VfB-Präsidiumskandidat Bertram Sugg: „Ich bin ab dem ersten Tag startklar“
Der Vereinsbeirat des VfB Stuttgart hat mit Andreas Grupp und Bertram Sugg zwei Kandidaten für die Nachwahl der vakanten Position im Vereinspräsidium nominiert. Sie stehen am Sonntag (28.07.) auf der Mitgliederversammlung in der Porsche-Arena zur Wahl. Vorab nehmen beide Bewerber im Gespräch mit unserer Redaktion Stellung zu den aktuell wichtigsten Themen rund um den Traditionsverein. Wie Bertram Sugg zum umstrittenen Präsidenten Claus Vogt steht, was er von weiteren Investoren hält und wo er Schwerpunkte setzen will:
Mit Verlaub, diese Eingangsfrage muss angesichts der vielen Querelen der jüngeren Vergangenheit leider sein: Warum wollen Sie sich das freiwillig antun?
Als leidenschaftlicher VfB-Fan sehne ich mich danach, dass die Querelen ein Ende finden. Mein Ziel ist es, wieder Glaubwürdigkeit, Authentizität und Kompetenz im Präsidium zu etablieren, damit das Vertrauen der Mitglieder zurückgewonnen wird. Wir brauchen eine starke Geschlossenheit im Verein — und damit meine ich nicht einfach Ruhe. Ein ergebnisorientiertes, konstruktives Ringen um die beste Lösung erfordert auch internen Austausch; doch am Ende muss das Gremium mit einer einheitlichen Stimme nach außen auftreten.
Warum trauen Sie sich ein solches Amt zu bzw. warum sollten sich die Mitglieder für Sie entscheiden?
In meinem Beruf gestalte ich derzeit einen Transformationsprozess mit und muss mich immer wieder neu erfinden. Dank meines Elans und meiner Frische bin ich bereit, den notwendigen Neuanfang beim VfB voranzutreiben. Mein Netzwerk zu den Fans, Mitgliedern und allen anderen Interessengruppen sowie meine offene, wertorientierte Art unterstützen mich dabei. Mit meiner Erfahrung beim VfB und meiner Fach- und Methodenkompetenz bin ich ab dem ersten Tag startklar.
Wo liegen aus Ihrer Sicht die aktuell größten Probleme rund um das Thema Vereinspolitik?
Es mangelt an mehreren Stellen. Die Verbesserung der Kommunikation, der stärkere Einbezug der Mitglieder und generell die Professionalisierung im Verein sind nur einige Beispiele. Realistisch betrachtet werde ich diese Themen nur im Team und schrittweise angehen können. Denn ein Veränderungsprozess erfordert Zeit, um nachhaltig und akzeptiert zu sein.
Was muss sich ändern – und wie kann sich das Präsidium einbringen?
Höchste Priorität hat es, das Vertrauen im Verein wiederzugewinnen und eine positive Gemeinschaft aufzubauen. Mein Zielbild für das Präsidium ist klar definiert: Ein kompetentes und integres Führungsteam wird den Verein professionell und satzungsgemäß leiten. Das Team ist sich seiner sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und geht diese mit Begeisterung an. Das Präsidium und die Gremien arbeiten zielgerichtet, ergebnisorientiert und wertschätzend zusammen und genießen breites Vertrauen bei Mitgliedern, Fans, Abteilungen, Ausschüssen und Mitarbeitern.
Mit Blick auf die Strukturen innerhalb des Klubs: Wie muss sich das Konstrukt aus AG/e.V. aufstellen, um aktuelle und künftige Herausforderungen zu meistern?
Alle müssen stets bedenken, dass wir ein (!) Club sind. Ein uneingeschränktes Bekenntnis aller zum VfB-Leitbild, das besagt „Wir leben klare Werte vor und lassen uns an ihnen messen“, ist die unabdingbare Voraussetzung für die Bewältigung der Herausforderungen. Konkret bedeutet dies: erstens den Mut zu haben, andere Meinungen anzuhören, zu respektieren und zu akzeptieren; zweitens Leistung auf höchstem Niveau in einer professionell arbeitenden Organisation zu erbringen und drittens durch tadelloses Verhalten als Vorbild zu agieren.
Wie stehen Sie zum aktuellen Präsidenten Claus Vogt?
Am Ende meiner Amtszeit als Aufsichtsrat bin ich vom stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitz zurückgetreten, nachdem mir Claus Vogt das Vertrauen entzogen hatte. Um die Handlungsfähigkeit des VfB sicherzustellen, habe ich aber meine Aufgaben im Aufsichtsrat und als Mitglied des Präsidialausschusses bis zum Ende meiner Amtszeit engagiert wahrgenommen. Ich hätte auch für eine zweite Amtszeit zur Verfügung gestanden, was jedoch von Claus Vogt nicht gewünscht war. Auf der letzten Mitgliederversammlung habe ich ausdrücklich betont, dass ich mit niemandem im Verein eine Rechnung offen habe. Darüber hinaus habe ich an das Präsidium appelliert, sich auf die Werte des VfB zu besinnen und vorbildlich zu handeln. Leider wurde dies in jüngster Zeit, auch von Claus Vogt, nicht beherzigt.
Wie stehen Sie zum Thema 50+1 und ganz allgemein zu Investoren im Profifußball?
