VfB Stuttgart

Was der Porsche-Einstieg für die Machtverhältnisse im VfB-Aufsichtsrat bedeutet

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Porsche-Finanzvorstand Lutz Meschke. © Simeon Kramer

Am Donnerstag (29.02.) wird der Aufsichtsrat des VfB Stuttgart um zwei Personen erweitert. So weit, so unspektakulär. Der Einstieg von Porsche als Investor wird sich dann auch im Kontrollgremium der Schwaben niederschlagen. Und die Machtverhältnisse verändern. Der selbstbewusste Sportwagenbauer aus Zuffenhausen strebt nämlich eine Neuordnung der Aufsichtsratsspitze an.

Die Porsche-Vorstandsmitglieder Lutz Meschke (Finanzen) und Albrecht Reimold (Produktion) werden auf der nächsten Sitzung für den Investor in das höchste Kontrollgremium der VfB-AG berufen werden. Flankiert von dieser Formalie ließ ein Porsche-Sprecher via Stuttgarter Zeitung und Business Insider wissen, dass man "einen Neuanfang im Aufsichtsrat mit einem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden" möchte. Dies sei vorab mit dem bisherigen Vorsitzenden und VfB-Präsidenten sowie den Mitgliedern des Gremiums besprochen worden. Und von Claus Vogt so auch zugesagt worden. So weit, so problematisch. Es brodelt längst schon wieder hinter den Kulissen.

Porsche erwirbt VfB-Anteile im Wert von rund 40 Millionen Euro

In einem ersten Schritt hat die Volkswagen-Tochter 5,49 Prozent der Anteile an der VfB Stuttgart 1893 AG erworben. Die zweite Tranche in Höhe von 5,20 Prozent sei für Juni 2024 geplant. Offizielle Angaben zur Summe wurden nicht gemacht, Berichten zufolge soll der VfB durch den Anteilsverkauf insgesamt rund 40 Millionen Euro einnehmen.

Der neue starke Mann (oder vielleicht ja die neue starke Frau) im AG-Aufsichtsrat soll nun nach den Vorstellungen von Porsche "idealerweise aus dem Kreis der vom e. V. gestellten Aufsichtsratsmitglieder stammen". Porsche selbst strebe die Übernahme des Aufsichtsratsvorsitzes jedoch nicht, so der Unternehmenssprecher. Bislang war der Aufsichtsratsvorsitz stets an das Amt des e.V.-Präsidenten gebunden gewesen. Das ist zwar nirgends schriftlich fixiert, war den Mitgliedern aber im Zuge der emotionalen Diskussionen im Vorfeld der Ausgliederung 2017 so zugesichert worden. Nun soll sich wiederum im vergangenen Sommer im Zuge der Gespräche über den Einstieg von Porsche beim VfB der Präsident Claus Vogt bereit erklärt haben, den Vorsitz im Aufsichtsrat abzugeben.

Ein zentrales Versprechen der Ausgliederungs-Kampagne von damals würde damit gebrochen werden, was neben dem auffällig selbstbewussten neuen Investor auch den amtierenden Clubchef in einem schlechten Licht da stehen lassen würde. Von der Kommunikation in dieser Angelegenheit im Vorfeld der Sitzung via Presse ganz zu schweigen. Die Alarmglocken vieler Mitglieder schrillen, sie sind gebrannte Kinder. In der jüngeren Vergangenheit gab es schließlich einigen vereinspolitischen Knatsch.   

Kurve oder Kapital: Es geht längst um Grundsätzliches

Die jüngsten Proteste der aktiven Fanszene gegen den Investoren-Deal der Deutschen-Fußball-Liga (DFL) waren mit Blick auf die Vorgänge am Wasen da nur Teil eines viel größeren Konflikts im Fußball. Es geht längst um Grundsätzliches. Kurve oder Kapital: Wer hat die Macht? Auch beim VfB Stuttgart sorgen sich die organisierten Anhänger um den wachsenden Einfluss externer Geldgeber, vor allem im Aufsichtsrat der AG. Die Ultras befürchten, dass der e.V. dort künftig weniger Einfluss hat. Im Kern geht es also längst auch um die 50+1-Regel. Diese begrenzt den Einfluss externer Geldgeber der Profi-Vereine. Sie soll sicherstellen, dass Muttervereine selbst dann die letzte Entscheidungsgewalt behalten, wenn der Profibereich in eine Kapitalgesellschaft wie ausgegliedert wurde. 

Die Vereinsvertreter im Aufsichtsrat, also Präsident Claus Vogt, Vize-Präsident Rainer Adrion, Präsidiumsmitglied Christian Riethmüller, sowie Tanja Gönner, Alexander Kläger und Beate Beck-Deharde seien nun in der Pflicht, hieß es in einer Mitteilung und auf einem Spruchband in der Cannstatter Kurve. Man werde "sehr genau darauf schauen, ob die Interessen der Mitglieder des Hauptanteilseigners e.V. in der AG vertreten werden oder nicht, ob der e.V. nur auf dem Papier die Mehrheit besitzt oder ob der Einfluss des e.V. in die AG weiter minimiert wird".

Die Spannungslinien zwischen Kurve und Kapital könnten bald erneut aufbrechen

Beim VfB deutet sich also ein neues Konfliktfeld an. Und die Spannungslinien zwischen Kurve und Kapital könnten bald erneut aufbrechen. Zumal im bald elfköpfigen Stuttgarter Aufsichtsrat die e.V.-Seite nur noch knapp in der Mehrzahl sein wird: Sieben Personen vertreten dort künftig den Verein als größten Anteilseigner (78,2 Prozent), vier die Investoren-Seite von Porsche und Mercedes (je 10,4 Prozent). Tobias Röschl vom aktuell kleinsten Anteilseigner Jako (1 Prozent) sitzt rein formal für den Verein im Aufsichtsrat. Eine kuriose Konstellation.

Und weiter hieß es anlässlich der Finalisierung des Porsche-Deals aus dem roten Clubhaus: "Der VfB Stuttgart beabsichtigt, in den kommenden Jahren die satzungsgemäß verbleibenden 3,9 Prozent der Anteile durch eine weitere Kapitalerhöhung zu veräußern."

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