Starke VfB-Heimserie geht weiter: Wie die MHP-Arena wieder zur Festung wurde
Stuttgart. Der VfB Stuttgart hat ein Zuhause gebaut, das sich gerade anfühlt wie ein Ort, an dem andere besser gar nicht erst klingeln. Vielleicht wirklich bald mit Wassergraben und Zugbrücke. Die MHP-Arena ist wieder eine Festung, nicht nur im Bild, sondern in Zahlen: Sechs Bundesliga-Heimsiege in Serie, erstmals seit 16 Jahren. Es ist nicht die Sorte Serie, die mit Feuerwerk und Fanfaren erzählt wird. Es ist die stillere, leisere, die mit Durchhaltevermögen, Wiederholung, Wiederholung und wieder Wiederholung zu tun hat. Das 3:2 gegen Augsburg war dafür ein perfektes Beispiel.
„Es war kein schönes Spiel“, sagte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth. Und man sah ihm an, dass er damit keines der Alibis meinte, die man so sagt, wenn man sich herausreden möchte. Es war nicht schön, und es musste auch nicht schön sein. Es war anstrengend. Sieben Spiele in 23 Tagen, Reisen, Druck, Emotionen, drei Wettbewerbe gleichzeitig. Der VfB hat sich gegen Augsburg nicht überragend gefühlt. Er hat sich durch dieses Spiel hindurch gearbeitet. Das macht eine gute Mannschaft aus. Und es macht eine Mannschaft, die weiß, dass sie eine Saison spielt und keine Highlight-Show.
Hoeneß lobt Undav: „Er baut gerade ein Momentum auf“
Zweimal zurückliegen und zweimal zurückkommen: Das ist nicht Glanz, das ist Charakter. Und das ist auch Deniz Undav. Stuttgart hat schon viele Stürmer gehabt, die Tore schießen konnten. Aber Undav schießt Tore in Momenten, die man nicht aus dem Lehrbuch lernen kann. Zum vierten Mal in diesem Kalenderjahr trifft er gegen Augsburg. „Vor anderthalb Jahren war er noch besser in Form“, sagt Sebastian Hoeneß, und das klingt auf den ersten Blick wie eine kleine Verwirrung der Zeit. Dann sagt Hoeneß: „Er bewegt sich gerade dorthin. Er baut gerade ein Momentum auf.“ Und das ist das eigentliche Bild. Einer kommt aus einer Verletzung zurück. Und er kommt nicht halb zurück. Sondern genau auf diesem schmalen Grat, auf dem Tore wieder selbstverständlich wirken. „Er ist wieder da“, sagt Wohlgemuth. Und man hört das Lächeln im Satz.
Das Spiel selbst? Ein Ringen mit sich und mit dem Gegner. Eine erste Halbzeit, in der die Köpfe schwerer waren als die Beine. „Wir haben uns das Leben schwerer gemacht als nötig“, sagte Wohlgemuth. Der VfB lief 124 Kilometer, mobilisierte „mental am Limit“ (Hoeneß). Und dann gab es diesen Moment in der 77. Minute, den Hoeneß im Rückblick wie einen Wendepunkt beschreibt: Essende läuft frei auf Nübel zu, vergibt. Drei Minuten später schlenzt Undav den Ball ins Tor. Manchmal entscheidet ein Spiel sich nicht über Systeme oder Pressingwinkel oder Zonen im Halbraum. Sondern in einer Sekunde, in der jemand daneben schießt und jemand anderer nicht.
VfB-Einwechselspieler bringen wieder frischen Schwung
Auch diesmal halfen die Einwechselspieler. Chris Führich und Tiago Tomas brachten mal wieder Schwung von der Bank - wie zuletzt schon häufiger. Hoeneß sagt: „Wir bekommen gute Impulse während der Spiele. Das ist sehr wichtig. Wir haben die Breite im Kader.“ Und das klingt wie ein nüchterner Katalogsatz. Aber es ist die zentrale Währung einer Saison, die über Monate geht und nicht über einzelne Momente.
Zur Belohnung gab es Pizza in der Kabine. Das ist keine Anekdote, sondern eine Erzählung darüber, wie man ein Team zusammenhält. Der VfB geht jetzt mit 21 Punkten in die Länderspielpause. Vierter. Im Pokal im Achtelfinale. In Europa mit realen Chancen. Nach einem holprigen Start längst in stabiler Bewegung. Nach der Pause geht es zum Topspiel nach Dortmund. Dann folgen weitere drei Auswärtsspiele in Serie - beim HSV in der Liga und je einmal in Pokal (Bochum) und Europa League (Deventer). „Das ist schon kurios. Das hatte ich wahrscheinlich auch noch nie. Vielleicht ist es jetzt Zeit, auswärts eine Serie zu starten“, sagt Hoeneß. Und am 6. Dezember kommt der FC Bayern in die Stuttgarter Arena. Nikolaustag. Die Festung steht. Man sollte sich vermutlich warm anziehen.



