Polizei gegen VfB-Ultras in Dortmund: Das nächste Kapitel in einem Dauerkonflikt
Bei der 0:5-Niederlage in Dortmund bekam der VfB Stuttgart deutlich seine Grenzen aufgezeigt. Während die Profis gegen einen starken BVB nichts zu melden hatten, kam die organisierte Fanszene nicht einmal ins Stadion. Die Ultras wurden vor dem Spiel von der Polizei abgefangen und mussten direkt die Heimreise antreten. Bei diesem Polizeieinsatz wurde erneut deutlich, wie groß die Kluft zwischen Polizei und Ultras ist - und warum solche Vorfälle letztlich beiden schaden.
Polizei kesselt VfB-Ultras ein: Einsatz dauerte fünf Stunden
Was war passiert? Um die Mittagszeit kam es in der Dortmunder Innenstadt zu einem großen Polizeieinsatz. Rund 350 VfB-Ultras wurden in der Hohen Straße bei einer Fankneipe des Dortmunder Fanprojekts von der Polizei eingekesselt. Es wurden Personalien aufgenommen, Fan-Utensilien beschlagnahmt und Platzverbote ausgesprochen. Der Einsatz dauerte rund fünf Stunden, mit einem bitteren Ausgang für die Fans: Anstatt ein Fußballspiel zu schauen, mussten sie im Bus per Polizeieskorte erst aus der Stadt und dann zurück nach Stuttgart.
Wie so oft wurde nach dem Polizeieinsatz viel gesprochen und geschrieben - vor allem in den sozialen Netzwerken. "Unnötig, unverhältnismaßig und überhart", heißt es auf der einen Seite, "rivalisierende Fangruppen und Auseinandersetzung" auf der anderen Seite. Was genau an diesem Nachmittag passiert ist, lässt sich schwer rekonstruieren. Wer Gespräche mit der Polizei, der Fanszene oder neutralen Beobachtern führt, merkt schnell: Hier prallen zwei Beteiligte aufeinander, deren Sicht auf die Dinge nicht unterschiedlicher sein könnte.
Hört man der Polizei Dortmund zu, klingt es fast so, als hätten die Beamten eine Straßenschlacht verhindert. "Wir konnten mit einer Hundertschaft gerade noch so dazwischengehen", beschreibt die Polizei die Vorfälle am Samstag. Die Ultras des VfB hätten schon Mundschutze und Sturmhauben ausgepackt, um auf BVB-Fans loszugehen.
Polizei Dortmund präsentiert stolz die beschlagnahmte Passivbewaffnung
"Es war klar ersichtlich, dass diese Personen nach Dortmund gekommen sind, um Krawall zu machen", hieß es gegenüber unserer Redaktion. Da im Bereich der Hohen Straße auch viele Familien mit Kindern unterwegs seien, hätte sich die Polizei zu diesem Einsatz entschieden - es war schließlich "Gefahr für Unbeteiligte da".
Stolz präsentierte die Dortmunder Polizei dann am Montagmittag (24.10.) die beschlagnahmten Ultra-Utensilien. In einer Pressemitteilung wurde ein Bild von sogenannter Passivbewaffnung veröffentlicht: Darauf sind vier Paar Handschuhe, etwa sechs Schlauch-Schals und rund 25 Mundschutze zu sehen.
Das Mitführen dieser Gegenstände zeige ein eindeutiges Bild, warum und "mit welchen Absichten die Stuttgarter Personengruppe nach Dortmund gekommen ist." Damit rechtfertigte die Polizei auch, die Ultras nicht ins Stadion gelassen zu haben. Weil also ein paar Handschuhe und Mundschutze gefunden wurden, mussten 350 Personen die Heimreise antreten?
Das Verhältnis zwischen Ultras und Polizei leidet unter solchen Vorfällen
Hört man sich im Umfeld der Ultras um, ergibt sich ein anderes Bild. Der Polizeieinsatz sei unverhältnismäßig gewesen, man habe keine BVB-Fans gezielt angreifen wollen. Ein Großteil der Ultras soll aus einer Kneipe rausgeholt worden sein, diese standen gar nicht auf der Straße.
Auch ein aggressives und unkooperatives Verhalten, wie es die Polizei beschreibt, soll es nicht gegeben haben. Letzteres bestätigte auch die Fanbetreuung des VfB, die mit zwei Personen vor Ort war. Der Einsatz sei friedlich abgelaufen, es habe keinerlei körperliche Auseinandersetzungen gegeben.
So entsteht der Eindruck, dass dieser Vorfall leicht hätte verhindert werden können. Hätte es nicht einfach gereicht, die Ultras zum Stadion zu eskortieren? Hat sich die Polizei vielleicht vom Schubladen-Denken der "bösen Ultras" leiten lassen? Auf der anderen Seite wäre ebenso nichts passiert, hätten die VfB-Fans nicht in diesem Bereich Präsenz gezeigt. In einer Straße aufzutauchen, in der sich vor allem BVB-Fans aufhalten, war wohl nicht die beste Idee. Denn: Auch in Stuttgart hätte die Polizei eingegriffen, wenn auf einmal BVB-Ultras am Cannstatter Bahnhof aufgetaucht wären.
Der Einsatz in Dortmund ist also ein weiteres Kapitel im deutschlandweiten Dauerkonflikt zwischen Polizei und organisierten Fanszenen. Erst am Sonntag (23.10.) etwa stürmte die Polizei den Schalke-Fanblock in Berlin. Übertreibt die Polizei oder verharmlosen die Ultras? Wie so oft liegt die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen. Fakt ist aber: Das Verhältnis der beiden ist durch diesen Vorfall sicher nicht besser geworden. Und die Kluft zwischen Ordnungshütern und organisierten Fanszenen wird immer größer.