VfB Stuttgart

Präsidiumskandidat Andreas Grupp: „Der VfB braucht jetzt einen Neuanfang“

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Will ins Präsidium des VfB Stuttgart einziehen: Andreas Grupp. © VfB Stuttgart

Der Vereinsbeirat des VfB Stuttgart hat mit Andreas Grupp und Bertram Sugg zwei Kandidaten für die Nachwahl der vakanten Position im Vereinspräsidium nominiert. Sie stehen am Sonntag (28.07.) auf der Mitgliederversammlung in der Porsche-Arena zur Wahl. Vorab nehmen beide Bewerber im Gespräch mit unserer Redaktion Stellung zu den aktuell wichtigsten Themen rund um den Traditionsverein. Wie Andreas Grupp zum umstrittenen Präsidenten Claus Vogt steht, was er von weiteren Investoren hält und wo er Schwerpunkte setzen will:

Mit Verlaub, diese Eingangsfrage muss angesichts der vielen Querelen der jüngeren Vergangenheit leider sein: Warum wollen Sie sich das freiwillig antun?

Weil der Verein für mich eine Herzensangelegenheit ist. Ich bin seit meiner Kindheit glühender VfB-Fan und Mitglied seit mehr als 26 Jahren. Der VfB braucht jetzt einen Neuanfang und Veränderung im Präsidium! Mir ist auch sehr wichtig, dass die Werte des Vereins gelebt werden. Dazu gehört, dass wir besonders auf die eigene Jugend setzen. Und insgesamt wieder respektvoll und voller Vertrauen im Verein, den Gremien und dem Aufsichtsrat miteinander umgehen.

Warum trauen Sie sich ein solches Amt zu bzw. warum sollten sich die Mitglieder für Sie entscheiden?

Ich traue mir das Amt des Präsidiumsmitglieds des VfB Stuttgart zu, weil ich über die letzten fast 16 Jahren in leitenden Management-Positionen bei Aldi umfangreiche Führungs- und Kommunikationserfahrungen gesammelt habe, sowohl im In- als auch im Ausland. Meine persönlichen Eigenschaften wie Empathie, Zuverlässigkeit, Zielstrebigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Entscheidungsfreude haben mir dabei geholfen, Teams von bis zu 250 Mitarbeitern erfolgreich zu leiten, zu führen und zu verantworten. Diese Fähigkeiten möchte ich nun in den Dienst des VfB Stuttgart stellen, um den Verein weiter voranzubringen und seine erfolgreiche Zukunft mitzugestalten.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die aktuell größten Probleme rund um das Thema Vereinspolitik?

Aus meiner Sicht liegt eines der größten Probleme in der aktuellen Vereinspolitik des VfB Stuttgart im fehlenden respektvollen Umgang und Zusammenhalt unter den handelnden Personen im Präsidium und den Gremien. Es fehlt an einer gemeinsamen Linie und Geschlossenheit, wodurch der Verein nicht als Einheit nach außen auftritt. Diese Uneinigkeit führt dazu, dass die Werte und Interessen des VfB nicht ausreichend vertreten und gelebt werden können. Für den langfristigen Erfolg des Vereins ist es unerlässlich, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und geschlossen auftreten, um so eine starke und positive Außendarstellung zu gewährleisten.

Was muss sich ändern – und wie kann sich das Präsidium einbringen?

Es muss dringend eine Kultur des respektvollen Umgangs und des Zusammenhalts im Verein etabliert werden. Das Präsidium muss dabei eine führende Rolle einnehmen, indem es klare Kommunikation und Zusammenarbeit sowohl innerhalb des Präsidiums, den Gremien als auch mit dem Aufsichtsrat der AG fördert. Regelmäßige Treffen und offene Dialoge zwischen allen Beteiligten sind entscheidend, um Geschlossenheit und ein gemeinsames Ziel zu entwickeln. Durch einheitliches Auftreten und konsequente Unterstützung gemeinsamer Entscheidungen kann das Präsidium, zusammen mit dem Aufsichtsrat, den VfB als starke Einheit nach außen präsentieren.

Mit Blick auf die Strukturen innerhalb des Klubs: Wie muss sich das Konstrukt aus AG/e.V. aufstellen, um aktuelle und künftige Herausforderungen zu meistern?

