Kretschmann zu AfD-Verbot: Landesregierung strebt kein Verbotsverfahren an
Die Landesregierung von Baden-Württemberg wird kein Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme AfD anstreben. Das sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in einer am Donnerstag (18.01.) veröffentlichten Folge des Podcasts "Apokalypse und Filterkaffee" gegenüber der Journalistin Jagoda Marinić.
AfD-Verbot: "Keine politische, sondern eine rechtliche Frage"
Laut Kretschmann sei ein mögliches Verbotsverfahren "keine politische, sondern eine rechtliche Frage". Man brauche "hochgradig belastbares Material" und es gelte hohe verfassungsrechtliche Hürden zu nehmen, so der Ministerpräsident. Aus Thüringen heraus, wo die AfD unter Björn Höcke vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, und damit "definitiv" verfassungsfeindlich sei, könne er sich einen Antrag für ein Verbotsverfahren dagegen eher vorstellen. In Baden-Württemberg wird die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt.
Höcke die Grundrechte entziehen? Kretschmann hält das für "abwegig"
Die Idee, dem Rechtsextremisten Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen, hält der Ministerpräsident für "ziemlich abwegig". Eine entsprechende Petition, die bereits mehr als 1,3 Millionen Menschen unterzeichnet haben, hatte der Verein "Campact" gestartet. In Artikel 18 des Grundgesetzes heißt es, dass derjenige, der Grundrechte "zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht", diese Grundgrechte verwirkt. Die Initiatoren sprechen sich außerdem dafür aus, Höcke die Wählbarkeit zu entziehen (BVerfGG §39 Abs. 2). Darüber entscheidet, wie über ein Parteiverbot, das Bundesverfassungsgericht.
Eine Demokratie sei wehrhaft, könne "im Extremfall" auch eine Partei verbieten, so Kretschmann. "Alle anderen Wege enden aber immer beim Argument". Ziehe man "Nazi-Zeug und Extremismus" ab, bleibe der Versuch der AfD, mit einer reaktionären Erzählung bei Wählern zu punkten. Die Partei gebe vor, Deutschland in eine Vergangenheit zurückzuführen zu können, die es so nie gegeben habe. "Dagegen müssen wir wieder lernen zu argumentieren", sagte der baden-württembergische Ministerpräsident.
"Correctiv"-Recherche: "Deutschland muss in der Tat endlich aufwachen"
Aufhänger des Podcast-Gesprächs ist eine Recherche von "Correctiv" über ein Geheimtreffen zwischen AfD-Politikern, rechtsextremen Aktivisten, "Werteunion"-Mitgliedern und Unternehmern. Dabei soll die Vertreibung von Millionen von Menschen nach rassistischen und politischen Kriterien geplant worden. Die Recherche sorgte in den letzten Tagen für großes Aufsehen und führte auch zu großen Protesten auf deutschen Straßen.
"Deutschland muss in der Tat mal endlich aufwachen und für die Demokratie kämpfen", so Kretschmann. Die lebendige Zivilgesellschaft müsse jetzt aufstehen und sich zeigen. Am Wochenende vom 20 und 21. Januar sind auch in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart zwei Demonstrationen geplant, die sich auf die "Correctiv"-Recherche beziehen.