Baden-Württemberg

Rechtsextreme Mitarbeiter: Landtag von Baden-Württemberg hat keinen Überblick

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Der Landtag in Stuttgart. © Gabriel Habermann

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat Ende April drei Organisationen als gesichert rechtsextremistisch eingestuft: Die AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA), das "Institut für Staatspolitik" (IfS) und den Verein "Ein Prozent". Zeit Online hatte dazu getitelt: "Rechtsextreme Organisationen jetzt offiziell rechtsextrem". Doch was Szene-Beobachtern wie eine – längst überfällige – Formsache erscheint, könnte Konsequenzen haben. Zum Beispiel im Landtag von Baden-Württemberg.

Steffen Degler: JA-Vorstand im Landtag tätig

Werden im Landtag Menschen beschäftigt, die in die Kategorie "jetzt offiziell rechtsextrem" gehören? Unsere Redaktion hatte unlängst über ein JA-Mitglied berichtet, das als Mitarbeiter eines AfD-Abgeordneten im Landtag tätig ist: Im Büro von MdL Udo Stein arbeitet nach unseren Recherchen der Backnanger Stadtrat Steffen Degler. Weder Degler, noch Stein wollten sich dazu damals äußern.

Steffen Degler ist Mitglied des JA-Landesvorstands in Baden-Württemberg und erfüllt dort die Funktion des Schriftführers. Außerdem moderiert er den Podcast der rechtsextremistischen AfD-Jugendorganisation. Er fiel in der Vergangenheit unter anderem durch seine Nähe zur Querdenker-Szene auf. 

AfD-Fraktionschef: "Haltlose Einstufung"

Der Verdacht liegt nahe, dass Degler nicht das einzige Mitglied der drei AfD-Nahen, nun "gesichert rechtsextremistischen" Organisationen im Landtag von Baden-Württemberg ist. Schließlich handelt es sich bei der JA um die AfD-Jugendorganisation. Doch belastbare Informationen gibt es dazu nicht. Die AfD-Fraktion, die dazu vermutlich am besten Auskunft geben könnte, will sich "prinzipiell" nicht "über Personalangelegenheiten" auslassen.

Dass man ohnehin kein Problem mit JA-Mitgliedern hätte, daraus machte Fraktionschef Anton Baron schon Ende April keinen Hehl. In einem Statement sprach er von einer "haltlosen Einstufung der AfD- Jugendorganisation", von "Instrumentalisierung" und "Diffamierungsversuchen". 

Rechtsextremisten als Mitarbeiter? "Das ist dem Landtag nicht bekannt"

Der Landtag hat dagegen offenbar einfach keine Daten zu Abgeordneten und Mitarbeitenden vorliegen, die den eingangs genannten rechtsextremen Organisationen angehören. Die Pressestelle antwortet im Kern auf unsere Fragen nach konkreten Zahlen immer gleich: "Das ist dem Landtag nicht bekannt".

Wie aus der Antwort des Pressesprechers Willi Reiners hervorgeht, hat der Landtag offenbar wenig Handhabe im Umgang mit rechtsextremistischen Mitarbeitern und Abgeordneten. Sofern keine Einträge im Führungszeugnis wegen vorsätzlicher Straftaten vorliegen, könnten maximal Zugangsrechte beschränkt werden.

Polizeiliche Prüfung: Rechtsextremisten könnte Zutritt verwehrt werden

"Grundsätzlich haben Mitarbeitende von Abgeordneten Zutritt zum Haus des Landtags, zu den Häusern der Abgeordneten sowie zu den weiteren Gebäuden, in denen die Landtagsverwaltung untergebracht ist", sagt Willi Reiners. Ob dieser Zutritt eingeschränkt wird, entscheide sich im Rahmen einer polizeilichen Zuverlässigkeitsüberprüfung.

"Wird die Überprüfung verweigert oder ergibt die Überprüfung begründete Zweifel an deren Zuverlässigkeit dergestalt, dass eine Gefahr für Leib und Leben der Abgeordneten sowie aller im Landtag Anwesenden besteht, erhalten die Mitarbeitenden lediglich Zutritt zu dem Gebäude, in dem  ihr Arbeitgeber untergebracht ist." In diese Überprüfung fließen auch "Erkenntnisse im Staatsschutzbereich" mit ein – wie beispielsweise die Mitgliedschaft in einer gesichert rechtsextremistischen Organisation. 

Ein stumpfes Schwert: Die Folgen der Sicherheitsüberprüfung

Nur: Die Überprüfung findet im Zusammenhang mit der Einstellung von Landtag-Mitarbeitenden statt. Einmal eingestellt, wird sie nicht wiederholt. Und die Beschäftigungsverhältnisse können mitunter bis zum Ende der Legislaturperiode andauern – also bis 2026 wieder gewählt wird. 

Und noch ein Detail weckt Zweifel an der Schlagkraft dieser Maßnahme: Obwohl die Überprüfung eine "Gefahr für Leib und Leben der Abgeordneten" ergeben könnte, gibt es ein Schlupfloch. Mitarbeitende mit beschränkter Zutrittsbeschränkung können laut Landtag-Sprecher Reiners trotzdem alle Gebäude betreten – sofern sie von einer zutrittsberechtigten Person begleitet werden. 

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