VfB Stuttgart

VfB verfällt gegen Hertha in alte Muster: Ein Totalausfall zur absoluten Unzeit

Fußball Hertha BSC Berlin vs. VfB Stuttgart
Sichtlich enttäuscht: VfB-Trainer Sebastian Hoeneß nach der Niederlage im Kellerduell bei Hertha BSC Berlin. © Pressefoto Baumann

Der VfB Stuttgart verliert am Samstag (06.05.) ein Spiel, das die Schwaben im Saisonendspurt eigentlich nicht hätten verlieren dürfen. Weil es die direkte Konkurrenz wiederbelebt und droht, das gute Gefühl der letzten Wochen zu zerstören. Beim 1:2 gegen Hertha BSC Berlin verfällt das Team in alte Muster. Ein Totalausfall zu absoluten Unzeit. Wie ist das zu erklären?

Wie Hertha-Coach Dardai sein Team gegen den VfB eingestellt hat

Um dem VfB in diesem wegweisenden Kellerduell den Zahn zu ziehen, hat Hertha-Coach Pal Dardai laut Stürmer Florian Niederlechner ganz tief in die Fußball-Philosophen-Kiste gegriffen. „Geht's raus und spielt's Fußball“, soll Dardai das Beckenbauersche Mantra vom WM-Sieg 1990 gepredigt haben. Gefordert, getan.

Die Berliner spielten beileibe keinen Hurra-Fußball an diesem regengrauen Nachmittag. Aber sie waren im Angriff effektiv und sattelfest in der Defensive. Wenn letzteres auch vor allem den erschreckend harmlosen Angriffsbemühungen der Schwaben zu verdanken war. Die hatten in Durchgang zwei stolze 74 Prozent Ballbesitz angehäuft, was aber nur zu einem mickrigen Expected-Goals-Wert knapp über der Nulllinie geführt hat. Hertha-Keeper Oliver Christensen musste keine einzige brenzlige Situation überstehen. 

Die Überzeugung habe gefehlt, beklagte Außenbahnspieler Borna Sosa bei der Erstanalyse in den Katakomben des Olympiastadions. „Gegen einen Gegner, der mit zehn Mann verteidigt, haben wir Probleme“, umriss der kroatische Nationalspieler ein in dieser Saison immer wiederkehrendes Problemfeld. 

Warum sich der VfB gegen tiefstehende Gegner so schwer tut

Sosa sagt: „Unsere Spieler sind besser, wenn sie Platz haben.“ Wer die bisherigen Auftritte der Schwaben gegen die Maurermeister der Liga gesehen hat, wird da kaum widersprechen. Der VfB ist eine konterstarke Mannschaft, die für ihr Umschaltspiel Räume, Präzision und Tempo braucht. Alle drei Faktoren war gegen die Hertha nicht zu sehen. 

Böse Zungen würden behaupten, in Berlin habe der VfB gespielt wie unter Hoeneß-Vorgänger Bruno Labbadia. Behäbig, bräsig und ohne Leidenschaft. Fakt ist: Die 95 Minuten im Olympiastadion waren die bislang schwächste Leistung des VfB unter Sebastian Hoeneß. 

Der hatte das Team vor rund fünf Wochen übernommen und sofort für die Trendwende gesorgt. Nun setzte es zunächst unter der Woche im Pokal-Halbfinale gegen Frankfurt die erste Niederlage unter Hoeneß-Anleitung und nun bei der Hertha den herben Rückschlag im Kampf gegen den Abstieg. Der Stuttgarter Cheftrainer wertet das 1:2 als „Ergebnis, das wehtut. Uns aber auch nicht umwerfen wird.“ 

Dardai happy: „So kann man in der Liga bleiben“

Dennoch wirkte er auf dem Podium bei der obligatorischen Nachbesprechung vor der versammelten Reporterschar schwer enttäuscht von seiner Elf. Das waren auch die mitgereisten Fans. Über 6000 hatten den langen Weg in die Bundeshauptstadt angetreten. Nach dem Schlusspfiff schleppten sich die VfB-Profis zum Anhang. Nach einer kurzen Ansage aus der Kurve ging’s in die Kabine. 

„So kann man in der Liga bleiben“, freute sich hingegen ein sichtlich zufriedener Pal Dardai über den ersten Sieg in seiner dritten Amtszeit als Hertha-Coach. Vier Spiele, vier Siege, hatte der Ungar zuvor als Losung für den Endspurt ausgegeben. Den ersten Schritt haben die Berliner jetzt gegen den VfB gemacht. Drei Punkte steht das Schlusslicht nun hinter dem VfB, der nach 31 Spieltagen mit 28 Punkten auf dem Relegationsplatz logiert. 

Genau wie in der Vorsaison, als sich die Stuttgarter erst durch ein Herzschlagfinale gegen Köln am letzten Spieltag retten konnten. Drei Spieltage vor Saisonende setzte es übrigens auch in der Saison 21/22 eine Niederlage bei der Hertha. Letztlich mussten damals aber die Berliner in die Relegation. Gegen den HSV sicherte sich der Hauptstadtklub unter Felix Magath in den Entscheidungsspielen den Ligaverbleib. Ein Szenario, das auch in diesem Jahr möglich ist. Wenn auch ohne Magath.

Oder erwischt es diese Mal den VfB?   

War das Hoch unter Hoeneß nur ein Zwischensprint?

Sebastian Hoeneß gibt sich kämpferisch. Man habe noch drei Spiele, „und zwei davon zu Hause. Wir haben also alle Chancen, die Klasse zu halten.“ Dazu wird es aber eine enorme Anstrengung in den ausstehenden Spielen gegen Leverkusen (H), Mainz (A) und Hoffenheim (H) benötigen. Vollbringen muss diesen Kraftakt eine durchaus talentierte Mannschaft, die in der jüngeren Vergangenheit jedoch immer wieder unter dem immensen Druck im Abstiegskampf nicht performt hat. So wie am Samstag in Berlin. 

Die entscheidende Frage wird also sein, ob das Hoch unter Hoeneß nur ein Zwischensprint war und der Truppe auf den den letzten Metern doch noch die Puste ausgeht. Schon am kommenden Sonntag (14.05.) im Heimspiel gegen den Europa-League-Halbfinalisten Bayer Leverkusen werden die Stuttgarter den nächsten Stresstest bestehen müssen. Der Druck wird dann nicht weniger sein - eher im Gegenteil. Die Konkurrenz kann vorlegen. Und der VfB steht im Worst Case beim Anpfiff um 15.30 Uhr auf einem direkten Abstiegsplatz.  

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