Warum die VfB-Fans beim Spiel in Dortmund zwölf Minuten still sein werden
Stuttgart/Dortmund. Fans in der Bundesliga und Zweiten Liga protestieren an diesem Wochenende mit Bannern und Schweigen gegen sicherheitspolitische Pläne der Innenminister. Auch die Szene des VfB Stuttgart wird sich am Samstagnachmittag (15.30 Uhr/Sky) beim Auswärtsspiel in Dortmund am Protest beteiligen. Die Kurven befürchten Eingriffe in die Fankultur – und fordern nun Unterstützung von den Vereinen.
Der Spielbetrieb in der 1. und 2. Liga hat am Freitagabend bereits mit Schweigen begonnen. Nicht aus Verlegenheit, sondern aus Prinzip. In Mainz, Berlin, Bochum – und vielerorts in den Kurven – protestierten Fans gegen das, was sie für den größten Eingriff in die Fankultur seit Jahren halten: neue Sicherheitspläne der Innenminister, die Anfang Dezember in Bremen zur Debatte stehen.
Plakate mit Aufschriften wie „Totalitären Wahn stoppen“ oder „Gegen Generalverdacht“ begleiteten in Mainz die Partie zwischen dem FSV und Hoffenheim. In der Zweiten Liga trugen Ultras von Hertha BSC über Dynamo Dresden bis Eintracht Braunschweig Banner, die in dieselbe Richtung wiesen. Noch deutlicher aber war das nicht Gezeigte: zwölf Minuten lang blieb es still. „Soll das die Zukunft des Fußballs sein?“, stand in Berlin und Bochum auf den Transparenten. Ein Satz, der im Schweigen lauter wirkte als viele Choreografien.
Die Pläne der Innenpolitik
Der Protest soll sich durch das gesamte Wochenende ziehen. Er speist sich aus der Sorge, dass Fußballspiele künftig zu einem sicherheitspolitischen Versuchsfeld werden. Personalisierte Tickets, verschärfte Stadionverbotsrichtlinien, weniger Karten für Gästefans – all das ist im Gespräch.
Eine gemeinsame Erklärung der deutschen Fanszenen, der sich auch das Commando Cannstatt des VfB Stuttgart angeschlossen hat, spricht von „massiven und unbegründeten Eingriffen“ in Fankultur und Vereinsarbeit. Die Innenpolitik zeichne ein Zerrbild, das „das Erlebnis Stadionbesuch ohne tatsächlichen Anlass beschädigt“.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) stellte vor dem Spieltag klar, dass sie solche Schritte für wenig hilfreich hält. Kollektivmaßnahmen, die Millionen von Fans betreffen würden, seien weder geeignet, die Sicherheit tatsächlich zu erhöhen, noch für die Öffentlichkeit vermittelbar. Die DFL bezog sich dabei auf Positionen von Geschäftsführer Marc Lenz sowie DFB-Präsident Bernd Neuendorf, die beide zuletzt bei einer Sondersitzung der Kommission Fans und Fankulturen ihre Ablehnung formuliert hatten.
Vereine zwischen Verständnis und Verantwortung
Auch aus den Vereinen kommt Zustimmung zu den Fanprotesten – zumindest im Grundsatz. Beim 1. FC Köln, dessen Anhänger am Samstagabend ebenfalls zwölf Minuten lang schweigen wollen, spricht man von „schmerzhaften, aber nachvollziehbaren“ Aktionen. Die Fankultur sei ein identitätsstiftender Teil des Klubs, heißt es aus der Geschäftsführung. Gleichzeitig betont man, dass Stadionsicherheit essenziell und der Stadionbesuch statistisch sicher sei. Kollektivstrafen lehne man ab, stattdessen setze man auf Dialog: mit der Politik, aber auch innerhalb der Liga.
Eine neue Einigkeit in den Kurven
Dass die Fans diese Debatte nicht nur laut, sondern zuletzt auch erstaunlich geeint führen, zeigte sich bereits am vergangenen Wochenende in Leipzig, als Tausende unter dem Motto „Der Fußball ist sicher“ demonstrierten. Die Fanszenen lassen keinen Zweifel daran, dass sie nun die Vereine in der Verantwortung sehen. „Es geht nur gemeinsam“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Die Anhänger hätten Rivalitäten und Farben für eine gemeinsame Sache hintenangestellt – jetzt seien die Klubs am Zug. Wie laut die Stille in deutschen Stadien sein kann, ist an diesem Wochenende jedenfalls unüberhörbar.