Um aktuelle und künftige Herausforderungen zu meistern, muss die Struktur des Klubs klar definiert und angepasst werden. Die Satzung des e.V. und die Geschäftsordnung der AG sollten festschreiben, dass alle drei Präsidiumsmitglieder des e.V. im Aufsichtsrat vertreten sind, wobei die kompetenteste und geeignetste Person den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt – nach meinem Verständnis der Präsident. Zusätzlich sollte im e.V. ein Wahlausschuss als neues Gremium implementiert werden. Dies würde dazu beitragen, die aktuell kritisch gesehenen Zirkelbezüge aufzulösen und mehr Objektivität und Neutralität in den Auswahlprozess der Führungspersonen zu bringen. So kann eine klare, einheitliche Führung und eine transparente Entscheidungsfindung gewährleistet werden, die den VfB Stuttgart nachhaltig stärkt.

Wie stehen Sie zum aktuellen Präsidenten Claus Vogt?

Ich kannte ihn bisher nicht persönlich. Beim dunkelroten Tisch habe ich Herrn Vogt erstmals persönlich kennengelernt. Ich kann nichts über Herrn Vogt als Person sagen, dafür ist er mir zu wenig bekannt. Aber: Dass man viel Negatives über den Präsidenten liest, ist das eine. Dass sich nach Thomas Hitzlsperger nun auch mit Alexander Wehrle der zweite Vorstandsvorsitzende unter Herrn Vogt öffentlich massiv negativ über ihn geäußert hat, der Aufsichtsrat Herrn Vogt das Vertrauen entzogen hat, nach Rainer Mutschler und Bernd Gaiser mit Christian Riethmüller der dritte Präsidiumskollege mit harscher Kritik an Vogt vorzeitig zurückgetreten ist, sich einige Vereinsbeiräte negativ über ihn geäußert haben, zeigt für mich eindeutig, wer das Problem ist. Die Liste derer, die mit Vogt nicht zusammenarbeiten konnten, ist einfach zu namhaft und zu lang. Davon leite ich ab, dass der VfB im Präsidium dringend einen Neuanfang und Veränderung braucht.

Wie stehen Sie zum Thema 50+1 und ganz allgemein zu Investoren im Profifußball?

Die Diskussionen in Deutschland um die 50 +1-Regel sind absolut nachvollziehbar, allerdings darf sie nie infrage gestellt werden. Diese Regel ist fest in den Statuten der DFL verankert und wird von vielen deutschen Traditionsvereinen, einschließlich des VfB Stuttgart, befolgt. Der VfB geht sogar noch weiter und verschärft diese Regel per Satzung, da der Mutterverein als Hauptanteilseigner 75,1 Prozent der Anteile hält, und nicht nur die vorgeschriebenen 50+1 Pozent. Die Regel ist für mich ein unverrückbarer Grundsatz und muss stets gewahrt und als gegeben angesehen werden. Sie spiegelt das Verständnis unserer Fans und die Fankultur in Deutschland wider, und das muss auch in Zukunft so bleiben und darf nicht zur Diskussion stehen.

Ganz konkret gefragt: Sollte der VfB noch weitere Anteile veräußern?

Meines Wissens könnte der VfB noch weitere 3,9 Prozent seiner Anteile veräußern. Wenn wir diesen Schritt gehen, sollte ein solcher Verkauf natürlich nur an einen strategischen Partner erfolgen, der gut zum VfB und er Region passt. Ziel muss es sein, die Marke zu stärken, zukunftsfähige Entwicklungen zu fördern und den VfB wirtschaftlich erfolgreich in die Zukunft zu begleiten und zu stabilisieren. Solange dies nicht gewährleistet ist, tut der VfB gut daran, an der derzeitigen Situation festzuhalten.

Zu den letzten Mitgliederversammlungen des VfB kamen nur wenige Menschen. Wie könnte eine MV zeitgemäßer abgehalten werden?

Aus meiner Wahrnehmung sind viele Mitglieder mit der Dauer der aktuellen Mitgliederversammlungen unzufrieden. Wir sollten überlegen, ob wirklich alle Tagesordnungspunkte bearbeitet werden müssen oder ob einige, wie zum Beispiel Ehrungen, in einem anderen Rahmen stattfinden können. Auch die Idee einer hybriden Mitgliederversammlung kommt immer wieder auf, um ein breiteres Stimmungsbild und mehr Objektivität, insbesondere bei Wahlen zu erhalten. Letztlich ist es jedoch so, dass diejenigen, denen viel am Verein liegt und das Interesse haben, immer vor Ort zur Mitgliederversammlung kommen. Die Entscheidung über hybride Formate sollten die Mitglieder selbst per Abstimmung treffen dürfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dies auch zusätzliche Kosten verursachen wird.

