Offensiv-Engpass beim VfB: Trainer Hoeneß testet eine Systemumstellung auf 4-3-3
Großaspach/Stuttgart. Der VfB Stuttgart steht vor einer personellen Zwickmühle in der Offensive: Woltemade verkauft, Oh-Transfer in letzter Minute geplatzt, Undav verletzt – einzig Demirovic als Neuner ist verfügbar. Die Lösung? Ist womöglich auch taktische Flexibilität. Trainer Sebastian Hoeneß testete beim 6:2 gegen Großaspach ein 4-3-3-System. Das Ziel: die dünne Sturmreihe ausgleichen, Räume besser nutzen, Pressing variabler gestalten. Chancenreich, temporeich, mit neuen Laufwegen.
Es ist eine Lage, die man beim VfB so nicht sehen wollte: Nick Woltemade verkauft, Hyeon-gyu-Oh-Wechsel am Deadline Day geplatzt, Deniz Undav verletzt – und plötzlich steht nur noch Ermedin Demirovic als klassischer Stoßstürmer parat. Die Angriffsreihe ist dünn wie selten. „Klar hatte ich die Hoffnung, dass wir noch einen Stürmer holen“, sagte auch Nationalverteidiger Maximilian Mittelstädt. „Es ist ja kein Geheimnis, dass wir für drei Wettbewerbe Alternativen gebraucht hätten.“ Die Hoffnungen ruhen nun auf Demirovic. Mittelstädt macht sich diesbezüglich keine größeren Sorgen, stärkt seinem Stürmer demonstrativ den Rücken: „Er hat mehrfach bewiesen, dass er in einer Saison 15 Tore erzielen kann. Mit ihm sind wir gut aufgestellt.“
In Großaspach spielte der VfB Stuttgart im 4-3-3
Die Neuzugänge Badredine Bouanani (20, aus Nizza, 20 Mio. Ablöse) und Bilal El Khannouss (21, Leihe mit Kaufpflicht aus Leicester) sind auf dem Flügel und im offensiven Mittelfeld vorgesehen. Der VfB muss also taktisch kreativ werden. Um den Personalengpass in der vordersten Angriffsreihe zu kompensieren, könnte daher auch eine Anpassung der Grundordnung helfen.
In der Vorbereitung und zu Saisonbeginn hatte Trainer Sebastian Hoeneß meist auf das bisher favorisierte 4-2-3-1-System gesetzt – mit einem klaren Neuner und dahinter einer mitspielenden Stürmerposition, meist Woltemade. Beim Testspiel gegen Großaspach am Mittwochabend – 6:2 – probierte Hoeneß nun eine neue Grundordnung: 4-3-3. Pascal Stenzel auf der Achterposition, Tiago Tomas in der Spitze, Badredine Bouanani rechts außen, Chris Führich über links. Der Aussagewert dieses Tests in der Länderspielpause gegen einen Regionalligisten und ohne zehn (!) Nationalspieler ist zwar begrenzt, doch der Trainer war zufrieden. „Wir haben etwas ausprobiert beim Pressing und in der Grundordnung“, sagte Hoeneß hinterher. Gestern erst angefangen, heute schon umgesetzt – Chancen ohne Ende, Tore zum Genießen. Aber auch ein inzwischen altbekanntes Manko: „Es hätten deutlich mehr Tore sein müssen.“ Auch die Gegentore ärgerten den Coach, aber das Positive überwiegt: „Wir haben den Tag genutzt, um in andere Abläufe zu kommen. Heute haben wir gute Bilder gesehen, mit denen wir arbeiten können.“
Das Pressing-Verhalten hat sich deutlich verändert. Die vielen flexibel einsetzbaren Offensivkräfte fanden Räume, die sie gegen einen Regionalligisten ausnutzen konnten. „Wir haben einen anderen Pressing-Plan gewählt. Und das muss man entwickeln.“ Mit Blick auf den finalen Kader sagt Hoeneß: „Es ist ein spannender, aber auch junger Kader. Viele Jungs stehen gerade am Anfang ihrer Karriere. Das gilt es zu entwickeln. Wir müssen den Jungs Zeit geben, sind aber optimistisch, dass wir wieder überraschen können.“
Kommandos auf Englisch für Tiago Tomas und Bouanani
In der Aspacher Arena zeigte Hoeneß, wie er arbeitet: laut, direkt, immer nah am Spieler. „Wir wollten das Spiel als Training auf Wettkampf-Niveau nutzen. In so einem kleinen Stadion kannst du die Spieler viel direkter erreichen als in einem lauten Bundesliga-Stadion.“ Kommandos auf Englisch für Tiago Tomas und Bouanani – alles Teil der Vorbereitung auf das nächste Auswärtsspiel beim SC Freiburg am 13. September. Am Ende des Tages bleibt: Die Offensive ist dünn, die Lösungen begrenzt, aber Hoeneß hat ein Gefühl dafür, wo die Mannschaft steht – und was sie entwickeln muss.