ihnen.

Die Benzstraße wird komplett gesperrt, die Abfahrt der B14 dicht. Stuttgart erstarrt kurz, wie Städte es tun, wenn Fußball auf Realität trifft. „Aus dem Fanmarsch heraus haben Rotterdam-Fans ein Baustellengelände betreten. Die Personen werden aufgefordert, es zu verlassen. Der Fanmarsch ist aktuell gestoppt“, twittert die Polizei. In einer zweiten Meldung klingt die Behörde wie eine leicht genervte Sportlehrerin: „Es wurde bereits Pyrotechnik gezündet und Personen haben sich vermummt. Unterlasst das!“ Und auch die Feuerwehr musste kurz eingreifen, als Glutnester in einem Gebüsch gelöscht werden mussten.

Erst um kurz vor 20 Uhr erreichte der Rotterdamer Fanmarsch die Stuttgarter Arena. „ Aufgrund von verschiedenen Störungen und vereinzelten Straftaten musste der Marsch durch uns mehrfach unterbrochen werden. Zwischenzeitlich kam der Wasserwerfer zum Einsatz“, heißt es von der Polizei. Anschließend konnten alle Sperrungen zwischen dem Stadion und dem Bahnhof in Untertürkheim aufgehoben werden. 

Vorfälle bereits am Mittwoch in der Stuttgarter Innenstadt

Dabei hat der Abend schon am Vortag begonnen. Bereits am Mittwoch versammelten sich viele Feyenoord-Anhänger in der Innenstadt, besetzten Kneipen, sangen laut – und gelegentlich zu laut. In einer Gaststätte in der Pfarrstraße wird eine Toilette beschädigt, am Kerner-Platz melden Zeugen eine Schlägerei, wenig später gibt es eine weitere Auseinandersetzung in der Olgastraße, ein Rotterdam-Fan wird verletzt, ein Tatverdächtiger festgenommen. Drei Männer, die sogenannte Quarzhandschuhe bei sich tragen – Handschuhe, die Knöchel in kleine Waffen verwandeln – werden kontrolliert und zurück nach Hause geschickt. Die Polizei sagt später, man habe „durch präventives Einschreiten weitere Vorfälle verhindert“.

Es ist ein Hochrisikospiel, so nennt man Partien, bei denen die Emotionen erfahrungsgemäß schneller hochkochen als die Stadionlautsprecher. Mehrere Hundert Beamte sind im Einsatz, unterstützt von Reiterstaffel und Bundespolizei. Polizeivizepräsident Carsten Höfler formuliert es in einem Satz, der auch als Banner im Stadion funktionieren würde: „Wer das Spiel zum Anlass nimmt, um sich an Ausschreitungen zu beteiligen, den nehmen wir aus dem Spiel – wer überzieht, sieht rot.“ Man versteht die Botschaft. Und auch, dass sie notwendig ist. Feyenoord-Fans gelten nicht nur als leidenschaftlich. In Frankreich wurde ihnen zu einer Champions-League-Partie gar die Einreise verweigert. Allein die Aussicht auf Eskalation reichte.

Um 21 Uhr beginnt das VfB-Spiel in der MHP-Arena

Stuttgart hat sich für die andere Variante entschieden: Man lässt sie kommen. Und gibt ihnen sogar mehr Tickets als vorgeschrieben – nicht aus Höflichkeit, sondern aus Geometrie. Die Blockstruktur der MHP-Arena erlaubt so eine klarere Trennung. Und während die Rotterdamer durch Untertürkheim ziehen, formiert sich gleichzeitig auch ein VfB-Fanmarsch vom Cannstatter Bahnhof. Zwei Ströme, die sich nicht treffen sollen und doch auf dasselbe Ziel zulaufen.

Der Fußball selbst beginnt erst um 21 Uhr. Vielleicht wird das Spiel groß, vielleicht vollkommen unspektakulär, vielleicht bleibt die Erinnerung eher auf der Straße als auf dem Rasen. Aber schon jetzt ist klar: Es ist einer dieser Abende, an denen die Stadt mitspielt. Und an denen man gut beraten ist, früh loszugehen und geduldig zu bleiben. Denn manchmal ist das erste Duell eines Fußballspiels nicht Außen gegen Stürmer. Sondern Geduld gegen Zeit.

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