AfD und der Reichsbürger-Putsch: "Weiß nicht, warum ich mich distanzieren soll"
Am 7. Dezember flog im Zuge einer großangelegten Razzia eine mutmaßliche Reichsbürger-Terrorgruppe auf, die einen gewaltsamen Umsturz geplant haben soll. Politiker sollten offenbar bei "Säuberungen" gerötet werden, auch ein Sturm auf den Bundestag soll Teil der Pläne gewesen sein. Mittendrin im Kreis der Verdächtigen: Birgit Malsack-Winkemann, AfD-Politikerin und ehemalige Bundestagsabgeordnete.
Nicht nur Malsack-Winkemann verbindet die Gruppe mit der AfD. Auch ein ehemaliger AfD-Stadtrat aus dem Erzgebirge zählt zu den Festgenommenen. Wie geht die Partei damit um?
Weidel und Chrupalla: "Verurteilen solche Bestrebungen"
Die Parteivorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel reagierten noch am Tag der Razzia mit einer gemeinsamen Presseerklärung. Von den Aktivitäten Malsack-Winkemanns im Reichsbürger-Milieu habe man nichts gewusst, hieß es. "Wir verurteilen solche Bestrebungen und lehnen diese nachdrücklich ab."
Malsack-Winkemann soll in der AfD gut vernetzt gewesen sein. Sie ist amtierende Beisitzerin im Bundesschiedsgericht der Partei, und damit auch zuständig für Parteiausschlussverfahren. Nach der Razzia verschwand ihr Name allerdings kommentarlos von der Website des Schiedsgerichts.
Höcke und Fest: Verharmlosung und angebliche Inszenierung
Björn Höcke, der als eigentliches Oberhaupt der Partei gilt, äußerte sich einen Tag nach der Razzia verharmlosend. Er schrieb am 8. Dezember auf Telegram von einem "Rollator-Putsch" und deutete eine Inszenierung an.
Diese beiden Narrative – Verharmlosung und angebliche Inszenierung– fanden sich daraufhin bei zahlreichen weiteren AfD-Politikern. Auch Alice Weidel stimmte schließlich in diesen Chor ein.
Umgang mit Terror-Razzia: Höcke legt vor, Weidel lenkt ein
Am Montag (12.12.) tagte der Innenausschuss im Bundestag. Thema: Die Reichsbürger-Razzia und die mutmaßlichen Terror-Pläne. Am Dienstag (13.12.) trat Alice Weidel vor die Kameras und sagte, es hätten sich keine konkreten Hinweise auf tatsächliche Pläne ergeben. Ob die Gruppe überhaupt in der Lage gewesen wäre, solche Pläne umzusetzen, sei ebenfalls fragwürdig. "Was Sie hier gerade sehen ist eine Inszenierung", so Weidel.
Reichsbürger-Gruppe: Waffen, Soldaten, Polizisten
Während im Zusammenhang mit der Reichsbürger-Razzia und der Rolle der AfD mittlerweile ein Parteiverbot diskutiert wird, ging die Höcke-Vertraute Christina Baum am Donnerstag (15.12.) im SWR-Interview noch einen Schritt weiter.
Christina Baum: "Mit den Gedanken auch auseinandersetzen"
Die AfD-Bundestagsabgeordnete aus dem Main-Tauber-Kreis distanziere sich nicht von den Reichsbürger-Plänen, "in die sogar eine Parteikollegin verstrickt sein soll", heißt es im Beitrag in der Sendung "Zur Sache! Baden-Württemberg". Dann kommt Baum selbst zu Wort.
"Ich weiß nicht, warum ich mich distanzieren soll", sagt die AfD-Politikerin. "Ich kenne niemanden von denen. Und distanzieren bedeutet ja auch immer ausgrenzen – mit denen möchte ich nichts zu tun haben." Das sei keine Lösung, es gebe schon genug Spaltung in der Gesellschaft. "Wir müssen uns mit den Gedanken auch auseinandersetzen."
Die "Gedanken": Demokratiefeindlichkeit und Verschwörungsglaube
Zu diesen "Gedanken" gehört laut Generalbundesanwalt der Glaube an antisemitische Verschwörungserzählungen aus der QAnon-Bewegung. An einen "technisch überlegenen Geheimbund", der demnächst den angeblichen "Deep State" angreifen soll – in der Vorstellung der QAnon-Anhänger eine Art Schattenregierung.
"Die Beschuldigten verbindet eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland", so der Generalbundesanwalt, "die im Laufe der Zeit bei ihnen den Entschluss hat wachsen lassen, sich an ihrer gewaltsamen Beseitigung zu beteiligen [...]."