Weihnachtsmärkte in Schorndorf
Schorndorf.
Wenn die Vereine etwas über das kulturelle, gesellschaftliche und soziale Leben einer Stadt aussagen, dann ist es um Schorndorf nicht schlecht, oder wenn man sich das schwäbische Understatement an dieser Stelle einmal sparen will, hervorragend bestellt. Beim Weihnachtsmarkt der Vereine konnte man sich wieder einmal herrlich verlieren zwischen den Ständen, die die Vereinsaktiven mit Waren und Leckereien aller Art bestückt haben.
Manche waren da schon zu sonntäglich nachtschlafender Zeit zugange: Saskia Seibold und Hanna Engelhardt vom Pfadfinderstamm Armer Konrad sind schon seit halb acht in der Früh’ da. Der Stand, an dem sie etwa Walnüsse und Waffeln anbieten, musste aufgebaut werden, daneben ein Zelt, in dem man sich auf Strohballen lagern und sich an den vielen Kerzen wärmen konnte. Saskia und Hanna sind auch unter der Woche ziemlich aktiv bei den Pfadfindern, betreuen neben ihren eigenen Aktivitäten noch eine „Sippe“, was jüngere Pfadis im Alter von elf bis 15 Jahren sind.
Ein paar Meter weiter ist Heidi Rapp von der Schorndorfer SPD auch schon recht wach und preist den Glühmost an: „Wolled Se a Gläsle Most probiera?“, lockt sie die Kundschaft, die zum Most noch ein „Pärle Saiten“ nehmen kann, die auf dem Speisezettel den Zusatz „lecker“ hat.
Eine Wurstreise durch Europa
Überhaupt die Wurst. Man kann die Vielfalt einer Stadt ja an vielem festmachen, beim Weihnachtsmarkt der Vereine unbedingt auch an der Wurst. Eine Wurst-Reise durch Europa war hier auf wenigen Quadratmetern möglich. Inklusive nettesten Erläuterungen der jeweiligen Wurstbrater. Schorndorfer sind sie mittlerweile alle. Egal, wo sie oder ihre Vorfahren einst herkamen, ob sie die Wurst lieber gesotten oder gebraten mögen, ob sich darin mehr Schwein oder sogar Lamm verbirgt. So Benjamin Tomec, der am Stand des Slowenischen Kulturvereins steht, dessen zweiter Vorsitzender er ist. Er ist in Schorndorf geboren, weiß aber sehr genau, was das Besondere an der „Krainer Wurst“ ist. „Deftig“ sei sie, ist sein erstes Stichwort „deftig und aus Schweinefleisch.“ Die „Krainer“ wird nicht gebraten, sondern gekocht, serviert mit Meerrettich und Peperoni. Dazu kann man einen slowenischen Glühwein trinken, den auszeichnet, dass er aus einem slowenischen Wein, rot oder weiß, frisch mit Gewürzen und Früchten angesetzt ist.
Das klingt alles sehr verlockend, würden da nicht vom Stand der Siebenbürger verführerische Schwaden herüberwehen. Die Siebenbürger bieten Bratwurst an und „Mici“. Horst Maurer und Simon Roth stehen mit roten Backen am Holzkohlegrill und wenden die duftenden „Mici“. Die Hackfleischrollen sind den Cevapcici verwandt, sind aber ein bisschen anders gewürzt. Cevapcici gibt es zum Vergleich auf dem Weihnachtsmarkt auch. Und serviert mit leuchtend orangefarbenem Ayvar, gelb-knusprigen Pommes und schneeweißen Zwiebelringen sind sie ein echter Augenschmaus. Wie auch der Apfelstrudel am Stand der Serben, der schön wie selten gesehen, auf dem Blech auf Naschkatzen und -kater wartet.
Das Geheimnis der griechischen Bauernbratwurst
Doch wir wollen noch kurz bei der Wurst bleiben und fragen Panagoitis Turpeslis und Areti Doulperidou nach dem Geheimnis in der griechischen Bauernbratwurst. Die beiden, die mit ihrem „richtig schönen schwäbischen Nachnamen wie Häberle oder Maier“, kokettieren, zählen auf: Schweinefleisch, Gewürze wie Oregano dazu ein Kraut, das aus den Bergen stammt und den klingenden Namen „Bachari“ trägt, geben der Wurst ihren griechischen Charme. Dazu kommt, weil auch der Wurstesser lebt ja nicht vom Fleisch allein, noch Spinat und Lauch.
Nach so viel Wurst ist es an der Zeit, sich noch schnell mit einem Adventskranz zu versorgen. Die Männer und Frauen von der CDU haben sich kreativ betätigt und etliche gebunden. Eltern und Kinder in den Kindergärten und Schulen haben ebenso ihr Talent beim vorweihnachtlichen Basteln austoben können, wie die Landfrauen, die zuverlässig immer wieder zeigen, dass sie einfach backen können. Lange Schlangen vor ihrem Stand, und die Gutsle in den hübsch verpackten Tütchen finden schnell ihre Abnehmer. Immer wieder gerne auch gekauft, duftende Bienenwachskerzen. Die Imker vom Imkerverein Remstal sitzen ja quasi an der Quelle und bieten welche an, wie auch ihr Topprodukt den Honig. Zwei Damen vor dem Stand rätseln über die Wirkung des angebotenen „Power-Honigs“. „Was des wohl isch?“, fragt sich die eine und bekommt von ihrer Begleiterin eine schnelle Antwort: „Ha, da gohsch ab wies HB-Männle.“
Wir bleiben auf dem Boden und decken uns ein mit Lektüre, die es stapelweise bei den Freunden der Stadtbücherei gibt, und nehmen im Vorbeigehen bei den Landfrauen aus Oberberken zwei Kalender „Mit den Landfrauen durchs Jahr“ mit.
Und zwischen all den Würsten aus den Küchen Europas, zwischen Gutsle und Glühmost, lächelt Shadwan Allshigh hinterm Stand der Awo. Die Awo bietet an diesem Sonntag zweierlei Suppen an: Gaisburger Marsch und Syrische Linsensuppe und Shadwan Allshigh erklärt in bestem Deutsch, was da alles rein muss. Man nehme rote Linsen, koche diese mit arabischem Pfeffer, Knoblauch und Minze, püriere das Ganze, derweil in einem anderen Topf Fleisch und Zwiebeln schmoren, die sich dann zu den Linsen gesellen. „Zitrone unbedingt auch mitkochen“, sagt der freundliche Mann, der aus Aleppo kommt und seit einem Jahr in Schorndorf lebt.
Einen Kalender mit allen Weihnachtsmärkten im Rems-Murr-Kreis finden Sie hier.