VfB Stuttgart

Welche Lektion der verpatzte Bundesliga-Auftakt in Berlin für den VfB bereithält

Fußball  FC Union Berlin vs. VfB Stuttgart
Der VfB Stuttgart startete mit großen Ambitionen in die Bundesliga – und endete bei Union Berlin frustriert. © Oliver Behrendt

Berlin. An der Alten Försterei wurde am Samstagnachmittag (23.08.) früh klar, dass es einer dieser Nachmittage werden würde, die den VfB Stuttgart noch lange verfolgen könnten. Tolle Atmosphäre, Konfetti und Choreo, dazu ein Gegner, der nicht den schönsten Fußball versprach – aber den effektivsten. Stuttgart drückte, kombinierte, scheiterte, wiederholte sich. Union dagegen nutzte zwei Chancen, wie ein Dieb im Vorbeigehen, und raubte den Schwaben die Hoffnung. Am Ende stand ein 1:2, das sich nicht nur wie eine Niederlage anfühlte, sondern wie eine Lektion: In der Bundesliga reicht Spielfreude nicht, wenn die Kaltschnäuzigkeit fehlt.

Der Stuttgarter Jubel dauerte nur wenige Sekunden. Nick Woltemade hatte in der siebten Minute der Nachspielzeit das 2:2 erzielt – so schien es. Doch der Linienrichter hob die Fahne, Abseits. Irgendwie passte es zu diesem Nachmittag in Berlin-Köpenick: ein Nachmittag, an dem der VfB vieles richtig machen wollte, vieles hübsch aussehen ließ – und trotzdem scheiterte. Trainer Sebastian Hoeneß saß nach dem Schlusspfiff auf der Bank, starrte ins Leere, maximal bedient. Geplant war ein Statement zum Saisonstart, heraus kam Frust pur.

VfB-Trainer Sebastian Hoeneß hatte sich gegen Union Berlin etwas getraut

Hoeneß hatte sich etwas getraut. Drei Stürmer von Beginn an – Ermedin Demirović, Deniz Undav, Nick Woltemade – die geballte Offensive, flankiert von Rückkehrer Alexander Nübel im Tor. Auch der jüngste Neuzugang Tiago Tomás stand parat. Die Botschaft war klar: Stuttgart will nicht nur mitspielen, Stuttgart will dominieren. Und tatsächlich: Ballbesitz, Tempo, Rochaden – das sah zunächst aus wie ein Auftakt nach Maß. Nur das kleine, aber entscheidende Detail fehlte: ein Tor.

Chabot per Kopf, Vagnoman am langen Pfosten, Karazor frei vor Rönnow – Chancen für ein ganzes Spiel, allein in Halbzeit eins. Union dagegen? Zwei Schüsse, zwei Tore. Ein Sonntagsschuss von Ilyas Ansah in den Winkel, später das eiskalte 2:0. Kalt wie eine Hundeschnauze, wie man früher gesagt hätte. Stuttgart dagegen vergeigte, was zu vergeigen war. Das Muster war schnell klar: Im eigenen Strafraum verteidigten die Schwaben wie höfliche Gastgeber – nicht zu nahe kommen, bitte –, im gegnerischen wirkten sie wie höfliche Besucher – lieber nicht zu forsch, man könnte anecken. „Wir müssen härter verteidigen, härter am Mann bleiben“, sagte Kapitän Atakan Karazor später am Sky-Mikrofon, und man spürte, dass es ihn selbst am meisten schmerzte. „Wir müssen so viel tun, um ein Tor zu erzielen.“ Es war der ehrliche, nüchterne Befund eines Nachmittags, an dem die Stuttgarter ihre eigene Naivität kennenlernten.

Als es schon zu spät war, verkürzte Joker Tomás immerhin mit einem sehenswerten Hackentor. Ein kleiner Trost, ein hübscher Moment. Und als Woltemade dann doch noch traf – eben nicht. Abseits. Der Linienrichter hatte aufgepasst, Union musste es nicht.

Stuttgart spielte Stuttgart-Fußball: schön, ambitioniert, aber naiv

21 Torschüsse, ein Treffer. Dazu die alte Schwäche beim Umschalten, wenn der Gegner kontert. Union spielte Union-Fußball: unschön, unsexy, aber effizient. Stuttgart spielte Stuttgart-Fußball: schön, ambitioniert, aber naiv. Am Ende blieb die Erkenntnis, dass in der Bundesliga fast nie der Hübschere gewinnt – sondern fast immer der Effizientere. Und die Mahnung, dass es keine Schonfrist gibt. Schon am Dienstagabend (26.08.) wartet Braunschweig im Pokal. Titelverteidiger hin oder her: eine ähnlich fahrlässige Chancenverwertung wie in Berlin, und die nächste Ernüchterung ist nicht weit.

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