Sollte Sie gewählt werden: Was ist Ihr Konzept?

Zunächst einmal geht es um eine kurzfristige Amtszeit bis zur nächsten Mitgliederversammlung mit den dann großen anstehenden Neuwahlen für das Präsidium und dem Vereinsbeirat. An oberster Stelle steht für mich in dieser Zeit eine transparente und offene Kommunikation, die das Vertrauen in die Vereinsführung stärkt. Ich werde mich voll und ganz dafür einsetzen, den Zusammenhalt im Verein und den Gremien sowie eine vertrauensvolle und respektvolle Zusammenarbeit zu fördern.

Ich werde mich für die Förderung der Jugendarbeit einsetzen, da ich diese als die Zukunft für unsere Profimannschaft und für unsere Abteilungen sehe und mir dies sehr am Herzen liegt. Dabei möchte ich dazu beitragen, dass wir weiterhin junge Talente fördern und ihnen die bestmöglichen Entwicklungschancen bieten. Darüber hinaus setze ich mich mit Nachdruck dafür ein, die traditionsreichen Werte des VfB Stuttgart zu bewahren und lebendig zu halten, und zwar sowohl im Präsidium als auch im Aufsichtsrat der VfB Stuttgart AG. Zudem werde ich stets für die Mitglieder und Fans ansprechbar sein und ihre Anliegen ernst nehmen.

Wie wollen Sie sich für die Interessen des e.V. im Aufsichtsrat der AG starkmachen?

Durch meine Kommunikationsstärke, Zuverlässigkeit, strategisches sowie wirtschaftliches Denken und mein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Erwartungen unserer Mitglieder und Fans. Bei für den e.V. relevanten Entscheidungen werden ich die Interessen des Muttervereins als Hauptanteilseigner in die Entscheidungsfindung einfließen lassen und ich werde mich für transparente und nachvollziehbare Entscheidungsfindungen einsetzen, die im besten Interesse des Vereins sind. Mein Ziel ist es, im Aufsichtsrat Professionalität zu stärken und gemeinsam mit den anderen Aufsichtsratsmitgliedern eine nachhaltige und erfolgreiche Zukunft für den VfB Stuttgart zu gestalten, wobei ich stets die traditionsreichen Werte des e.V. im Blick behalte.

Nach dem Theater um die Absetzung von Claus Vogt: Wer sollte künftig den Vorsitz im Aufsichtsrat haben?

Der Vorsitz im Aufsichtsrat sollte grundsätzlich von der kompetentesten und geeignetsten Person aus dem Präsidium des e.V. übernommen werden, im Normalfall vom Präsidenten. Sollte es jedoch überzeugende Gründe dagegen geben, sollte per Satzung die Möglichkeit bestehen, dass auch ein anderes Mitglied des Präsidiums, entweder der Vizepräsident oder das dritte Präsidiumsmitglied, den Vorsitz übernimmt, vorausgesetzt, diese Person bringt die notwendige Kompetenz mit.

Zur Person

  • Geboren in: Albstadt-Ebingen
  • Geboren am: 25.11.1983
  • Wohnhaft in: Reutlingen
  • VfB-Mitglied seit: 1997
  • Besonderes: Grupp ist der Neffe von Trigema-Gründer Wolfgang Grupp

Berufliche Vita:

  • 2006: Bachelor of Science Hochschule Reutlingen
  • 2008: Master of Science Hochschule Reutlingen
  • 2008: Regionalverkaufsleiter Aldi Süd in Aichtal
  • 2013: Area Manager Aldi Süd in Darlington (UK/England)
  • 2015: Logistics Director Aldi Süd in Kleinaitingen
  • 2018: Director Real Estate Aldi Süd in Aichtal
  • Aktueller Beruf: Director Real Estate (Aldi Süd Immobilienverwaltungsgesellschaft)

Anmerkung der Redaktion: Wir haben dem zweiten Bewerber auf das Präsidiumsamt, Bertram Sugg, die gleichen zwölf Fragen gestellt. Seine Antworten finden Sie hier.

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