Die Stimmrechtehoheit ist ein Vorzeigemodell des deutschen Fußballs. Im Jahr 2022 veröffentlichte der VfB das Positionspapier mit der klaren Botschaft: "Wir stehen zur 50+1-Regel und setzen uns für deren Erhalt ein". Als damaliges Gremienmitglied habe ich das Papier aus vollster Überzeugung mitunterzeichnet. Auch heute noch stehe ich zu 100 Prozent dazu - genauso wie zu allen anderen darin enthaltenen Positionen.
Ganz konkret gefragt: Sollte der VfB noch weitere Anteile veräußern?
Da der VfB laut Satzung nur bis zu 24,9 Prozent der Anteile verkaufen darf, sind gerade mal 3,1 Prozent übrig. Nach dem, was ich so aus den öffentlich zugänglichen Finanzdaten der AG weiß, gibt keinen akuten Handlungsbedarf, die restlichen Anteile zu verkaufen. Wenn aber ein Partner bereitstehen würde, der echt Mehrwert bringt und zu unseren VfB-Werten passt, sollte der Verein eine weitere Beteiligung bewerten.
Zu den letzten Mitgliederversammlungen des VfB kamen nur wenige Menschen. Wie könnte eine MV zeitgemäßer abgehalten werden?
Man muss unbedingt erreichen, die Mitglieder durch inspirierende Inhalte zu begeistern. Ansprechende digitale Formate bieten noch ein enormes, ungenutztes Potenzial. Es ist absolut nicht notwendig, die Attraktivität zum Beispiel durch den Besuch von Spielern zu steigern. So etwas hat auf der Mitgliederversammlung nichts zu suchen. Um die Veranstaltung spannender und effizienter zu gestalten, sollten wichtige Informationen im Vorfeld mitgeteilt werden.
Sollte Sie gewählt werden: Was ist Ihr Konzept?
Ziele müssen gemeinsam im Präsidium definiert werden unter bestmöglichem Einbezug der Mitglieder. Nur durch gemeinsame Identifikation kann eine Basis zur Zielerreichung geschaffen werden. Offene Kommunikation und gegenseitiges, ehrliches Feedback sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Für die Umsetzung der Ziele ist ein klares Anforderungsmanagement unerlässlich: wer benötigt was vom anderen und was ist jeder bereit, für den anderen zu tun? Die Aufgabenverteilung im Team des Präsidiums muss so festgelegt werden, dass jeder seiner besten Fähigkeiten nachgehen kann. Eine konsequente Verfolgung der Maßnahmen und gegebenenfalls notwendige Richtungskorrekturen vervollständigen mein Konzept. Schließlich bleibt es oberstes Gebot nach den Werten des VfB zu handeln.
Wie wollen Sie sich für die Interessen des e.V. im Aufsichtsrat der AG starkmachen?
Als Fan aus der Cannstatter Kurve kenne ich die Fan-Seele genau. Zudem stehe ich im ständigen Austausch mit vielen VfB-Mitgliedern. Ich bin überzeugt, dass ich im Aufsichtsrat der Stimme der Fans und Mitglieder wieder mehr Gewicht verleihen kann. Dank meiner Akzeptanz und Erfahrung kann ich allen Interessenvertretern im Aufsichtsrat auf Augenhöhe begegnen und meine Sichtweisen souverän im Sinne des e.V. vertreten.
Nach dem Theater um die Absetzung von Claus Vogt: Wer sollte künftig den Vorsitz im Aufsichtsrat haben?
Zunächst wird abzuwarten sein, wie die Mitglieder über die vorgeschlagene Satzungsänderung der gremienübergreifenden Arbeitsgruppe zur Klärung der Strukturfrage des Aufsichtsratsvorsitzes entscheiden werden. Dies eröffnet gegebenenfalls weitere Handlungsoptionen. Sollte dann ein gewähltes Präsidiumsmitglied mit der entsprechenden Qualifikation den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen, kann die eigentliche Intention des Ausgliederungsversprechens, nämlich die Wahrung und Stärkung der Rechte und des Einflusses des Vereins gegenüber der Aktiengesellschaft, genauso gewahrt werden. Es ist bekannt, dass es rechtlich nicht möglich ist, dem Aufsichtsrat vorzuschreiben, wen er aus seiner Mitte zu seinem Vorsitzenden zu wählen hat. Allerdings gehe ich davon aus, dass er sich einem klaren Signal der Mitglieder nicht einfach entgegenstellen wird.
Zur Person
- Geboren in: Stuttgart
- Geboren am: 15.02.1966
- Wohnhaft in: Stuttgart-Kaltental
- VfB-Mitglied seit: 1997
- Besonderes: Sugg saß von 2017 bis 2022 im Aufsichtsrat des VfB
Berufliche Vita
- Studium der Physik, Karlsruhe und Grenoble (1986 bis 1992)
- Promotion, Osnabrück (1992 bis 1996)
- Stationen in Forschung, Entwicklung, Produktmanagement bei der Robert Bosch GmbH (seit 1996)
- Aktueller Beruf: Director Sonderprojekte und Assistenz Entwicklungsleitung, Business Unit Diesel and Components, Robert Bosch GmbH
Anmerkung der Redaktion: Wir haben dem zweiten Bewerber auf das Präsidiumsamt, Andreas Grupp, die gleichen zwölf Fragen gestellt. Seine Antworten finden Sie hier.