Michael Ballweg: Landgericht Stuttgart will Hauptverfahren nicht eröffnen
Das Landgericht Stuttgart hat die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen den "Querdenken 711"-Gründer Michael Ballweg offenbar abgelehnt. Das geht aus einer aktuellen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom Dienstag (10.10.) hervor, die dagegen "sofortige Beschwerde" einlegen will.
Was wirft die Staatsanwaltschaft Michael Ballweg vor?
Im März hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart nach längeren Ermittlungen Anklage gegen Michael Ballweg erhoben. Ihm wurden darin neben versuchtem Betrug und Geldwäsche auch "diverse Steuerstraftaten" vorgeworfen, wie ein Sprecher damals auf Nachfrage mitteilte.
In der aktuellen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft werden die Vorwürfe der Anklage noch einmal zusammengefasst: Demnach werde ihm vorgeworfen, "spätestens seit Mai 2020 durch öffentliche Aufrufe von einer hohen vierstelligen Zahl an Personen finanzielle Zuwendungen für 'Querdenken 711' im Umfang von mehr als einer Million Euro eingeworben haben". Hierbei soll Ballweg "die Zuwendenden getäuscht und mehr als 500.000 Euro für eigene Zwecke verwendet" haben. Außerdem soll er nach Ansicht der Staatsanwaltschaft "die mutmaßlich rechtswidrige Herkunft der eingeworbenen finanziellen Zuwendungen in mittlerer sechsstelliger Höhe durch vier Bargeldauszahlungen verschleiert" haben.
Ballweg und sein Team aus Verteidigern hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Die neunmonatige Untersuchungshaft in der JVA Stammheim, in der sich der "Querdenken 711"-Gründer bis April befand, bezeichnen sie bis heute als unrechtmäßig. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Entscheidung des Landgerichts Stuttgart: Ballwegs Verteidiger wohl nicht informiert
Über die Zulassung der Anklage hatte das Landgericht Stuttgart zu entscheiden – was nun offenbar nach über einem halben Jahr mindestens in Teilen geschehen ist. Wie aus der Pressemitteilung hervorgeht, hat das Landgericht Stuttgart die "Nichteröffnung des Hauptverfahrens [...] wegen versuchten Betruges und Geldwäsche" beschlossen. Ob ein Verfahren wegen "mitangeklagter Steuerstraftaten" eröffnet werden wird, ist aktuell noch unklar. In den Pressestellen der Behörden war am späten Dienstagabend niemand mehr zu erreichen.
Anwalt Ralf Ludwig, ebenfalls führendes Mitglied von "Querdenken 711", gab auf Telegram an, dass die Verteidiger Ballwegs noch keine Kenntnis vom aktuellen Verfahrensstand hätten. "Aus Sicht der Verteidigung stellt sich schon aus Gründen eines fairen Verfahrens die Frage, ob die Staatsanwaltschaft über die aktuelle Entwicklung die Öffentlichkeit informieren darf, bevor der Beschuldigte selbst und seine Verteidiger informiert sind."
Beschwerde der Staatsanwaltschaft: Die Sache mit dem Tatverdacht
Was bedeutet nun die Ankündigung der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Beschwerde einlegen zu wollen – und worauf stützt sie sich? Anfang April hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart den Haftbefehl gegen Ballweg unter Auflage aufgehoben. Begründet wurde das damals mit der fehlenden Verhältnismäßigkeit wegen gesunkener Fluchtgefahr. Zu diesem Zeitpunkt war bereits Anklage erhoben worden.
Laut Staatsanwaltschaft Stuttgart wurde im Beschluss des OLG Stuttgart, den Haftbefehl aufzuheben, aber gleichzeitig "das Fortbestehen eines dringenden Tatverdachts des versuchten Betrugs und der Geldwäsche bejaht." Das Landgericht Stuttgart habe nun aber einen hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich dieser Vorwürfe abgelehnt.
Die Begrifflichkeiten sind hier wichtig: Dringender Tatverdacht besteht laut Strafprozessordnung (StPO) ganz allgemein dann, wenn ein Verdächtiger eine Tat nach aktuellem Stand der Ermittlungen mit hoher Wahrscheinlichkeit begangen hat. Ein dringender Tatverdacht ist beispielsweise Voraussetzung für eine Untersuchungshaft. Der hinreichende Tatverdacht bezieht sich dagegen auf die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung im Falle eines Prozesses und ist Voraussetzung für die Erhebung einer Anklage.
Der Ball liegt nun beim Oberlandesgericht Stuttgart
Wie geht es nun weiter? Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die Entscheidung des Landgerichts wird nun von der nächsthöheren Instanz geprüft – dem Oberlandesgericht. Sieht das OLG im Gegensatz zum Landgericht einen hinreichenden Tatverdacht als gegeben, könnte es ein Hauptverfahren gegen Ballweg eröffnen. Sieht es diesen nicht, kann die Beschwerde zurückgewiesen werden.