Stuttgart & Region

Demo-Samstag in Stuttgart: Neonazi-Aufmarsch? Gruppenbildung schon im Zug? 

Polizei Wasen
Die Polizei zieht nach unseren Informationen bereits seit Mitte der Woche Kräfte zusammen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten (Symbolfoto). © Danny Galm

Stuttgart. Polizei und Verwaltung wappnen sich für einen möglicherweise brisanten Demo-Samstag (22.03.) in Stuttgart. Nach einem Aufruf zu einem Querdenker-„Protestmarsch“ durch die Innenstadt haben mehrere Neonazi-Gruppierungen ihr Kommen angekündigt – darunter der äußert gewaltbereite „Störtrupp“. Das linke Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ mobilisiert zur Gegendemo. Die Lage ist unübersichtlich.

Die Vorgeschichte: Querdenker mobilisieren, Neonazis wollen kommen

Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Zwei Bündnisse, die sich der Querdenker-Szene zurechnen lassen, rufen seit Tagen zu einer Demonstration am Samstagmittag auf. Die Demo, die um 14 Uhr im Stadtgarten starten soll, soll im Kontext weiterer „Protestmärsche“ in anderen Bundesländern stehen. Sie richtet sich gegen „Milliardenhilfen für die Ukraine“ und die „Spaltung unserer Gesellschaft“. Gefordert werden auch „flächendeckende Grenzkontrollen“.

Auch wenn sich in Demo-Aufrufen mehrfach von Extremismus distanziert wurde, werben Gruppen junger Neonazis massiv für eine Teilnahme. Tim F. aus dem Rems-Murr-Kreis, zentraler Aktivist der Gruppe „Reconquista 21“ (Identitäre Bewegung), teilte ebenfalls einen Aufruf. Dass wenn zwei rechtsoffene Querdenker-Organisationen zur Demo rufen, Rechtsextremisten mitmarschieren wollen, wundert Verfassungsschützer wenig. „Bereits seit geraumer Zeit lässt sich eine Entwicklung hin zu entstehenden extremistischen Mischszenen feststellen“, so ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz gegenüber unserer Redaktion.

„Der Störtrupp“: Alte Neonazis treffen auf teilweise Minderjährige

Neben Gruppierungen wie „Pforzheim Revolte“, „Unitas Germanica“ und „Zollernalb Jugend Aktiv“ hat auch „Der Störtrupp“ eine Demo-Teilnahme angekündigt. Die Gruppe, die sich erst im vergangenen Jahr gegründet hat, gilt als äußerst gewaltbereit und sucht aktiv die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner. Auf Instagram und Tiktok posieren die Mitglieder vermummt, teilweise vor Reichskriegsflaggen, Nazi-Symbolen und alten Panzern.

Die Journalisten Julius Geiler und Max Neidlinger haben für das ZDF mehr als ein halbes Jahr lang interne Kommunikation des „Störtrupp“ verfolgt. Neben menschenverachtenden Äußerungen und Nazi-Symbolik seien darin immer wieder auch Fotos von Waffen  zu sehen gewesen. Die Gruppe bestehe aus „altgedienten Neonazi-Kadern“ und „jungen, teils minderjährigen Mitgliedern“ und ist in vier Untergruppen eingeteilt: Nord, Süd, West, Ost. Wie auch die anderen angekündigten Neonazi-Gruppierungen wird „Der Störtrupp“ vom Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet.

„Gruppen bilden“ im Zug: Bundespolizei will verstärkt Präsenz zeigen 

Ob und wie viele Neonazis am Samstagmittag in Stuttgart auftauchen, ist völlig unklar. Auch das macht die Lage zurzeit so unübersichtlich. Sollten die Rechtsextremisten ihre Ankündigungen wahr machen, würde sich das voraussichtlich schon bei der Anreise bemerkbar machen. Bereits jetzt wird sich auf Social Media über Fahrpläne ausgetauscht und die gemeinsame Anfahrt diskutiert. „Dann können wir schon im Zug Gruppen bilden“, heißt es beispielsweise in der Instagram-Story eines Accounts namens „Ostalbrevolte“ – dazu eine Zugverbindung ab Aalen. Ob es sich bei Ostalbrevolte um eine Einzelperson oder eine weitere Gruppierung handelt, ist unklar. 

Auch zum Gegenprotest werden sicherlich Menschen mit der Bahn anreisen. Auf einem linken Online-Portal wird ebenfalls zur gemeinsamen Anfahrt aufgerufen. Erste Auseinandersetzungen könnten daher schon vor Demo-Beginn drohen. Ist die Bundespolizei deshalb schon ab dem Vormittag in Zügen und an Bahnsteigen in der Region Stuttgart präsent? Man habe die Lage „auf jeden Fall auf dem Schirm“, so ein Sprecher gegenüber unserer Redaktion. Man werde „mit verstärkten Kräften“ im Einsatz sein, könne aber aus taktischen Gründen keine genaueren Angaben machen.

Polizei und Stadt sind alarmiert: Auch Auswirkungen auf den Verkehr

Auch das Polizeipräsidium Stuttgart und die Stadtverwaltung sind bereits dabei, Vorkehrungen zu treffen. Nach unseren Informationen wurden bereits am Mittwoch (19.03.) Kräfte für den Einsatz in der Innenstadt am Samstag zusammengezogen. Die öffentliche Sicherheit soll auch bei schwieriger Gemengelage gewährleistet werden. Dafür werden im Vorfeld einem Sprecher zufolge zahlreiche Gespräche geführt, die am Ende eine Gefahrenprognose ermöglichen sollen.

Auch mit Auswirkungen auf den Verkehr ist zu rechnen. Der genaue Verlauf der angekündigten Demo-Züge sei zwar noch unklar, in einer Pressemitteilung nennt die Stadt aber schon jetzt Gebiete, die betroffen sein werden: Der Stadtgarten und „Teilbereiche des City-Rings“ – insbesondere rund um den Börsenplatz, den Rotebühlplatz, die Lautenschlager und die Theodor-Heuss-Straße. 

Stadt Stuttgart: Innenstadt „weiträumig umfahren“

„Die Stadt bittet darum, am Samstagnachmittag den gesamten Innenstadtbereich einschließlich des City-Rings weiträumig zu umfahren, die Fahrten mit dem Auto zeitlich zu verschieben oder auf Stadtbahnen umzusteigen“, heißt es in der Mitteilung. „Aufgrund der Sperrungen ist auch mit Änderungen im Busverkehr zu rechnen. Die Stadt- und S-Bahnen werden normal fahren.“

VG WORT Zahlpixel