So tickt Sebastian Hoeneß: Warum der neue VfB-Trainer beim Team so gut ankommt
Seit knapp zweieinhalb Wochen ist Sebastian Hoeneß nun Trainer des VfB Stuttgart. Trotz dieser kurzen Zeitspanne hat er es geschafft, die Schwaben emotional umzukrempeln. Der VfB steckt zwar nach wie vor tief im Abstiegskampf – die Hoffnung ist in Bad Cannstatt aber wieder zurück. Wer ist der neue Cheftrainer? Was zeichnet ihn aus? Und warum kommt seine Art bei der Mannschaft so gut an? Ein Porträt.
Der große Nachname "Hoeneß": Fluch und Segen zugleich
Manche Kinder sagen "Mama" oder "Papa" als erstes Wort, bei Sebastian Hoeneß war es "Ball". Diese Geschichte erzählte sein Vater Dieter Hoeneß bei der Deutschen Presseagentur, als sein Sohn bei der TSG Hoffenheim anheuerte. Dass sich in der Kindheit des heute 40-Jährigen alles um Fußball gedreht hat, ist bei diesem Nachnamen und dieser Familien-Geschichte keine Überraschung. Vater Dieter war selbst Profi und Manager beim VfB Stuttgart, Onkel Uli gilt als das Gesicht des FC Bayern.
Dass es Sebastian Hoeneß mit dieser Fußball-DNA als Trainer in die Bundesliga geschafft hat, ist wenig verwunderlich. Doch ein so großer Nachname kann Fluch und Segen zugleich sein. Daher war es dem 1982 in München geborenen Familienvater schon immer wichtig, seinen eigenen Weg zu gehen - und diesen verfolgt er bis heute. Hoeneß wollte keinen Freifahrtschein durch seinen Namen.
Der große Durchbruch als Fußballer gelang dem offensiven Mittelfeldspieler nie, mehr als Regionalliga war nicht drin. Die meiste Zeit verbrachte Sebastian Hoeneß bei der zweiten Mannschaft von Hertha BSC Berlin, mit 28 Jahren gab er das Fußballspielen auf. Sein neuer Plan: Fußball-Trainer werden. 2011 startete er seine Trainer-Karriere in Berlin, ehe er von Ralf Rangnick im Jahr 2013 nach Leipzig gelotst wurde. 2017 landete er beim FC Bayern und coachte die U 23 in der Saison 2019/20 zur Meisterschaft.
Ehrlich, reflektiert, bodenständig: Was zeichnet den VfB-Trainer aus?
Das erweckte so viel Aufsehen, dass die TSG Hoffenheim im Sommer 2020 auf den Fußballlehrer aufmerksam wurde. Die Kraichgauer machten den damals noch recht unerfahrenen Hoeneß zum Cheftrainer - ein Werdegang, der dem von Julian Nagelsmann gleicht. Man habe einen Trainer verpflichten wollen, der etwas entwickeln kann, begründete damals TSG-Sportdirektor Alexander Rosen die Verpflichtung. Doch nach zwei Saisons war wieder Schluss. Eine Sieglos-Serie von neun Spielen im Liga-Endspurt bedeutete für Hoeneß das Aus im Mai 2022.
Nun bekommt er beim VfB eine neue Chance, sich zu beweisen. Doch was zeichnet den 40-Jährigen eigentlich aus? Die Karriere als Fußballer und Trainer zeigt: Sebastian Hoeneß ist keiner, der die Öffentlichkeit sucht und sich in den Vordergrund drängen muss. "Sebastian ist ein cooler, ehrlicher Typ, kein Schaumschläger", so sein damaliger Chef Rosen. Er zeigt sich nicht auf Social Media, hat keine großen Auftritte in Sport-Sendungen oder Shows.
Daher ist es schwierig, dem Menschen Hoeneß nahezukommen. In der aufgeblasenen und hektischen Fußballwelt weiß er, wie er sein Privatleben bedeckt behält. Auf Pressekonferenzen oder bei den wenigen TV-Auftritten spricht er lieber über Fußball und seine Arbeit. Bekannt ist nur, dass Frau und Tochter nach wie vor in Heidelberg leben, während der Familienvater noch im Hotel schläft – voller Fokus also auf den VfB.
Sebastian Hoeneß und die Kommunikation: Das kommt beim VfB gut an
Hoeneß ist ein bodenständiger und reflektierter Mensch. Das zeigen nicht nur seine wohlüberlegten Auftritte auf den VfB-Pressekonferenzen, sondern auch die Beziehung zu seinem Co-Trainer David Krecidlo. Durch ihre gemeinsame Zeit als Fußballer (Hertha BSC Berlin II) und Trainer (Zehlendorf, Bayern, TSG) verbindet die beiden eine enge Freundschaft. Das wirkt sich auch auf die Zusammenarbeit auf dem Trainingsplatz aus.
Seinem 39-jährigen Co-Trainer lässt er viel Raum, will nicht das Alpha-Tier markieren. Krecidlo leitet eigenständig Trainingseinheiten, ist auf dem Platz sehr aktiv und lautstark. Hoeneß hat keine Angst davor, auch anderen die Führung zu überlassen. Der Cheftrainer kommuniziert offen und ehrlich – und wirkt dabei authentisch. Diese Art kommt bei seinen Spielern offensichtlich gut an.
Innerhalb kürzester Zeit hat er es geschafft, eine am Boden liegende VfB-Truppe wieder aufzurichten und hinter sich zu versammeln. Als junger Trainer packt er die Profis anders an und findet einen besseren Zugang, als es der weitaus ältere und erfahrenere Bruno Labbadia getan hat. Hoeneß und Krecidlo gelten als Vertreter einer neuen Trainer-Generation – dazu zählt das Duo Labbadia/Trares sicher nicht.
VfB-Coach Hoeneß ist flexibler als sein Vorgänger Labbadia
Sebastian Hoeneß hat einen Vorteil: Als langjähriger Jugendtrainer kann er in die Köpfe der jungen Spieler blicken und weiß, wie diese ticken. So hat er etwa das gemeinsame Mittagessen oder den morgendlichen Lauf gestrichen. Dazu kommt, dass der neue Trainer wie einer wirkt, der adaptieren kann. Sei es Aufstellung, Spielsystem, Taktik – der 40-Jährige scheint flexibler und angepasster zu sein als sein am Ende stur wirkender Vorgänger.
Mit psychologischen Tricks, kleinen taktischen Veränderungen (Dreierkette) und einer richtigen Mischung aus An- und Entspannung hat Sebastian Hoeneß den VfB also vorerst wieder aufs richtige Gleis gesetzt. Das ausgerufene Ziel „Klassenerhalt“ ist aber noch lange nicht erreicht – und daran muss er sich am Ende messen. Den nächsten Schritt will Hoeneß am Freitagabend (21.04.) gehen: drei Punkte aus Augsburg mitnehmen.





