Der Wirbel um Woltemade: Eine irre Branche und respektlose Bayern (Kommentar)
Stuttgart. Nick Woltemade vom VfB Stuttgart will zum FC Bayern München wechseln. Oder anders gesagt: Für einen 23-jährigen Angreifer, der gerade mal eine halbe starke Bundesliga-Saison gespielt hat, werden 100 Millionen Euro aufgerufen. Noch Fragen? Der jetzt schon irre Transferpoker um den Stuttgarter Stürmer zeigt einmal mehr, wie überhitzt es in dieser oft aberwitzigen Branche zugeht – und wie planlos der große FC Bayern inzwischen auf dem Markt agiert. Unser Reporter Danny Schöckle kommentiert.
Erst wollten die Bayern Florian Wirtz von Bayer Leverkusen holen. Klappte nicht. Der Spanier Nico Williams war das nächste Ziel. Wurde aber bislang auch nix. Bradley Barcola von Paris Saint-Germain sollte ebenfalls kommen. Bislang auch Fehlanzeige. Und Rafael Leão vom AC Mailand? Den haben sie auch nicht bekommen. Aber die viel wichtigere Frage lautet: Was will der FCB eigentlich? Einen Zehner, einen Flügelstürmer oder einen klassischen Mittelstürmer? Eine klare Transferstrategie sieht definitiv anders aus.
Poker um VfB-Stürmer Nick Woltemade: Guter Stil? Fehlanzeige!
Jetzt also der nächste Anlauf – diesmal bei Nick Woltemade. Wobei „Anlauf“ schon zu wenig sagt, schließlich sind sich Bayern und Spielerseite längst einig. Verhandelt wurde all das hinter dem Rücken der VfB-Verantwortlichen – und das mitten während der U-21-EM. Guter Stil? Fehlanzeige. Zumal Bayern-Sportvorstand Max Eberl und mancher FCB-Profi in der Öffentlichkeit über den Spieler sprechen, als sei der Deal schon so gut wie perfekt. Man stelle sich nur vor, was für ein Aufschrei vom Tegernsee kommen würde, wenn sich ein anderer Verein so über einen Profi äußern würde, der beim FCB unter Vertrag steht. Der rote Kopf von Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß wäre wohl noch vom Stuttgarter Fernsehturm aus zu sehen.
Die Bayern wiederholen denselben Fehler, den sie schon bei den gescheiterten Wirtz-Verhandlungen gemacht haben: Schon öffentlich über einen Spieler sprechen, der noch unter Vertrag steht – und den sie am Ende nicht bekommen. So wird aus Planlosigkeit schnell ein Eigentor. Und im Fall Woltemade steigt der Preis auch deshalb ins Unermessliche, weil sich die Münchner so respektlos und anmaßend gegenüber dem VfB verhalten haben.
Der Transfer wurde heimlich ausgetüftelt – und das auch noch kurz vor dem Finale der U-21-EM. Das wirft nebenbei bemerkt kein gutes Licht auf das Woltemade-Management. Aber auch der Spieler selbst sollte sich fragen, ob es in dieser Phase seiner Karriere wirklich der richtige Schritt ist, nach nur einer starken Rückrunde und einem tollen EM-Sommer schon wieder den Klub zu wechseln. Geld hin oder her.
Der VfB Stuttgart hat alle Trümpfe in der Hand
Am Wasen ist der Trotz jetzt erst recht geweckt – und über die Medien kursiert eine astronomische Ablösesumme von 100 Millionen Euro. Der VfB wird Stärke zeigen. Das ist gut so. Verstecken muss sich der frischgebackene Pokalsieger keinesfalls. Sportvorstand Fabian Wohlgemuth wird in den kommenden Verhandlungsrunden die harten Bandagen anlegen. Schließlich hat der VfB alle Trümpfe in der Hand.