Stuttgart & Region

Feiern in Stuttgart: Projekt gegen sexuelle Übergriffe und Diskriminierung

Disco Club Nachtleben Symbolbild
Symbolbild. © Unsplash/Dominik Mecko

Wer sich nachts zwischen Lokalitäten oder auf dem Weg nach Hause unwohl fühlt, findet in Stuttgart und Umgebung Anlaufstellen, die als Rückzugsorte fungieren – die sogenannten Nachtbojen. Damit nicht nur die Wege dazwischen abgedeckt sind, gibt es die Kampagne „We are aware“ der Koordinierungsstelle Nachtleben der Stadt Stuttgart sowie das Landesprojekt „nachtsam“. Diese Awareness-Konzepte richten sich an Einrichtungen, die vor Ort mehr Sicherheit gewährleisten möchten. Sexuelle Belästigung und Diskriminierung sollen beim Feiern keinen Platz haben und sichtbar gemacht werden. Was wird dafür gemacht? Nachtmanager Nils Runge und Andreas Topp, Koordination Nachtleben bei der Landeshauptstadt Stuttgart, geben Antworten.

Workshops sollen Vernetzung der Einrichtungen in Stuttgart erleichtern 

Erste Workshops zum Thema Awareness fanden bereits im August 2022 statt. Damals allerdings noch ohne dazugehörige Kampagne, sondern unter dem Namen „Offene Clubtüre – Safer Spaces in der Clubkultur“, wie Nils Runge und Andreas Topp berichten. Workshops sollten die Vernetzung von Interessierten erleichtern und für Diskriminierung im Kontext Nachtleben sensibilisieren. Besucher teilnehmender Einrichtungen sollen wissen, dass sie Ansprechpartner, um sich haben, die Fortbildung oder Lehrgänge besucht haben. 

"Nach den ersten Workshops haben sich dann einige zusammengeschlossen und gemeinsam einen Leitfaden erarbeitet“, so Runge und Topp. Dieser Leitfaden könne als Grundlage genutzt werden, dürfe aber natürlich an die jeweiligen Bedürfnisse des Clubs angepasst werden. "Die Einrichtungen haben sich gemeinsam darauf verständigt, Awareness als Prozess zu verstehen, den sie selbstständig in ihren Cluballtag integrieren können", erzählt Topp.

Grundsätze von Awareness-Arbeit der Koordinierungsstelle Nachtleben

"Die Awareness Kampagne der Koordinierungsstelle Nachtleben appelliert an das Verantwortungsbewusstsein jeder Einzelnen und jedes Einzelnen, um ein gutes Miteinander im Nachtleben zu fördern", heißt es auf der Homepage der Stadt Stuttgart. Zu den Grundsätzen gehört, dass individuelle Grenzen respektiert werden. Dass heißt, wo ein Übergriff beginnt, bestimmt immer die betroffene Person. Außerdem sollen Betroffene entscheiden dürfen, wie es nach dem Vorfall weitergeht. Und: Die Wahrnehmung der betroffenen Person wird nicht in Frage gestellt – Solidarität stehe dabei an erster Stelle.

Awareness wird immer mehr von Besuchern und Angestellten gefordert

Die Koordinierungsstelle Nachtleben organisiert im Rahmen der Kampagne weitere Workshops zur Weiterbildung und sensibilisiert mit „We are aware“ für die Belange aller Menschen im Nachtleben. Die Verantwortung und Umsetzung von Awareness-Konzepten in den Clubs und Einrichtungen obliege jedoch den Betreibern.

„Awareness wird immer mehr von Besucher sowie den Angestellten gefordert und sollte auch im laufenden Betrieb umgesetzt werden“ so Runge. „Unserer Meinung nach tragen Clubs und Veranstaltende zu den gesellschaftlichen Veränderungen bei und sind hier als Innovatoren und Vorreiter zu verstehen.“ Der Wunsch vieler Einrichtungen sei es, sich weiterzubilden und zu positionieren. 

Auch die Zusammenarbeit mit dem Landesprojekt „nachtsam“ ist Teil der Selbstverpflichtung. "Wir als Koordinierungsstelle Nachtleben empfehlen allen Einrichtungen das niederschwellige Angebot wahrzunehmen", lautet der Appell von Runge und Topp. Die Kampagne „We are aware“ und die damit zusammenhängenden Schulungen sollen die Projekte „nachtsam“ und „Nachtboje“ ergänzen, um möglichst viele Bereiche des Nachtlebens zu erreichen. 

Zur nachtökonomischen Studie: Nacht-ÖPNV in Stuttgart soll gestärkt werden

Zur Förderung des Stuttgarter Nachtlebens hat die Landeshauptstadt Stuttgart außerdem die "Nachtökonomische Studie" erstellt. In dieser Studie wurde unter anderem festgestellt, dass der Nacht-ÖPNV gestärkt werden müsse. Wie die Koordinierungsstelle auf Nachfrage bestätigte, wurden bereits erste Gespräche zur Stärkung des Angebots geführt. „Wir könnten uns vorstellen, dass Nachtbusse in Zukunft auch zwischen Stationen halten können und die nächtliche Taktung erhöht wird – hier wurde ja bereits 2021 ein Anfang gemacht.“ Außerdem plane die SSB den Nachtbetrieb mit den Stadtbahnen für das Jahr 2025. Weiter könnte man die Möglichkeit anbieten, Frauennachttaxis auch telefonisch im Vorhinein bestellen zu können. 

Ziel ist es, dass sich die Szene langfristig selbst strukturiert und Awareness in ihren Alltag integriert. Weitere Maßnahmen und Projekte können dann in Rücksprache und Abstimmung mit der Szene erarbeitet werden.

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